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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Autoren: V.C. Andrews
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einem Traum angefangen. Nein, kein Traum, sondern eher eine Art Alptraum. In ihm stand ich neben meinen Eltern – ich weiß nicht, wo. Sie sprachen miteinander, und manchmal drehten sie sich zu mir und sagten etwas. Die Sache war nur die, daß sie mich anscheinend nie hören konnten, wenn ich versuchte, Worte zu formen. Während ich immer wieder versuchte, mich an ihrem Gespräch zu beteiligen, wollte ich mir mit der Hand das Haar aus dem Gesicht streichen. Aber mein Haar ließ sich nicht zurückstreichen – statt dessen stellte ich voller Entsetzen fest, daß mir ein dickes Haarbüschel in die Hand fiel. Immer wieder strich ich mir das Haar zurück, und jedesmal, wenn ich das tat, löste sich wieder eine neue Strähne von meinem Kopf. Voller Entsetzen starrte ich die dichten Locken in meiner Hand an. Was ging hier vor? Plötzlich tauchte ein Spiegel vor mir auf, und darin konnte ich mein Abbild sehen. Ich unterdrückte mühsam einen Schrei. Mein schöner Kaschmirpullover hatte überall Löcher, und mein Rock war zerrissen und schmutzig. Dann beobachtete ich, wie vor meinen ohnehin schon ungläubigen Augen meine Züge anschwollen. Als ich dicker und immer dicker wurde, fing ich an zu weinen. Tränen rannen über meine verschmierten Wangen. Ich riß den Blick von meinem Spiegelbild los, drehte mich zu meinen Eltern um und schrie um Hilfe. Meine Schreie hallten von den Wänden wider. Und doch unternahmen meine Eltern nichts. Warum wollten sie mir nicht helfen?
    Ich konnte nicht aufhören zu schreien. Endlich, als ich schon glaubte, ich hätte keine Stimme mehr und könnte keinen Laut mehr von mir geben, drehten sie sich zu mir um. Erstaunte Blicke traten auf ihre Gesichter. Ich wollte Daddy rufen, damit er mich mit Umarmungen und Küssen überschüttete – mich beschützte, wie er es immer getan hatte –, doch ehe ich den Mund aufmachen konnte, trat ein Ausdruck des Abscheus auf sein Gesicht! Ich schreckte entsetzt zurück, und dann verschwand er. Nur Mama blieb. Zumindest glaubte ich, es sei Mama. Diese Fremde sah genauso aus wie sie… bis auf die Augen. Ihre Augen waren so kalt! Kalt und berechnend – ohne die Liebe und Wärme, die ich täglich dort gesehen hatte. Wohin war sie entschwunden? Warum sah sie mich bloß so an? Meine wunderschöne Mama hätte mich niemals so haßerfüllt angesehen. Ja, es war Haß… und Eifersucht! Meine Mama würde mich in diesem Augenblick größter Verzweiflung nicht im Stich lassen. Und doch tat sie nichts. Erst trat ein Ausdruck des Abscheus auf ihr Gesicht, derselbe Blick, mit dem Daddy mich angesehen hatte. Bald darauf löste ihn ein hämisches Lächeln ab… ein selbstzufriedenes, hämisches Lächeln. Und dann kehrte sie mir den Rücken zu. Sie ging fort und ließ mich allein in der Dunkelheit zurück.
    Irgendwie fand ich meine Stimme wieder und schrie um Hilfe. Aber sie ging nur immer weiter, wurde immer kleiner. Ich versuchte, ihr zu folgen, aber ich konnte mich nicht von der Stelle rühren. Dann wandte ich mich meinem Spiegelbild wieder zu, und ehe ich auch nur mit einer Wimper zucken konnte, zerbrach der Spiegel, und Glassplitter flogen mir ins Gesicht.
    Mit allerletzter Kraft hob ich die Hände, um mein Gesicht zu schützen, während ich unablässig weiterschrie.
    Als ich erwachte, schrie ich immer noch, und mein Herz schlug rasend. Im ersten Moment kam ich nicht dahinter, wo ich war. Dann fiel es mir wieder ein, als ich die vertraute Umgebung meines Schlafzimmers wahrnahm. Ich war zu Hause in meinem Schlafzimmer in Boston. Heute war mein Geburtstag. Mein zwölfter Geburtstag. Ich war froh, aus meinem gräßlichen Traum erwacht zu sein, und schüttelte meine Ängste ab und schob die Bilder, die mich noch vor wenigen Sekunden entsetzt hatten, weit von mir. Ich lief die Treppe hinunter und dachte nur noch an den Tag, der vor mir lag.
    An meinem zwölften Geburtstag schlug ich das auf, was mein kostbarstes Geschenk sein sollte: dieses Buch der Erinnerungen, mein Tagebuch. Im allerletzten Moment hatte es Daddy unter den kleinen Berg von wundervollen und kostspieligen Geschenken gleiten lassen, die er und Mama für mich gekauft hatten. Ich wußte, daß er selbst es dort hingetan hatte, nachdem Mama schon alles arrangiert hatte, denn sie war genauso neugierig darauf wie ich. Gewöhnlich überließ Daddy das Einkaufen von Geschenken ganz allein Mama, wie er es ihr auch ganz und gar überlassen hatte, für die Einrichtung des Hauses und meine gesamte Kleidung zu sorgen, da er
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