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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht
Autoren: Ally Condie
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eingibt, während er uns beobachtet:
Die Partnerin wirkte erregt, nachdem der Partner ihr von seinem Außendiensteinsatz in Camas erzählte. Dem Partner gelang es, sie zu beruhigen.
    »Nein«, entgegne ich. »Nicht um jeden Preis.«
    Xander atmet hörbar tief ein. »Wo ziehst du die Grenze? Was würdest du niemals aufs Spiel setzen?«
    Ich schlucke. »Meine Familie.«
    »Aber es macht dir nichts aus, mich aufzugeben?«, wirft er mir vor. Er beißt die Zähne zusammen und wendet den Blick ab.
Sieh mich an!
, denke ich.
Weißt du nicht, dass ich dich auch liebe? Dass du all die Jahre mein bester Freund warst? Dass ich mich immer noch in gewisser Weise mit dir gepaart fühle?
    »Doch«, erwidere ich. »Es würde mir etwas ausmachen, deshalb tue ich es nicht. Schau mal.« Und dann riskiere ich es. Ich öffne den Beutel und zeige ihm, was noch darin ist, was ich behalten habe. Die blauen Tabletten. Xander hat sie mir gegeben, damit ich mich auf die Suche nach Ky machen kann, aber sie sind immerhin sein Geschenk.
    Xanders Augen weiten sich. »Du hast Kys Kompass eingetauscht?«
    »Ja.«
    Xander lächelt und eine Mischung aus Erstaunen, Arglist und Glück spiegelt sich in seinem Gesichtsausdruck wider. Ich habe Xander überrascht – und auch mich selbst. Ich liebe Xander auf eine Art und Weise, die vielleicht komplexer ist, als ich vermutet habe.
    Trotzdem muss ich Ky finden.
    »Es ist so weit!«, ruft der Funktionär. Der Wachmann schaut in meine Richtung.
    Ich sage Xander mit brüchiger Stimme auf Wiedersehen. »Bis bald!«
    »Wahrscheinlich nicht«, erwidert er, neigt sich zu mir und küsst mich so, wie ich ihn zuvor geküsst habe, dicht neben meinen Mund. Wenn sich einer von uns auch nur ein klein wenig bewegt hätte, hätte sich alles verändert.

Kapitel 5 KY

    Vick und ich heben eine der Leichen auf und tragen sie zu einem Grab. Ich rezitiere die Worte, die ich mittlerweile über allen Toten spreche:
    Hinaus aus unserem Quell von Zeit und Ort,
    Mag Flut mich weit hinweg geleiten,
    So hoffe ich, wenn ich die Barre überquert,
    Ihm, meinem Steuermann, ins Gesicht zu blicken.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Wie könnte irgendetwas von diesen Leichen überdauern, wo doch die Menschen so leicht sterben und so schnell verwesen? Dennoch wünsche ich tief in mir, dass die Flut des Todes uns irgendwohin trägt. Dass man am Ende jemandem begegnet. Diese Hoffnung bewegt mich dazu, die Worte an den Gräbern der Gefallenen zu sprechen, obwohl ich weiß, dass sie nichts von dem Gesagten hören können.
    »Warum machst du das jedes Mal?«, fragt mich Vick.
    »Ich mag den Klang der Worte.«
    Vick wartet auf eine nähere Erklärung, doch ich schweige. Schließlich fragt er: »Weißt du denn, was das heißen soll?«
    »Es geht um jemanden, der hofft, dass nach dem Tod noch etwas kommt«, antworte ich ausweichend. »Die Verse stammen aus einem Gedicht aus der Zeit vor der Gesellschaft.«
    Jedoch nicht aus dem Gedicht, das Cassia und mir gehört. Diese Worte werde ich zu keinem mehr sprechen, bis ich sie zu ihr sagen kann. Die Verse, die ich dieser Tage aufsage, gehören zu dem anderen Gedicht, das sie in ihrem Artefakt gefunden hat, als sie es an jenem Tag im Wald öffnete.
    Sie wusste nicht, dass ich in der Nähe war. Reglos stand ich da und beobachtete, wie sie die Worte auf dem Blatt Papier las. Ich sah, wie ihre Lippen erst die Worte eines Gedichtes formten, das ich nicht kannte, und dann die eines, das ich kannte. Als mir dämmerte, was sie da über den Steuermann sagte, trat ich nach vorn, und ein Ast knackte unter meinem Fuß.
    »Die haben jedenfalls nichts mehr davon«, bemerkt Vick, weist mit einer Geste auf eine der Leichen und streicht sich dann gereizt das Haar aus dem Gesicht. Man gibt uns weder Scheren noch Rasierer, um uns die Haare zu schneiden oder den Bart zu rasieren – zu leicht könnten wir sie als Waffen benutzen, um uns gegenseitig zu töten oder Selbstmord zu begehen. Für die meisten spielt es keine Rolle; Vick und ich sind die Einzigen hier draußen, denen die Haare in die Augen fallen. »Das ist alles? Ein blödes altes Gedicht?«
    Ich zucke mit den Schultern.
    Das hätte ich nicht tun sollen.
    Normalerweise schert sich Vick nicht darum, wenn ich ihm nicht antworte, doch diesmal blickt er mich herausfordernd an. Ich überlege, wie ich ihn am besten zu Boden ringen kann. Die ständigen Angriffe haben auch bei ihm Spuren hinterlassen. Seine Nerven liegen blank. Er ist
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