Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catwalk in den Tod

Catwalk in den Tod

Titel: Catwalk in den Tod
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
unter dem Gewicht der Jockeys in die Höhe.
    Raunen neben mir. Die Gier schlich durch die Reihen, blitzte in den Augen der Zocker, winkte mit Geldbündeln und lachte.
    Omen, du bist Anfänger, du hast jetzt Glück, sagte ich mir.
    »Taxus« und »Lucky Directa« waren bereits nach tausend Metern geschlagen und kurvten am Ende des Feldes in die Zielgerade.
    Das Publikum auf der Tribüne riss es von den Sitzen. Beifall brandete auf, als das Feld in die Zielgerade stürmte und hallte zu uns herüber. Es trieb die Jockeys an und schob die Pferde nach vorn. Nicht so »Taxus« und »Lucky Directa«. Die hatten sich am Ende des Feldes hübsch gemütlich eingerichtet. Ich konnte das gut verstehen.
    Ich entschuldigte mich bei Harley und bat wegen erwiesener Unfähigkeit um sofortige Entlassung aus meinen Pflichten. Harley lehnte ab.
    »Nein«, sagte er, ich solle mir keine Sorgen machen und nur weiter mit aller Kraft versuchen, die richtigen Pferde herauszufinden.
    »Du als Anfänger hast Glück und zusammengerechnet wird am Schluss«, sagte er.
    Ich nahm mir vor, beim nächsten Rennen auf die agilen, nervösen Pferde zu setzen.
    So greifen dir die Wettquoten ins Hirn. Selbst die Panik der Pferde, ihre Angst und Nervosität wurden in den Wettzettel eingearbeitet. Hier zählte nur eines: Wer schaffte es auf die ersten drei Plätze und verflucht noch eins, in welcher Reihenfolge?
    Auch der Versuch mit den besonders nervösen Pferden scheiterte. Ich machte aus dem Führring einen Catwalk und wählte die schönsten Jockey-Tütüs. Fehlanzeige.
    Dann trat Wallach »Omen« an. Ich konnte mir einfach nicht helfen, aber er schien zu humpeln. »Danke«, sagte ich, »danke, dass du mich nicht in die nächste Pleite reitest.« Und riet Harley entschieden ab, dieses Pferd auf den Wettschein zu schreiben.
    Omen gewann. Und Harley forderte mich auf, mir »ordentlich Mühe« zu geben. Womöglich frönte er einer masochistischen Ader, indem er ausgerechnet mich zu seinem Wettguru machte. Auch das Wetten auf besonders wohlklingende Pferdenamen brachte keine Wende.
    Sofort hatte sich verkrümelt. Vielleicht in eines der VIP-Zelte. Soff da mit den Leuten, die in Armani-Anzügen und Gucci-Jäckchen ihr Wettglück feierten. Aber lässt sich das Glück von Kaviarhäppchen und Moet & Chandon locken? Sofort nahm es da nicht so genau. Intuition hat kein Gewissen. Das macht sie rasend schnell.
    Harley schien bemerkt zu haben, was ich da in meinem Hirn hin- und herschaufelte. Er sagte: »Mach nur weiter so. Genauso. Es ist alles in bester Ordnung. Du musst nur wirklich wollen.«
    Ich schlenderte zu den Boxen. Sollte mir Sofort über den Weg laufen, musste er eine Chance kriegen, zurück auf meine Schulter zu springen. Vielleicht war Sofort ja auch hochnäsig geworden und wollte ab sofort »Intuition« genannt werden?
    Das Mädchen, das mich »einweihen« wollte, war nirgends zu sehen. Hatte sich bestimmt mit ihrem Derbystarter auf den Heimweg gemacht. Ein paar Ställe weiter wurden Pferde in ihre Boxen geführt.
    Dann ein Poltern im Stall vor mir. Im Halbdunkel erkannte ich den Hengst. Die blutunterlaufenen Augen aufgerissen, stand er festgebunden an der hinteren Wand. Er röchelte leise und trippelte nervös auf der Stelle.
    Meine Augen gewöhnten sich an das Dämmerlicht. Der Duft des Strohs erinnerte mich an meine Kindheit. An das Toben durch Heuschober und das verschämte Berühren weiblicher Körper, an das Herauszupfen von Strohhalmen aus den Haaren meiner Spielgefährtin und das Rascheln von Kaninchen, die unten in ihren Käfigen den Tag mit der Suche nach vergessenen Mohrrüben oder Kartoffelschalen verbrachten.
    Dann sah ich im Stroh das Büschel blonder Haare. Und den Körper, der dazugehörte. Blut rann aus einer Wunde oberhalb ihres Auges, verklumpte die Haare zu Strähnen und sickerte ins Stroh.
    Kein Puls. Die beiden Moorseen hatten ihren dunklen Glanz verloren. Niemand mehr würde versuchen, den darin verborgenen Schatz zu bergen. ….
     
    Weiter geht's in:
    DER DU BIST DEM VATER GLEICH
    Kindle-Edition, 2,99 Euro
     
     
     
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher