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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Autoren: V.C. Andrews
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deiner Mutter? Was hat Großmama Jana gesagt?« Ich kannte die Antwort, aber ich wollte sie von ihr hören.
    »Nichts. Sie fand es gut so. Sie war der Meinung, mein Vater hätte mich ohnehin zu sehr verwöhnt. Sie ist genauso wie die beiden, auch wenn sie sich heute anders verhält. Und du brauchst nicht zu glauben, nur weil sie dir zum Geburtstag diese Anstecknadel mit der Kamee geschenkt hat«, fügte sie hinzu, als ihr Blick auf die Kamee auf meiner Frisierkommode fiel, »hätte sie sich auf irgendeine Weise verändert.«
    »Die Kamee ist wunderschön, und Daddy sagt, daß sie sehr, sehr wertvoll ist.«
    »Ja, ich habe sie vor Jahren darum gebeten, aber sie wollte sie mir nicht geben«, sagte sie erbittert.
    »Möchtest du sie haben, Mama?«
    »Nein. Sie gehört dir«, sagte sie nach einem Moment. »Sie hat sie dir geschenkt. Paß nur gut darauf auf, das ist alles. Wo war ich überhaupt stehengeblieben?«
    »Sie haben deinen Schmuck vergraben.«
    »Meinen Schmuck… o ja, ja. Und meine besten Kleider haben sie auch zerrissen, meine teuersten Kleider. Einmal hat sich Beatrice in einem Wutanfall in mein Zimmer geschlichen und hat mit einem Küchenmesser eines meiner Kleider zerschnitten.«
    »Wie grausam!« rief ich aus.
    »Natürlich leugnen sie bis zum heutigen Tage, all das getan zu haben. Aber sie haben es getan, das kannst du mir glauben. Einmal haben sie sogar versucht, mir mein schönes Haar abzuschneiden; sie haben sich an mich herangeschlichen, als ich geschlafen habe, und sie wollten es mit ihren langen Nähscheren stutzen, aber ich bin gerade noch rechtzeitig aufgewacht und…« Sie erschauerte, als sei das, was nun folgte, zu schrecklich, um es auszusprechen. Dann begann sie wieder, sich das Haar zu bürsten, und sprach weiter. »Dein Vater war wegen geschäftlicher Angelegenheiten nach Texas gekommen, und meine Mutter, die damals noch Umgang mit dem Adel pflegte, hat ihn bei einem Abendessen kennengelernt und ihn zu uns nach Hause eingeladen, denn sie wollte, daß er sich in deine Tante Peggy verliebt.
    Aber als sein Blick auf mich gefallen ist…« Sie unterbrach sich und lehnte sich zurück, um sich im Spiegel anzusehen. Mama hatte unglaublich glatte Haut, und nicht ein Fältchen wagte es, sich zu zeigen. Sie hatte ein edles Gesicht, ein Gesicht, wie man es auf einer Kamee finden konnte oder auf dem Titelblatt von Vogue. Sie hatte leuchtendblaue Augen, die deutlich ihre Stimmungen ausdrückten: strahlend hell wie Weihnachtskerzen, wenn sie glücklich war, kalt wie Eiszapfen, wenn sie wütend war, matt und traurig wie ein Welpe, der sich verlaufen hatte, wenn sie unglücklich war.
    »Als er mich angesehen hat«, sagte sie zu ihrem eigenen Abbild im Spiegel, »ist sein Herz schon im ersten Augenblick meiner Schönheit verfallen.
    Selbstverständlich«, fügte sie hinzu und drehte sich schnell zu mir um, »waren deine Tanten wahnsinnig eifersüchtig. Sie haben mich dieses langweilige braune Kleid anziehen lassen, das mir bis auf die Knöchel gefallen ist und meine Figur nicht gezeigt hat, und sie haben mir nicht erlaubt, irgendwelchen Schmuck zu tragen. Ich mußte mir das Haar zu einem Knoten aufstecken und durfte mich nicht schminken, nicht einmal eine Spur Lippenstift auftragen.
    Aber Cleave hat hinter all das geschaut. Seine Blicke waren den ganzen Abend über auf mich gerichtet, und jedesmal, wenn ich etwas gesagt habe, und sei es nur: ›Könnte ich bitte das Salz haben?‹, hat er sich mitten im Satz unterbrochen, um meinen Worten zu lauschen, als seien es Perlen der Weisheit.« Sie seufzte, und ich seufzte jetzt auch. Wie wunderbar es sein mußte, dachte ich, derart romantische Erinnerungen zu haben. Mehr als alles andere wünschte ich mir, eines Tages meine eigenen ebenso romantischen Erinnerungen zu besitzen.
    »Hast du dich auch augenblicklich in ihn verliebt?« Auch darauf kannte ich die Antwort, aber ich mußte sie noch einmal hören, damit ich alles richtig in meinem Buch niederschreiben konnte.
    »Nicht auf der Stelle, aber ich habe gemerkt, daß ich mich ihm immer mehr zugewandt habe. Ich fand, daß er mit einem komischen Akzent sprach, verstehst du, diesem Akzent aus Boston, und deshalb hat mich alles fasziniert, was er gesagt hat. Er war distinguiert und hatte das Auftreten eines erfolgreichen Geschäftsmannes: voller Selbstvertrauen, aber nicht steif; er trug kostspielige Kleidung und hatte eine dicke goldene Taschenuhr mit der längsten goldenen Uhrkette, die ich je gesehen hatte. Wenn
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