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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch
Autoren: Lois McMaster Bujold
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müde geworden. Für kurze Zeit wurde Ista lebhafter, und die Freude über den Sieg ihrer Tochter ließ ihre Gesichtszüge weicher werden und brachte ein wenig Glanz in ihre Augen. Teidez’ Schicksal wurde nicht angesprochen. Heute war nicht die rechte Zeit, an diesen empfindlichen Wunden zu rühren; sie konnten aufbrechen und von neuem zu bluten anfangen. Irgendwann würde die Zeit kommen, über den verlorenen Jungen zu reden.
    Schließlich neigte Cazaril den Kopf und schickte sich an, sich zu verabschieden. In plötzlicher Dringlichkeit beugte Ista sich nach vorn und berührte ihn zum ersten Mal an der Hand.
    »Segnet mich, Cazaril, bevor Ihr geht.«
    Cazaril war überrascht. »Majestät, ich bin inzwischen so wenig ein Heiliger wie Ihr eine Heilige, und ich bin gewiss kein Gott. Ich kann nicht nach Belieben Segnungen herabrufen.« Und dennoch … Er war auch keine Prinzessin; trotzdem war er in Ibra deren Bevollmächtigter gewesen und hatte in ihrem Namen gültige Verträge abgeschlossen. Herrin des Frühlings, wenn ich Euch jemals zu Diensten war, so begleicht nun Eure Schuld. Er befeuchtete sich die Lippen. »Aber ich werde mein Bestes tun.«
    Cazaril beugte sich vor und legte die Hand auf Istas Stirn. Er wusste nicht, woher die Worte kamen, doch sie fanden den Weg zu seinen Lippen:
    »Dies ist eine wahre Prophezeiung, so wahr, wie die Euren es jemals waren. Wenn die Seelen in all ihrer Pracht aufsteigen, soll Eure nicht gemieden und abgewiesen werden, sondern eine Kostbarkeit sein in den Gärten der Götter. Selbst Eure Dunkelheit soll geschätzt werden, und Euer Kummer geheiligt.«
    Er lehnte sich zurück und schloss den Mund, als eine Woge des Schreckens ihn durchfuhr.
    Ist das richtig? Ist das verrückt? Bin ich verrückt?
    Istas Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Hand lag auf den Knien, die Handfläche nach oben. In unbeholfener Zustimmung zog sie den Kopf ein, linkisch wie ein Kind, das seinen ersten Schritt tut. Mit bebender Stimme sagte sie: »Das macht Ihr sehr gut, Cazaril … für einen Mann, der sich als Laie ausgibt.«
    Er nickte als Antwort. Dann lächelte er, verabschiedete sich und floh hinaus auf die Straße. Als er sich dem Hügel zuwandte, schritt er trotz der Steigung zügiger aus. Seine Damen warteten sicher schon.

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