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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Autoren: V.C. Andrews
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da«, erwiderte sie.
    »Dann jage ich eben neue.«
    »Du hast schon lange genug gebraucht, um die da zu jagen«, schimpfte sie, aber davon ließ er sich nicht einschüchtern.
    »Ich bin jetzt wieder da, Ma«, sagte Luke. »Fleisch wird es jetzt wieder genug geben.«
    »Hm«, sagte sie skeptisch. »Na gut. Dann solltest du jetzt am besten deine Sachen ins Haus bringen, Angel«, sagte sie zu mir.
    »Sie hat nur einen einzigen Koffer«, sagte Luke.
    »Nur einen Koffer?« Annie Casteel riß die Augen auf und faßte ein ganz neues Interesse an mir. »Sie sieht aus, als hätte sie eine Wagenladung Zeug dabei. Komm mit rein, und sieh zu, wie ich einen Eintopf mit Kaninchen zubereite, und dabei kannst du mir alles über dich erzählen.«
    »Ich hole den Apfelwein, Luke«, verkündete Pa hinter uns.
    »Toby Casteel, ich warne dich. Du und dein Sohn, ihr werdet heute nicht zuviel trinken!«
    Lukes Vater lachte. Luke und er folgten Annie und mir, als wir die wackligen Stufen hinaufstiegen und in die Hütte traten. Schon von dem Moment an, in dem ich die Hütte zum ersten Mal gesehen hatte, hatten sich meine Erwartungen beträchtlich zurückgeschraubt, aber auf das, was ich in ihrem Innern vorfand, war ich trotzdem noch nicht vorbereitet.
    Die Hütte bestand aus zwei kleinen Räumen, zwischen denen ein zerschlissener Vorhang eine Art Tür bildete, hinter der ich das Schlafzimmer vermutete. Mitten in dem großen Raum stand ein gußeiserner Herd und daneben etwas, was ein alter Küchenschrank zu sein schien. Darin waren Mehl, Zucker, Kaffee und Tee.
    »Wie du sehen kannst«, setzte Annie an, »haben wir nicht gerade ein Schloß, aber wir haben ein Dach über dem Kopf. Unsere Kuh gibt uns frische Milch, und wenn unsere Hühner dazu aufgelegt sind, legen sie auch mal ein Ei. Die Schweine und Ferkel laufen frei herum und drängen sich nachts unter der Veranda zusammen. Du wirst hören, wie sie einträchtig mit den Hunden und Katzen und allen, die sonst noch ihr Bett dort unten aufschlagen, schnarchen«, sagte sie und wies mit einer Kopfbewegung zum Fußboden.
    Ich glaubte gewiß nicht, daß sie übertrieb. Der Boden der Hütte hatte zwischen den schiefliegenden Balken Ritzen von mindestens zwei Zentimetern Breite. Als ich mich umsah, stellte ich fest, daß es nirgends ein Bad gab. Wohin gingen sie, wenn sie auf die Toilette gehen wollten? Wie duschten sie? Lukes Mutter las meine Gedanken. Sie lächelte, als sie meinen fragenden Blick sah.
    »Falls du dich fragst, wo die Toilette ist, die ist draußen.«
    »Draußen?«
    »Erzähl mir nur nicht, daß du noch nie von einem Abort gehört hast, Kind?«
    »Ein Abort?« Ich warf Luke einen Blick zu.
    »Sei unbesorgt, Angel. Als allererstes werde ich dir einen eigenen Abort bauen. Sobald ich morgen aus der Stadt zurückkomme, werde ich damit anfangen.«
    »Was ist ein Abort?« fragte ich zaghaft.
    Lukes Mutter lachte.
    »Du hast dir doch wirklich ein Stadtkind ausgesucht, was, Luke? Ein Abort ist eine Toilette, Angel. Man geht zu diesem kleinen Häuschen, wenn die Natur ruft, und dort setzt man sich auf ein Brett mit zwei Löchern.«
    Möglicherweise wurde ich ein wenig blaß. Ich weiß es nicht. Aber Lukes Mutter lächelte jetzt nicht mehr, sondern sah ihren Sohn vorwurfsvoll an. Er stellte meinen Koffer ab und umarmte mich.
    »Ich werde dir etwas wirklich Hübsches bauen, Angel. Schließlich werde ich im Handumdrehen genug Geld haben, um uns ein Haus im Tal zu bauen.«
    »Weißt du, wie man Kaninchen zubereitet?« fragte Annie Casteel. Ich blickte auf und sah, wie sie zwei tote Kaninchen an den Ohren aus einem kleinen Kühlbehälter zog. Ich schnappte nach Luft und schluckte. »Warte nur, wenn ich sie erst gehäutet habe, zeige ich dir das Rezept von meiner Mutter.«
    »Ma kocht das beste Kaninchen, das du je gegessen hast«, schwärmte Luke.
    »Ich habe noch nie Kaninchen gegessen, Luke«, sagte ich und kämpfte mühsam gegen meine Atemnot an.
    »Dann wirst du bald eine Köstlichkeit kennenlernen«, erwiderte er. Ich nickte hoffnungsvoll, holte tief Atem und sah mich um. Lukes Mutter und Vater waren so ziemlich die ärmsten Menschen, die ich je gesehen hatte, aber wenn ich mir Toby Casteel anschaute, sah ich ein strahlendes, glückliches Lächeln auf seinem Gesicht. Lukes Mutter strotzte vor Stolz und Kraft. Ich war durcheinander, müde und verängstigt. Das Leben hatte mich in genau dem Augenblick vor eine neuerliche Herausforderung gestellt, in dem ich geglaubt hatte, in ein
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