Cato 09 - Gladiator
traute, und rief leise: »Julia? … Macro?«
Niemand antwortete ihm. Er rief erneut, diesmal ein wenig lauter. Wieder keine Antwort.
»Hier sind sie nicht«, flüsterte Atticus.
»Nein.«
»Also, was sollen wir tun?«
»Weitersuchen«, sagte Cato entschlossen und schlich an den Verschlägen entlang bis zu einer Lücke, in die er hineinkriechen konnte, um sich unbemerkt umzuschauen. Er sah ihn auf den ersten Blick – den Käfig nahe dem größten Zelt, abseits der anderen Unterkünfte. Er stand am höchsten Punkt des Lagers, Wind und Wetter ausgesetzt. Als weitere flüchtende Aufständische vorbeikamen, kroch Cato zurück. Die Römer drückten sich an den Boden und verharrten reglos. Als die Sklaven verschwunden waren, flüsterte Cato:
»Ich weiß jetzt, wo man Macro und Julia gefangen hält.« Er berichtete Atticus und den anderen vom Käfig.
»Hast du sie wirklich gesehen?«, fragte der Optio.
Cato schüttelte den Kopf. »Es war zu dunkel. Aber wo sonst sollten sie sein?«
»Ich könnte mir vorstellen, dass sie längst woanders sind. Bald wird es hier von flüchtenden Sklaven aus dem Hauptlager wimmeln. Wir müssen die Geiseln so schnell wie möglich finden, Herr.«
»Also weiter.« Cato hob die Hand, nahm eine geduckte Haltung ein und huschte zwischen den Verschlägen bis zu einer Ansammlung von Zelten hindurch. Er wartete, bis die anderen zu ihm aufgeschlossen hatten, dann schlich ihr kleiner Trupp zwischen den letzten Hütten hindurch und den Hang entlang, fort von den Zelten. Zu ihrer Rechten lag das dunkle Meer, das Tosen der Brandung war deutlich zu hören. Als Cato den Eindruck hatte, dass sie mit dem Käfig auf einer Linie waren, kletterte er den Hang hoch und bahnte sich vorsichtig einen Weg zwischen niedrigen Büschen und Steinen hindurch. Ein Warnruf ertönte, dann drang Stimmenlärm heran. Cato hielt an und vergewisserte sich, dass sie nicht bemerkt worden waren. Noch ein paar Schritte, dann wurde der Untergrund eben, und sie sahen den Käfig in etwa zwanzig Schritten Entfernung. Dahinter erblickten sie eine unbebaute Fläche und die Seite des Zeltes, vor dem mehrere Männer eine Schutzkette gebildet hatten, an der die Aufständischen vorbeieilten. Keiner von ihnen sah zum Käfig hinüber. Cato kniff die Augen zusammen und meinte, hinter den Gitterstäben eine massige Gestalt wahrzunehmen. Er bekam Herzklopfen, dann wurde er von Angst erfasst, als ihm klarwurde, dass sich nur eine Person im Käfig aufhielt, und zwar ein Mann.
»Macro?«, rief er.
Die Gestalt rührte sich und erwiderte mürrisch: »Wer ist da?«
Cato atmete erleichtert aus. »Ich bin’s, Cato.«
»Cato?«, sagte Macro angespannt. »Bei den Göttern, möge ich mich bloß nicht getäuscht haben!«
»Einen Moment noch.« Cato wandte sich an Atticus. »Du kommst mit. Musa, Vulso, ihr haltet Wache. Gebt Bescheid, wenn jemand kommt.«
Geduckt huschte Cato über das offene Gelände, Atticus folgte ihm auf den Fersen. Sie behielten die Aufständischen im Auge, doch noch immer blickte keiner in ihre Richtung. Als sie den Käfig erreicht hatten, rümpfte Cato ob des Gestanks der Exkremente unwillkürlich die Nase. Vor Macro ging er in die Hocke.
»Du bist es wirklich«, krächzte Macro. »Hab schon gedacht, ich hätte den Verstand verloren. Lass mich raus.«
»Wo ist Julia?«
»Im Zelt. Ajax hat sie holen lassen. Er hat sie erst mal waschen lassen.«
Cato gefror das Blut in den Adern. »Hat er …?«
»Woher soll ich das wissen?« Macro schüttelte den Kopf. »Hol mich raus, dann befreien wir sie.«
Cato untersuchte die Tür. »Scheiße, da ist ein Schloss dran.«
»Was hast du denn gedacht?«, zischte Macro. »Meinst du, sonst wär ich noch hier drin?«
Atticus lachte glucksend. »Schön zu sehen, dass mal du zur Abwechslung hinter Gittern bist.«
»Wer ist dein Begleiter?«, fragte Macro. »War das etwa Atticus?«
»Höchstpersönlich.« Atticus grinste.
»Na großartig«, brummte Macro und blickte seinen Freund an. »Danke, Cato.«
»Hast du etwa geglaubt, ich würde dich dem sicheren Tod überlassen?«
Macro schwieg einen Moment. »Es gab Zeiten, da hatte ich jede Hoffnung verloren.«
»Danke für den Vertrauensbeweis.«
Macro lachte trocken auf.
Cato packte die Gitterstäbe der Tür, biss die Zähne zusammen und versuchte, sie auseinanderzudrücken. Ächzend gab er es auf. »Wir brauchen den Schlüssel. Wer hat ihn?«
»Einer der Aufpasser da drüben.« Macro zeigte auf den Mann. »Meinst du, ihr beide
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