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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)
Autoren: Unbekannt
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Sie. Deswegen ist es nötig, daß wir wissen, wer in die
Mappe hineinsah. Und wer in der Prüfung schwindelte.«
    Sie sahen
ihn beide an, Ailsa in Schrecken, Fielding regungslos, passiv.
    »Wenn man
das bedenkt«, fragte Fielding endlich, »wieso nimmt man dann an, daß ich wußte,
Rode werde wegen der Mappe in derselben Nacht noch zurückkommen?«
    »Oh, man
wußte, daß sie erwartete, Sie in jener Nacht nach dem Dinner in Ihrem Haus zu
treffen.« Smiley warf dies hin, als sei es eine langweilige Einzelheit. »Es
gehörte zu dem Spiel, das sie zu spielen liebte.«
    »Woher
weiß man das?«
    »Nach
Rodes Aussage«, fuhr Smiley fort, »trug Stella die Mappe in die Halle, hatte
sie tatsächlich in der Hand. Als sie in North Fields ankamen, hatte sie sie
nicht; sie geriet in Wut und bezichtigte ihn, sie vergessen zu haben. Sie
veranlaßte ihn, deswegen zurückzugehen. Sie sehen die Folgerung?«
    »Oh,
klar«, sagte Fielding, und Smiley hörte Ailsa Brimley voll Schreck seinen Namen
flüstern.
    »Mit
anderen Worten: Als Stella diesen Trick ausheckte, um ihren verschrobenen
Willen zu befriedigen, sahen Sie es als eine Gelegenheit, sie zu töten, indem
Sie die Schuld einem nicht existierenden Landstreicher zuschoben oder, wenn
das fehlschlug, als zweiter Verteidigungslinie Rode. Angenommen, Sie hätten
vorgehabt, sie zu töten. Sie hätten vorgehabt, nehme ich an, eines Nachts dort
hinauszufahren, wenn Rode Abendunterricht hatte. Sie hatten Ihre Stiefel und Ihr
Cape, selbst das aus Rodes Zimmer entwendete Kabel, und Sie hatten vor, eine
falsche Fährte zu legen. Aber was für eine blendende Gelegenheit, als Perkins
mit der Aktenmappe erschien! Stella wollte ihr Zusammentreffen - es war
verabredet, daß die vergessene Mappe als Mittel dienen sollte, es herbeizuführen.
In dieser Richtung, fürchte ich, werden sich vielleicht die Überlegungen
bewegen. Und sehen Sie, man weiß, daß es
Rode nicht war.«
    »Wieso
weiß man es? Wie kann man es
wissen? Rode hat kein Alibi.«
    Smiley
schien nicht zu hören. Er sah zum Fenster und den sich unruhig bewegenden
schweren Samtvorhängen.
    »Was ist?
Wohin sehen Sie?« fragte Fielding plötzlich drängend, aber Smiley antwortete
nicht.
    »Sehen
Sie, Fielding«, sagte er endlich, »wir wissen einfach nicht, wie die Menschen
sind, wir können es niemals erklären; es gibt keine Wahrheit über menschliche
Wesen, keine Formel, die jedem von uns entspricht. Und es gibt einige unter
uns - nicht wahr? -, die nichts sind, die so labil sind, daß wir uns selbst
verblüffen; wir sind Chamäleons. Ich las einmal eine Geschichte von einem
Dichter, der in kalten Quellen badete, so daß er in dem Gegensatz seine eigene
Existenz erkennen konnte. Er mußte sich selbst bestätigen, sehen Sie, wie ein
Kind, das gegen seine Eltern widerwärtig ist. Sie könnten vielleicht sagen, er
habe die Sonne auf sich scheinen lassen, so daß er seinen Schatten sehen und
sich lebendig fühlen konnte.«
    Fielding
machte eine ungeduldige Handbewegung. »Wieso wissen Sie, daß es nicht Rode war?«
    »Die
Leute, die so sind - es gibt wirklich einige, Fielding-, kennen Sie ihr
Geheimnis? Sie können in ihrem Innern nichts empfinden, weder Freude noch Leid,
weder Liebe noch Haß; sie schämen sich und sind erschrocken, daß sie nichts
fühlen können. Und ihre Scham, diese Scham, Fielding, drängt sie zu Übertreibungen
und Prunk; sie müssen das kalte Wasser spüren; ohne das sind sie nichts. Die
Welt sieht sie als Showmen, Phantasten, Lügner, vielleicht als Sensualisten,
aber nicht als das, was sie sind: lebende Leichname.«
    »Woher wissen Sie es? Woher wissen
Sie, daß es nicht Rode war?« rief Fielding mit Zorn in der Stimme, und Smiley
antwortete: »Ich werde es Ihnen sagen.«
     
    »Wenn Rode
seine Frau ermordete, so hatte er das lange vorher geplant. Das Kunststoffcape,
die Stiefel, die Waffe, die knifflige Zeiteinteilung, Perkins' Verwendung, um
die Mappe zu Ihrem Haus zu tragen - dies sind Beweise langer Vorausplanung.
Natürlich könnte man fragen: Wenn das so ist, warum gab er sich überhaupt mit
Perkins ab - warum behielt er die Mappe nicht die ganze Zeit bei sich? Aber
lassen wir das auf sich beruhen. Betrachten wir, wie er es macht. Er geht mit
seiner Frau nach dem Dinner nach Hause, nachdem er absichtlich die Mappe
vergessen hat. Nachdem er Stella zu Haus gelassen hat, kehrt er zu Ihrem Haus
zurück, um sie abzuholen. Es war übrigens eine riskante Sache, die Mappe
zurückzulassen. Ganz abgesehen von der
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