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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht
Autoren: Ally Condie
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gleichzeitig tief durch und müssen daraufhin beide lachen. Ich mag den Klang unseres Lachens, das in dem fast leeren Foyer widerhallt. »Was hat er sich denn so lange angeschaut?«, frage ich Xander und weise mit einem Nicken auf den Funktionär.
    »Eine Ausstellung über die Geschichte der Paarung«, antwortet Xander leise. Er sieht mich an, als erwarte er, dass ich die hintergründige Bedeutung seiner Antwort erfasse, aber ich verstehe ihn nicht. Dafür habe ich nicht genau genug auf den Funktionär geachtet.
    »Neun Minuten«, erinnert uns dieser, ohne aufzublicken.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass du kommen durftest«, sage ich zu Xander. »Ich habe mich so sehr gefreut!«
    »Das Timing war optimal«, antwortet Xander, »denn ich verlasse Oria. Ich bin unterwegs nach Camas und im Grunde nur auf der Durchreise hier in Tana.«
    »Wie bitte?«
Ich muss vor Erstaunen blinzeln. Camas ist eine der Provinzen, die an die Äußeren Provinzen angrenzen. Ich fühle mich seltsam orientierungslos. So gerne ich auch hinauf zu den Sternen blicke, habe ich doch nie gelernt, mich von ihnen leiten zu lassen. Ich orientiere mich an Menschen: Xander, ein Punkt auf der Karte, meine Eltern, ein anderer, Ky, das letztendliche Ziel. Wenn Xander sich bewegt, verändert sich die gesamte Geographie.
    »Mir wurde meine endgültige Arbeitsstelle zugewiesen«, erklärt Xander. »Sie befindet sich in Central, genau wie deine. Aber ich soll erst in den Grenzprovinzen Erfahrungen sammeln.«
    »Warum?«, frage ich ihn leise.
    Nüchtern antwortet Xander: »Weil ich mich dort besser auf meine neuen Aufgaben vorbereiten kann als irgendwo sonst.«
    »Und anschließend gehst du nach Central«, sage ich. Die Vorstellung von Xander in Central erscheint mir passend und folgerichtig. Natürlich gehört er in die Hauptstadt der Gesellschaft. Natürlich haben die Verantwortlichen sein Potential erkannt und versetzen ihn dorthin. »Du musst Oria also wirklich verlassen?«
    Ein fast ärgerlicher Ausdruck huscht über sein Gesicht. »Kannst du dir eigentlich vorstellen, was es bedeutet, verlassen zu werden?«
    »Natürlich kann ich das«, antworte ich verletzt.
    »Nein!«, entgegnet er. »Bei dir ist es etwas ganz anderes. Ky wollte nicht gehen. Aber weißt du, wie es ist, wenn sich jemand dafür
entscheidet
, dich zu verlassen?«
    »Ich bin nicht aus freien Stücken gegangen! Wir wurden umgesiedelt!«
    Xander atmet tief aus und erwidert: »Du verstehst es immer noch nicht. Du hast mich schon verlassen, bevor du aus Oria fortgegangen bist.« Er wirft einen Blick hinüber zu dem Funktionär und sieht dann wieder mich an, mit ernsten blauen Augen. Er hat sich verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Er ist härter geworden. Vorsichtiger.
    Mehr wie Ky.
    Ich weiß jetzt, wie er das mit dem Verlassen gemeint hat. Für Xander war es, als hätte ich ihn verlassen, nachdem ich mich für Ky entschieden habe.
    Xander blickt hinunter auf unsere Hände, die immer noch ineinander verschränkt sind.
    Ich folge seinem Blick. Seine Hand ist stark, die Knöchel rau. Er kann mit diesen Händen nicht schreiben, aber sie sind schnell und sicher bei den Spielen, besonders beim Kartenspiel. Er ist nicht Ky, aber unsere Berührung macht mir noch einmal besonders bewusst, dass ich auch ihn liebe. Ich halte ihn fest, als wolle ich ihn nie wieder loslassen, und ein Teil von mir will es tatsächlich nicht.
    Im Foyer ist es kühl, und ich schaudere. Wie nennt man diese Jahreszeit? Spätherbst? Frühwinter? Ich weiß es nicht. Die Gesellschaft hat durch die zusätzlichen Ernten die Grenze zwischen den Jahreszeiten verwischt, zwischen den Zeiten der Saat und der Ernte und denen der Ruhe. Xander löst seine Hand aus meiner, neigt sich nach vorn und sieht mir tief in die Augen. Ich ertappe mich dabei, wie ich seinen Mund ansehe und an den Kuss damals in unserer Siedlung denke, diesen süßen, unschuldigen Kuss, bevor sich alles veränderte. Ich glaube, Xander und ich würden uns heute anders küssen.
    Flüsternd, während sein Atem über meinen Hals streicht, fragt Xander: »Willst du immer noch hinaus in die Äußeren Provinzen, um ihn zu suchen?«
    »Ja«, flüstere ich zurück.
    Der Funktionär erinnert uns an die verbleibende Zeit. Wir haben nur noch wenige Minuten.
    Xander ringt sich ein Lächeln ab und sagt gespielt leichthin: »Du willst ihn also wirklich? Du willst Ky, koste es, was es wolle?« Wieder stelle ich mir vor, was der Funktionär in seinen Datenpod
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