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Zieh dich aus, du alte Hippe

Zieh dich aus, du alte Hippe

Titel: Zieh dich aus, du alte Hippe
Autoren: Helge Schneider
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Über dem Herd ist eine kleine Lampe angebracht, damit man das Essen besser sieht. Um diese Lampe herum summen Wespen, viele. Sie kommen nachts in die Wohnung, weil es draußen für die se Jahreszeit zu kalt ist. Ein Auto hält, und eine Person steigt aus. Wenig später schließt jemand die Tür auf. Der Mann hat etwas Schweres auf dem Rücken. In der Küche läßt er es auf den Boden gleiten. Es ist eine Frauen leiche, mit Plastik umwickelt. Hart matscht der Mund, der aus der Tüte guckt, auf die Fliesen. Die Wespen spüren die Wärme, die von dem noch nicht lange toten Körper ausgeht, und stürmen auf ihn los. Sie werden bald sterben, der Sommer ist vorbei. Der Mann tritt nach ihnen, um sie zu ver treiben, eine Wespe sticht ihn. »Verdammte Scheiße! Hau ab, du Arschi« Er schlägt mit der bloßen Hand ein paar karputt. Jetzt ist er erschöpft, er wirft sich auf den Küchenstuhl. Dann raucht er. Er starrt lange auf die Leiche und bekommt einen dicken Arm v on dem Wespenstich. Er versucht, das Gift aus seinem Blut zu saugen, doch es gelingt ihm nicht, er stirbt noch am gleichen Abend. Doch keiner soll ihn in den nächsten Wochen finden, auch die Leiche der ermordeten Frau nicht.
    Die Zeitungen schreiben auf ihr en Titelseiten von dem Mord: Mann überfiel wahrscheinlich Frau und erwürgte sie! Ein Augenzeuge hat gehört, wie er zu der Frau sagte: >Zieh dich aus, du alte Hippe!< Doch sie tat es nicht! Deshalb wurde sie umgebracht.«
    Eine Zeitung setzt eine Belohnung au f die Er greifung des Täters aus. Die Polizei sucht ihn auch. Der Kommissar heißt Schneider. Er ist ein alter Hase und hat schon viele gefunden. Und er kann sehr schnell Auto fahren und macht alles heimlich. In seinem Büro erfährt er von dem Mord durch jemanden, der reinkommt, um es zu petzen.
    Dieser Jemand erzählt: »Guten Tag, Herr Kommissar Ich habe einen Mord gesehen! Ich bin total kaputt. Ich konnte da nicht mehr länger hingucken, deshalb habe ich nicht geholfen. Bitte verstehen Sie mich, Herr Kommissar! Was soll ich nur tun?«
    Schneider runzelt die Augenbrauen und guckt ihn professionell an: »Erst einmal den Namen und Beruf, wo wohnen Sie?« »Ich wohne in der Holzstraße, direkt neben dem Chinarestaurant »Mykonos«, wo ich immer esse. Es war furchtbar, der Mörder ist grauenhaft gewesen! Ich bin so froh, daß er mich nicht genommen hat.« »Na, na, na, na! Bürschchen! Sachlich bleiben! Wie war der Täter angezogen? Trug er Ballettschuhe, oder wie habe ich das!« Er schlägt mit der flachen Hand nach dem Kerl. Dafür muß er ein wenig aus seinem Sessel hoch. »Aua! Ich hob nichts verbrochen, deshalb dürfen Sie mich nicht hauen! Der Mann hat die Frau nackend sehen wollen, aber sie traute sich nicht, sich auszuziehen! Es war furcht bar! Immer und immer wieder hat der Mann mit einer auf gesägten Chappidose in der Frau rumgekratzt!« »An der Kehle?« »Ja, genau wie Sie sagen! Woher wissen Sie das?« Der Kommissar haut dem Mann voll eins in die Fresse, dann tritt er mit seinem Stiefel dem Opfer die Zähne weg, der Mann fängt an zu weinen. »Du Memme! Du bist doch wohl nicht auf Urlaub hier! Oder?!« Und noch mal reißt der Kom missar ihm mit angewinkelten Zeigefingern den Mund kaputt, es ist ein widerliches Bild. »Abführen!«
    Zwei Wachtmeister tragen den ohnmächtigen Zeugen raus. Der Kommissar Schneider guckt auf die Uhr: »Wenn der Tä ter vor -wie dieser Mann hier beteuerte -zwanzig Minuten erst geflüchtet ist mit dem Opfer, dann haben wir eine fri sche Spur. Ich weiß nur noch nicht, wie frisch.« Zu sich selbst murmelnd verläßt e r das Büro und geht Richtung Toilette.

Es ist schon spät am Abend. Ein vollbesetzter Bus rast durch die Stadtmitte, Kommissar Schneider hält sich hinter dem Fahrer an einer Schlaufe fest. Die Passagiere kippen immer wieder von linksnach rechts, als der Bus in Schlangenlinien seine Überholvorgänge erledigt. Schneider denkt nach. Was hat es nur mit dem Mord auf sich? Sollte der Täter viel leicht ein ganz besonderer Typus sein, jemand, den man bislang noch nicht hatte? Immer und immer wieder läßt Schneider die Tat vor seinen Augen abspulen, nichts bringt ihn weiter. Ein kleines Mädchen faßt ihn beim Aussteigen aus Versehen am Bein. Ganz klar, daß der Kommissar ihm so gut es geht von hinten mit seiner schweren Aktenmappe auf den Kopp haut. Die anderen Fahrgäste scheint es nicht zu inter essieren. Mit verzerrtem Grinsen zückt Schneider plötzlich einen vergilbten Ausweis aus der
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