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Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Titel: Cato 04 - Die Brüder des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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für ein zusätzliches vorgeschobenes Lager einplanen, das wir für den Winter errichten werden.«
    »Und was ist mit meinem Volk?« Vericas Hand bewegte sich zu einem Teller mit honiggetränkten Datteln. »Ihr könnt meine Leute nicht verhungern lassen.«
    »Wenn wir die Durotriges besiegt haben, können deine Leute auf ihre Höfe zurückkehren. Aber ohne Essen im Bauch können meine Truppen den Feind nicht schlagen.«
    Die Diskussion hatte sich festgefahren, und beide Seiten wussten es. Schließlich brach Tincommius das Schweigen.
    »Legat, hast du schon darüber nachgedacht, was passieren könnte, wenn du unserem Volk nichts zu essen gibst? Was, wenn die Atrebates sich gegen Verica erheben?«
    Über diese Frage hatte Vespasian tatsächlich schon nachgedacht, denn die Folgen einer solchen Erhebung wären äußerst beunruhigend. Wenn die Atrebates Verica absetzten und sich den anderen Stämmen auf Seiten Caratacus’ anschlossen, wären General Plautius und seine Legionen von der Nachschubbasis in Rutupiae abgeschnitten. Wenn dann vor, hinter und zwischen den römischen Truppenteilen Feinde lagen, würde Plautius sich zurückziehen und in Camulodunum Schutz suchen müssen. Falls aber auch noch die Trinovantes, eingeschüchtert wie sie waren, sich von dem Aufstand der Atrebates ermutigen ließen, konnte nur noch ein Wunder Plautius und seine Legionen vor dem Schicksal bewahren, das General Varus und seine drei Legionen beinahe vierzig Jahre zuvor in den Tiefen Germaniens zuteil geworden war.
    Vespasian ließ sich seine Bedenken nicht anmerken und sah Tincommius scharf an. »Hältst du es für wahrscheinlich, dass dein Volk sich gegen den König erhebt?«
    »Nicht gegen den König. Gegen Rom«, erwiderte Tincommius. Dann lächelte er. »Im Moment murren die Leute nur. Aber wer weiß, wozu ein richtig hungriger Mensch fähig ist?«
    Vespasians Miene regte sich nicht, als Tincommius fortfuhr: »Hunger ist nicht die einzige Gefahr. Es gibt einige Adlige, die unser Bündnis mit Rom alles andere als wohlwollend betrachten. Schon jetzt kämpfen Hunderte unserer besten Krieger Seite an Seite mit Caratacus. Rom sollte die Loyalität der Atrebates nicht für eine Selbstverständlichkeit halten.«
    »Verstehe.« Vespasian lächelte schwach. »Du drohst mir.«
    »Nein, mein teurer Legat!«, mischte Verica sich ein. »Nicht im Geringsten. Du musst dem Jungen verzeihen. Junge Menschen neigen zu Übertreibungen, nicht wahr? Tincommius hat nur die Möglichkeit eines Zwischenfalls, so unwahrscheinlich dieser auch wirken mag, sehr deutlich betont.«
    »Nun gut.«
    »Wie dem auch sei, du solltest wissen, dass meine Position ernstlich bedroht ist und dass jemand das vielleicht ausnutzen könnte, wenn ihr mein Volk weiter hungern lasst.«
    Jetzt war die Spannung zwischen den drei Männern fühlbar, und Vespasians Zorn über den unverhüllten Erpressungsversuch drohte, sich in einem äußerst undiplomatischen Strom von Beschimpfungen zu entladen. Er zwang sich, seine Gefühle zu unterdrücken und die Lage unter einem anderen Aspekt zu betrachten. Es war schlimm genug, dass die Atrebates bezüglich des Bündnisses mit Rom gespalten waren; da wäre es ein Fehler, sich auch noch die Beziehungen zu den wohlgesonnenen Atrebates zu verderben.
    »Was wollt ihr eigentlich von mir?«
    »Gib uns etwas von euren Vorräten ab«, antwortete Tincommius.
    »Unmöglich.«
    »Dann gib uns genug Männer, um diese Plünderer zur Strecke zu bringen.«
    »Das ist ebenfalls unmöglich. Ich kann keinen einzigen Mann entbehren.«
    Tincommius zuckte mit den Schultern. »Dann können wir die Loyalität unseres Volks nicht garantieren.«
    Jetzt biss sich die Katze wieder in den Schwanz, und Vespasian musste sich erneut mühsam beherrschen. Es musste doch einen Ausweg geben. Plötzlich kam ihm ein Gedanke.
    »Warum jagt ihr diesen Plünderern eigentlich nicht selber nach?«
    »Mit welchen Leuten denn?«, fuhr Verica ihn an. »Dein General gesteht mir fünfzig Mann unter Waffen zu. Das ist kaum genug, um die königliche Umfriedung zu bewachen, von den Wällen Callevas ganz zu schweigen. Was könnten fünfzig Mann gegen eine Truppe ausrichten, wie sie heute eure Nachschubkolonne angegriffen hat?«
    »Dann zieh zusätzliche Männer ein. Ich werde General Plautius ersuchen, die Beschränkung deiner Schutztruppe vorläufig auszusetzen.«
    »Das ist ja alles schön und gut«, erwiderte Tincommius ruhig, »aber wir haben kaum noch Krieger. Viele haben sich lieber Caratacus
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