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Castello Christo

Titel: Castello Christo
Autoren: Arno Strobel
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hieß der Ort. Woher wissen Sie das?«
    In diesem Moment schrillte das Telefon erneut. Ein Anruf aus der Questura, Varottos Dienststelle.

Vatikan. Palazzo Sant’ Ufficio
    5
    Schon eine halbe Stunde nachdem Monsignore Bertoni sein Arbeitszimmer verlassen hatte, sollte es Kardinal Voigt dämmern, dass er sich in Bezug auf den seltsamen anonymen Brief vielleicht getäuscht hatte.
    »Stellen Sie ihn bitte zu mir durch«, sagte er, als er von seinem Sekretär hörte, wer ihn dringend sprechen wollte.
    »Eure Eminenz«, sagte der Anrufer, »es ist so weit: Wir brauchen ihn.«
    »Ihn?... Warum?«, wollte Voigt mit tonloser Stimme wissen.
    Während der Mann ihm von den Morden der letzten Tage berichtete, war es Voigt, als krampfte sich eine Faust um seinen Magen. Der Bericht endete mit dem Satz: »Siewissen, dass Sie uns helfen müssen, Kardinal. Denken Sie an unsere Vereinbarung.«
    Einige Sekunden verstrichen, in denen beide nur den Atem des anderen hörten. Die Vereinbarung. Die Kurie stand im Wort.
Seine
Bereitschaft, jederzeit zur Verfügung zu stehen, war die Bedingung gewesen, dass die italienische Justiz vier Jahre zuvor der Bitte der Kirche nachgekommen war.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Voigt. Dann legte er auf.
    Vier Minuten später hatte er eine Ausgabe des ›Giorno e Notte‹ vor sich auf dem Schreibtisch liegen, eine von vielen Tageszeitungen, die der Untersekretär der Glaubenskongregation, Monsignore Ludwik Dzierwa, jeden Morgen auf Berichte über den Vatikan hin durchsah. Auch einige reißerisch aufgemachte Blätter waren dabei, denen kein Thema zu peinlich war und die der Chronistenpflicht eine eher untergeordnete Rolle beimaßen.
    Die Schlagzeile in roten Lettern nahm fast die ganze erste Seite in Anspruch: »Kreuzwegmörder   – Mordserie gibt Polizei Rätsel auf!« Im Aufmacher war von drei noch nicht identifizierten Leichen die Rede, mit denen der Mörder die ersten drei Stationen des Kreuzweges nachgestellt hätte. Daneben hatte man ein Foto abgedruckt, auf dem die Tätowierung zu sehen war, die dem Artikel zufolge den Nacken aller Opfer zierte. Der Artikel endete mit einem Aufruf an die Bevölkerung: »Wer hat eine solche Tätowierung schon einmal gesehen? Sachdienliche Hinweise nimmt die Questura oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.« Darunter waren mehrere Telefonnummern angegeben.
    Nachdenklich schob der Kardinal die Zeitung zur Seite und griff sich eine weitere vom Stapel, den der Untersekretär ihm gebracht hatte.
    »Alle Berichte haben den gleichen Tenor, Eure Eminenz«, erklärte Dzierwa, der vor dem Schreibtisch stehen geblieben war. »Offensichtlich ist die Polizei ratlos.«
    Noch zwei Titelseiten überflog Kardinal Voigt, dann hatte er genug. Er wandte sich seinem Untersekretär zu. Das Licht der Schreibtischlampe spiegelte sich in den dicken Brillengläsern des jungen polnischen Geistlichen, so dass man die Augen des Mannes kaum erkennen konnte.
    »Haben Sie das Zeichen schon einmal irgendwo gesehen, Monsignore?«
    Dzierwa schüttelte den Kopf. »Nein, Eure Eminenz. Den Fisch als Erkennungszeichen der Urkirche natürlich schon. Aber auf einem   ... Berg? Über dem die Sonne scheint? Was für ein Sinnbild soll das sein?«
    Kardinal Voigt wusste es auch nicht, doch schwante ihm nichts Gutes. »Monsignore Dzierwa, richten Sie Monsignore Bertoni bitte aus, dass er den Brief kopieren soll, den er heute Morgen bekommen hat. Das Original soll er sofort ins Polizeipräsidium schicken und dann mit der Kopie hierherkommen.«
    Er wartete, bis der junge Geistliche den Raum verlassen hatte. Dann führte Kardinal Voigt zwei Telefonate. Das erste mit dem Privatsekretär des Papstes, den er um einen sofortigen Termin beim Heiligen Vater bat. Der zweite Anruf galt einem Kloster an den Hängen des Ätna auf Sizilien und dort einem Mann, der eigentlich im Gefängnis eine lebenslängliche Haftstrafe hätte verbüßen müssen.

Innenstadt von Rom
    6
    Varotto quälte sich durch den dichten Verkehr. Es war zwanzig vor neun.
    Eine Viertelstunde zuvor war er losgefahren, gleich nachdem er den Anruf bekommen hatte. In der Via Macinghi Strozzi im äußersten Süden Roms hatte man ein weiteres Opfer gefunden. Zum Tatort brauche er nicht mehr zu fahren, hatte ihm sein Kollege Francesco Tissone kurz und knapp mitgeteilt, die Spurensicherung sei schon abgeschlossen. Er solle lieber zusehen, dass er schleunigst ins Präsidium komme, der Fall werde immer bizarrer.
    Es regnete in Strömen.
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