Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catwalk in den Tod

Catwalk in den Tod

Titel: Catwalk in den Tod
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
denken sie daran, wie tief sie fallen können, kriegen eine ordentliche Ladung Ehrgeiz und geben sich dann so richtig Mühe.«
    »Ehrgeiz«, sagte Harley, kratzte wieder seinen Bart und seine Augen funkelten. Dabei bin ich gern als abschreckendes Beispiel unterwegs. Man tut eben, was man kann. Und es wirkt. Selbst auf Westerland. Die Filialleiter und Buchhalter sehen mich auf meiner Decke, bekommen einen Schreck, und hauen nach dem Urlaub in der Firma noch mehr rein, um den Umsatz zu steigern. Penner bringen die Konjunktur nach vorn, das ist ein ehernes Wirtschaftsgesetz.
    »>Abschreckendes Beispiel<, darüber muss ich nachdenken«, sagte Harley, und im Übrigen wolle er mir eine ganz einfache Aufgabe übertragen. »Ein Kinderspiel«, sagte er.
    Wir stiefelten durch den Tunnel, der unter dem Geläuf direkt in den Innenraum der Rennbahn führte. Hinein ins Allerheiligste. Harley zog ein wenig das rechte Bein nach.
    Von Pferden war zunächst überhaupt nichts zu sehen. Auf dem Bretterboden tanzte die hippe Welt der Reichen und Schönen. Unter Kühler gepresste Pferdestärken, staunende Kinder, lächelnde Manager, Rennwagensimulatoren, Hutkreationen, private Buchmacher und gut bewachte Eingänge, die in die VIP-Zelte und ins Waagegebäude führten. An den Fahnenmasten flatterten die Hoheitszeichen der Werbeindustrie. Botschaften, die sich hier auf Kunden stürzten wie ein ausgehungerter Mückenschwarm auf einen Bluter.
    »Du hast eigentlich nicht viel zu tun«, sagte Harley und dirigierte mich durch dieses Traumland zu den eher tristen Ufern der Zocker. Erst die Arbeit, dann der BMW.
    Der Arbeitsplatz dieses Nachmittags begann hinter dem Waagegebäude. Wettpavillons verteilten sich wie kleine Halligen der Hoffenden auf dem Grasteppich, darüber erhob sich eine Videoleinwand von der Größe Islands, die das Geschehen auf der Bahn und bei den Preisverleihungen aus nächster Nähe zeigte.
    Harley dirigierte mich auf einen kleinen Wall, von dem aus wir eine kleine ovale Bahn überblicken konnten. Das war nicht etwa die Kinderrennbahn oder der Ponyparcours, sondern der Aufsattelring.
    Die Pfleger führten die Pferde im Kreis und innen standen die Besitzer. Ein wenig verloren und doch mitten im Rampenlicht. Fragten sich, ob sie nun stolz sein oder doch lieber nicht mit dem Sieg ihrer Lieblinge rechnen sollten. Und beim Hin- und Hergrübeln waren sie mitsamt ihrem Lächeln erstarrt, wollten allein sein, ihre Hoffnungen auf eine Überraschung bis zur Neige austrinken.
    Harley richtete sich auf und erinnerte mich mit seiner Lederweste an einen Biker-Feldherren, der auf einem Hügel stehend seine Männer dirigierte. Kein Zweifel, Harley war in seinem Element und rechnete fest mit dem Schlachtenglück.
    Mit seinem Arm beschrieb er einen Halbkreis. Gott mit uns.
    »Du siehst dir die Gäule an und suchst dir zwei oder drei aus, die deiner Meinung nach gewinnen. Das ist alles.« Harley lächelte mich an.
    »Ich hab keine Ahnung von Pferden«, sagte ich. »Ich versteh ja nicht mal die Menschen.«
    Ich sah mich nach einem Plastikbecher um, mit dem ich das Geld für die Eintrittskarte hätte zusammenbetteln können. Schließlich war ich für Harley wetttechnisch ein Totalausfall. Nur, dass er es nicht wahrhaben wollte.
    »Einfach aus dem Bauch heraus«, sagte Harley und klopfte auf seine Weste.
    Weil wir noch beim »Vorgeplänkel« seien, wie er sagte, schob er mich zu einem Imbisswagen.
    Er bestellte für mich eine Currywurst, weil die ‚Verfassung beim Wetten besonders wichtig’ sei. Nein, mit einem knurrenden Magen werde das nichts.
    Ich tat ihm den Gefallen, dabei war ich gerade auf Diät.
    Aber das Bier musste ich dann doch ablehnen. Das Saufen hab ich mir schon vor Jahren abgewöhnt. Wenn du im Hotel zu den tausend Sternen deine Decke aufschlägst, kann das nämlich lebensgefährlich sein. Ich nippte an meinem Mineralwasser. Harley sah mich verwundert an, nahm dann aber einen kräftigen Schluck und rieb sich mit dem Handrücken den Schaum aus dem Bart.
    Er deutete auf einen Mann, der auf einer Bank die Wettzeitung studierte.
    »Damit hab ich mich jahrelang abgequält«, sagte Harley. »Da rechnest du rum, vergleichst die Formen der Pferde, denkst an Bodentiefe und Feuchtigkeit bei den letzten Starts, ziehst das Gewicht ab, das der Ausgleicher den Pferden in die Satteltaschen packt, um ein einigermaßen chancengleiches Rennen zu ermöglichen, und was passiert?«
    »Keine Ahnung.«
    »Der Kopf qualmt und am Ende gewinnt dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher