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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)
Autoren: Unbekannt
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das Bethaus aufgegeben habe; ich konnte nicht mehr zusehen, wie sie
jeden Sonntag hinging und auf die Knie sank.« Er schüttelte den Kopf. »Es war
alles falsch. Es machte den Glauben lächerlich.«
    »Was sagte
Cardew dazu?«
    »Er sagte,
wir sollten uns nicht zu Richtern aufwerfen. Wir sollten Gott richten lassen.
Aber ich erwiderte, es wäre nicht richtig, da die Leute sie kannten und
wußten, was sie getan hatte, und dann all das Zeug in der >Stimme< lesen
würden. Sie würden es für verrückt halten. Er schien das nicht einzusehen, er
sagte nur, man solle es Gott überlassen. Aber ich kann es nicht, Mr. Smiley.«
    Wieder
sprach eine Weile niemand. Rode saß ganz still, wiegte nur leise den Kopf. Dann
fing er wieder zu sprechen an:
    »Zuerst
glaubte ich dem alten Mr. Glaston nicht. Er sagte, sie sei schlecht, aber ich
glaubte es nicht. Sie lebten damals oben auf dem Hügel, Gorse Hill, nur einen
Schritt vom Bethaus; Stella und ihr Vater. Sie schienen ihr Personal nie lange
zu behalten, daher machte sie die meiste Arbeit selbst. Ich besuchte sie
manchmal an Sonntagvormittagen nach der Kirche. Stella versorgte ihren Vater,
kochte für ihn und richtete alles, und ich fragte mich immer, wie ich jemals
den Mut aufbringen würde, bei Mr. Glaston um ihre Hand anzuhalten. Die Glastons
waren wichtige Leute in Branxome. Ich unterrichtete damals an einer öffentlichen
Schule. Sie ließen mich mit verkürzter Arbeitszeit unterrichten, während ich
mich auf mein Examen vorbereitete, und ich hatte mich entschlossen, Stella zu
bitten, mich zu heiraten, wenn ich die Prüfung bestanden hatte.
    Am
Sonntag, nachdem die Ergebnisse bekanntgegeben worden waren, ging ich nach dem
Morgengottesdienst zum Haus hinüber. Mr. Glaston öffnete selbst die Tür. Er
brachte mich sofort in sein Studierzimmer. Vom Fenster konnte man die Hälfte
der Töpfereifabriken von Poole sehen und die See dahinter. Er ließ mich Platz
nehmen und sagte: >Ich weiß, warum Sie hier sind, Stanley. Sie wollen Stella
heiraten. Aber Sie kennen sie nicht<, sagte er, >Sie kennen sie
nicht<. >Ich komme seit zwei Jahren zu Besuch, Mr. Glaston<, erwiderte
ich, >und ich glaube, ich weiß, was ich will.<
    Dann
begann er über sie zu sprechen. Ich hätte nie gedacht, daß ein Mensch je so
über das eigene Kind sprechen würde. Er sagte, sie sei schlecht - schlecht im
Herzen. Sie sei voll Tücke. Deswegen wollten keine Dienstboten auf dem Hügel
bleiben. Er erzählte mir, wie sie die Leute an der Nase herumführte, ganz
gutartig und warmherzig tat, bis sie ihr alles anvertrauten, und sie dann
beleidigte, indem sie böse, ganz böse Dinge sagte, halb wahr, halb erlogen. Er
erzählte mir noch viel mehr, und ich glaubte ihm nichts, nicht ein Wort. Ich
glaube, ich verlor den Kopf und nannte ihn einen eifersüchtigen alten Mann, der
seine Haushälterin nicht verlieren wolle, einen verlogenen, eifersüchtigen
alten Mann, der wollte, daß ihn sein Kind bis zu seinem Tode bediente. Ich
sagte, er sei schlecht, nicht Stella; und ich schrie ihn an: >Sie Lügner,
Sie Lügner. < Er schien es nicht zu hören, schüttelte nur den Kopf, und ich
rannte in die Halle und rief Stella. Sie war in der Küche gewesen, glaube ich;
jetzt kam sie, legte die Arme um mich und küßte mich.
    Wir
heirateten einen Monat später, und er war Beistand der Braut. Auf der Hochzeit
schüttelte er mir die Hand und nannte mich einen feinen Mann, und ich dachte,
was für ein Heuchler er wäre. Er gab uns Geld - mir, nicht ihr -, zweitausend
Pfund. Ich dachte, er versuchte vielleicht, die schrecklichen Dinge
wiedergutzumachen, die er gesagt hatte, und so schrieb ich ihm später, daß ich ihm
vergäbe. Er antwortete nie, und ich sah ihn danach nicht mehr oft.
    Über ein
Jahr waren wir in Branxome hinlänglich glücklich. Stella war genau das, was ich
mir von ihr gedacht hatte, sauber und einfach. Sie ging gern spazieren und
küßte mich an den Zaunübertritten; manchmal trat sie gern etwas großspurig auf,
ging in großer Toilette in den >Delphin< zum Dinner. Damals bedeutete es
mir viel, wie ich zugeben will, die richtigen Orte mit Mr. Glastons Tochter zu
besuchen. Er war Rotarier und im Stadtrat und in Branxome ziemlich
einflußreich. Sie pflegte mich damit zu necken - vor anderen Leuten noch dazu,
was mich ein wenig irritierte. Ich erinnere mich, einmal, als wir den >Delphin<
besuchten, war da ein Kellner, ein Kerl namens Johnnie Raglan. Wir waren
zusammen auf der Schule gewesen. Johnnie war ein ziemlicher
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