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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
Autoren: V.C. Andrews
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das, was er getan hat. Und er sagte, er hofft, daß ich ihm verzeih’. Weißt du, hätt’ nie und nimmer gedacht, daß Luke Casteel so… Cal, wie sagt man dazu, wie er geklungen hat?«
    »Demütig«, sagte Cal mit gepreßter Stimme.
    »Ja, stimmt. Er klang demütig und zerknirscht.«
    Ihre Augen glänzten, als hätte sie ein Wunder gesehen. Dabei hatte sie seit Tagen nicht mehr geredet. »Heaven, er hat mich angeschaut, wie er’s noch nie getan hat. Auch nicht, als ich ihn geliebt hab’ und für ihn durchs Feuer gegangen wär’. Da hat er mich nicht mal gesehen… Hat mich nur genommen und stehenlassen, wie ‘n Gegenstand. Hat sich aber verdammt verändert… Hat auch ‘n Brief für dich dagelassen.«
    Es war eine hektische Freude, sie wirkte wie aufgeputscht, so als dränge die Zeit. Zum ersten Mal sah ich, daß sie wirklich im Sterben lag, hier vor unseren Augen. Vielleicht war sie schon, Monate bevor wir hierhergekommen waren, in diesem Zustand gewesen. Nur hatten Cal und ich es nicht bemerkt, weil wir uns an ihre Gefühlsschwankungen schon so gewöhnt und sie nicht als Ausdruck ihrer Ängste und Depressionen erkannt hatten… Ihre furchtbaren, geheimen Ahnungen über die Geschwulst. Ihre knochige Hand wirkte vergilbt, ihre langen Nägel hexenhaft, während sie den Brief unter ihrem Kissen hervorzog. Aber ihr Lächeln war zum ersten Mal warm und herzlich.
    »Heaven, hab’ ich mich schon für alles, was du mir getan hast, bedankt? Endlich hab’ ich ‘ne Tochter – endlich –, und ist es nicht phantastisch, einfach phantastisch, daß Luke mich besucht hat? Oder hast du ihn gerufen – sag? Mußt du ja, weil er sich hier nach dir umgeschaut hat, als tät’ er dich erwarten. Also, Heaven, nu’ mach schon, lies, was er in seinem Brief geschrieben hat.«
    »Das ist Tom, mein Bruder«, gelang es mir schließlich zu sagen.
    »Schön, Sie kennenzulernen, Tom«, begrüßte ihn Cal und stand auf, um ihm die Hand zu schütteln.
    »Meine Güte, siehst ganz wie Luke aus, als er so alt war wie du!« schrie Kitty verzückt, mit einem eigenartigen Glitzern in den Augen. »Fehlen nur noch die schwarzen Haare und die schwarzen Augen – dann wärst du ganz dein Vater! Schwör’s dir!«
    Sie war rührend, dieses Teufelsweib mit ihren langen roten Haaren und den langen rosa Krallen, die meine Haut schon so oft zerschunden hatten. Momentaufnahmen, wie Kitty früher gewesen war, leuchteten blitzartig in mir auf; in meinen Ohren hallten die Schimpfworte wider, die sie mir, ohne auf meine Gefühle zu achten, an den Kopf geschleudert hatte. Und nun hatte sie es doch zustande gebracht und mir Tränen in die Augen getrieben, obwohl ich eigentlich erleichtert sein sollte, daß Gott ihr eine gerechte Strafe zukommen ließ. Ich weinte. Ich setzte mich auf den Stuhl, den Cal mir bereitgestellt hatte. Während die Tränen meine Bluse benetzten, öffnete ich Vaters Brief und begann zu lesen.
    »Lies ihn laut vor, Tochter«, hauchte Kitty.
    Ich warf ihr einen kurzen Blick zu, dann begann ich leise vorzulesen:
    Liebe Tochter,
    es gibt Zeiten im Leben eines Mannes, in denen er meint, daß er etwas Bestimmtes tun muß, und erst später entdeckt er, daß es eine bessere Lösung für seine Schwierigkeiten gegeben hätte. Ich bitte Dich, mir zu verzeihen, für Dinge, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen.
    Unsere-Jane und Keith sind glücklich und gesund. Sie lieben ihre neuen Eltern so wie Fanny ihre.
    Ich habe noch einmal geheiratet, und meine Frau besteht darauf, daß ich die Familie wieder zusammenbringe. Ich besitze jetzt ein schönes Haus und verdiene eine Menge Geld. Allerdings besteht wenig Hoffnung, daß ich Keith, Unsere-Jane und Fanny zurückkaufen kann, aber ich würde mich freuen, wenn Du und Tom zu uns ziehen würdet. Dein Großvater wird auch hier sein.
    Vielleicht bringe ich es diesmal fertig, Dir ein richtiger Vater zu sein, den du lieben kannst und nicht mehr verachtest.
    Dein Vater
     
    Darunter standen Adresse und Telefonnummer, aber ich war nicht mehr imstande, sie zu entziffern. Er hatte mich nie zuvor Tochter genannt und sich als meinen Vater bezeichnet – warum jetzt auf einmal? Ich knüllte den Brief zusammen und schleuderte ihn in den Papierkorb, der neben Kittys Krankenbett stand.
    Zorn und Wut verdrängten alle anderen Gefühle in mir. Wie konnte ich einem Mann Vertrauen schenken, der seine Kinder verkauft hatte? Wer gab mir die Gewißheit, daß es Tom und mir unter seiner Obhut gutgehen würde? Was
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