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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch
Autoren: Lois McMaster Bujold
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sich erstaunt auf die Unterlippe. »Bei den fünf Göttern«, flüsterte sie. »Ihr seid es tatsächlich! Lord dy Cazaril! Ich entbiete Euch mein Willkommen in diesem Hause.«
    Sie hielt ihm die Hand für einen Kuss hin.
    Er schluckte, unterdrückte mühsam ein erleichtertes Aufatmen und beugte den Kopf über ihre Finger. Einst waren sie schlank und fast weiß gewesen, mit perfekt geschnittenen und polierten Nägeln. Nun standen die Knöchel hervor, und die dünne Haut zeigte braune Altersflecke. Die Fingernägel jedoch waren immer noch makellos gepflegt, als wäre sie eine verheiratete Frau in der Blüte ihrer Jahre. Ohne die kleinste Regung nahm sie die Tränen wahr, die Cazaril hilflos auf ihren Handrücken tropfen ließ, doch ihre Mundwinkel hoben sich leicht. Ihre Hand löste sich aus seinem schwachen Griff, berührte seinen Bart und zog eine der grauen Strähnen darin nach. »Du meine Güte, Cazaril! Bin ich so alt geworden?«
    Er blickte blinzelnd zu ihr auf. Nein, er würde nicht weinend zu ihren Füßen zusammenbrechen wie ein überreiztes Kind! »Es ist viel Zeit vergangen, Hoheit.«
    »Ts.« Sie drehte die Hand um, und ihre dürren Finger tätschelten seine Wange. »Das war ein Stichwort für Euch, mir zu sagen, ich hätte mich kein bisschen verändert. Habe ich Euch nicht besser beigebracht, wie man einer Dame schmeichelt? Ich hatte ja keine Vorstellung, dass ich so nachlässig gewesen bin!« Mit vollendeter Selbstbeherrschung zog sie die Hand zurück und nickte ihrer Gesellschafterin zu.
    »Darf ich Euch mit meiner Cousine bekannt machen, der Dame dy Hueltar. Tessa, dies ist der Kastellan dy Cazaril!«
    Aus dem Augenwinkel sah Cazaril, wie der Majordomus sich mit erleichtertem Aufatmen entspannte, die Arme verschränkte und sich an den Türrahmen lehnte. Noch immer auf einem Knie, deutete Cazaril eine ungeschickte Verbeugung in Richtung der Laienschwester an.
    »Ihr seid zu gütig, Hoheit. Aber ich bin nicht länger der Eigentümer Cazarils, auch nicht der dazugehörigen Festung. Mir ist von den Ländern meines Vaters nichts mehr geblieben, und ich beanspruche auch nicht seinen Titel.«
    »Seid kein Narr, Kastellan.« Trotz des scherzhaften Tonfalls wurde ihre Stimme schärfer. »Mein teurer Herzog ist nun schon seit zehn Jahren verstorben, aber die Dämonen des Bastards sollen den Mann verzehren, der mir als Erster die Anrede als Herzogin verweigert. Wir besitzen, was wir festhalten können, mein guter Junge! Zeig niemals Nachgiebigkeit oder Schwäche!«
    Die geistliche Schwester an ihrer Seite versteifte sich vor Missbilligung ob dieser unverblümten Worte, oder über die Einstellung, die sie zum Ausdruck brachten. Rechtmäßig stand dieser Titel inzwischen der Schwiegertochter der Herzogin zu. Cazaril hielt es allerdings für unbesonnen, die alte Dame darauf hinzuweisen. Und ihr Sohn, der derzeitige Herzog, sowie dessen Frau teilten dieses Urteil wahrscheinlich.
    »Für mich werdet Ihr stets die Herrin bleiben, die wir aus der Ferne angebetet haben, Hoheit«, sagte Cazaril.
    »Schon besser«, entgegnete sie. »Viel besser. Ich schätze einen Mann, der seinen Verstand beisammen halten kann.« Sie winkte dem Majordomus zu. »Dy Ferrej, bringt dem Kastellan einen Stuhl. Und holt einen für Euch selbst. Ihr steht da wie eine Krähe!«
    Der Majordomus war solche Bemerkungen offenbar gewöhnt. Er lächelte und erwiderte leise: »Gewiss, Hoheit.« Er zog einen geschnitzten Stuhl für Cazaril heran und sprach die erfreulichen Wort: »Wenn mein Herr bitte Platz nehmen möchte?« Dann holte er für sich selbst einen Stuhl aus dem angrenzenden Gemach und stellte ihn ein wenig abseits der Dame und ihres Besuchers auf.
    Cazaril mühte sich auf die Beine und sank dann in seliger Gemütlichkeit nieder. »Waren das der Prinz und die Prinzessin, die eben bei meiner Ankunft von einem Ausritt zurückkehrten?«, fragte er vorsichtig. »Ich hätte Euch nicht mit meinem Eindringen belästigt, hätte ich gewusst, dass Ihr so hohen Besuch beherbergt.«
    »Es ist kein Besuch, Kastellan. Derzeit wohnen sie bei mir. Valenda ist eine ruhige und anständige Stadt, und meine Tochter ist nicht bei bester Gesundheit. Es gefällt ihr, sich hierher zurückzuziehen, vom allzu aufregenden Leben bei Hofe.« Ganz kurz erschien ein müder Ausdruck in ihren Augen.
    Bei den fünf Göttern, Lady Ista war ebenfalls hier? Die Königinwitwe Ista, verbesserte Cazaril hastig seine Gedanken. Damals, als er hier seinen Dienst für Baocia angetreten
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