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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Mal wirklich fein gemacht. Wirklich fein. Wir schulden
Ihnen unsere dankbare Anerkennung.« Leclercs Gesicht glänzte, als habe er sich
gerade erst rasiert. In dem blassen Licht sah er seltsam zerbrechlich aus. »Ich
denke, ich werde mir noch eine Sendung anhören und dann nach London
zurückfahren.« Er lachte. »Wir haben einen Haufen Arbeit, wissen Sie. Es ist
nicht gerade die richtige Zeit für Ferien am Kontinent.« Johnson tat so, als
habe er ihn nicht gehört. Er hob die Hand. »Dreißig Minuten«, sagte er. »Ich
werde Sie bald um etwas Ruhe bitten müssen, meine Herren.« Er benahm sich wie
ein Zauberer auf einem Kinderfest. »Fred ist immer verteufelt pünktlich«,
bemerkte er laut.
    Leclerc
wandte sich an Avery. »Sie gehören zu den glücklichen Leuten, John, die in
Friedenszeiten eine Aktion erleben konnten.« Er schien unbedingt mit jemandem
sprechen zu müssen. »Ja. Ich bin auch sehr dankbar.«
    »Das
brauchen sie gar nicht zu sein. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet, und
das erkennen wir auch an. Von Dankbarkeit kann keine Rede sein. Sie haben etwas
erreicht, das bei unserer Tätigkeit sehr selten ist. Ich frage mich, ob Sie
wissen, was ich damit meine?«
    Avery
sagte, er wisse es nicht. »Sie haben einen Agenten dazu gebracht, daß er Sie
gern hat. Normalerweise - Adrian wird das bestätigen - wird die Beziehung
zwischen einem Agenten und seinen Führern von Mißtrauen beherrscht. Vor allem
hat er etwas gegen sie, weil sie die Arbeit nicht selbst verrichten. Er
verdächtigt sie irgendwelcher Hintergedanken, hält sie für unfähig und
verlogen. Aber wir sind nicht das Rondell, John: so etwas ist nicht unsere Art.«
    Avery nickte: »Nein, ganz richtig.«
    »Sie haben noch etwas geleistet -
Sie und Adrian. Es wäre mir sehr willkommen, wenn wir - im Falle einer
ähnlichen Notwendigkeit- in Zukunft die gleiche Technik anwenden könnten, die
gleichen Möglichkeiten, das gleiche fachmännische Geschick. Ich meine die
Avery-Haldane-Methode. Was ich sagen will, ist -« Leclerc hob die Hand und
strich sie mit einer ganz ungewöhnlichen Geste englischer Schüchternheit mit
Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken-, »daß die von Ihnen gesammelten
Erfahrungen zu unser aller Nutzen sind. Ich danke Ihnen.« Haldane ging zum
Ofen und begann seine Hände zu wärmen, indem er sie leicht aneinander rieb, als
wolle er Körner aus einer Ähre lösen. »Diese ungarische Angelegenheit«, fuhr
Leclerc fort, wobei er die Stimme hob - teils aus Begeisterung, teils aber wohl
auch, um die plötzlich entstehende Atmosphäre der Vertraulichkeit zu zerstören
- »ist eine vollständige Reorganisation. Nichts weniger. Sie ziehen ihre
Panzer an der Grenze zusammen, verstehen sie. Im Ministerium spricht man von
Angriffsstrategie. Man ist sehr interessiert daran.« Avery sagte: »Mehr als an
Mayfly?«
    »Nein, nein«, protestierte Leclerc
leichthin. »Es gehört alles zum selben Komplex. Dort denkt man in sehr großen
Zusammenhängen, wissen Sie. Hier eine Bewegung, dort eine Bewegung - es muß
alles zum Gesamtbild zusammengesetzt werden.«
    »Natürlich«, sagte Avery
zuvorkommend. »Wir selbst können das gar nicht überblicken, oder? Wir können
das Gesamtbild nicht erkennen.« Er versuchte, Leclerc die Situation zu
erleichtern. »Wir haben nicht den Überblick.«
    »Sobald
wir nach London zurückkommen«, schlug Leclerc vor, »müssen Sie mal bei mir zu
Abend essen, John. Sie und Ihre Frau, kommen Sie doch beide. Ich wollte es
schon seit langem vorschlagen. Wir werden in meinen Club gehen. Sie servieren
im Damensalon immer ein recht anständiges Essen. Es würde Ihrer Frau gefallen.«
    »Sie
erwähnten es schon einmal. Ich habe Sarah gefragt. Wir würden sehr gerne
kommen. Meine Schwiegermutter ist gerade bei uns und sie könnte auf das Kind
aufpassen.«
    »Wie gut.
Vergessen Sie es nicht.«
    »Wir
freuen uns darauf.«
    »Bin ich nicht eingeladen?« fragte
Haldane kokett. »Aber selbstverständlich, Adrian. Dann sind wir vier.
Ausgezeichnet.« Seine Stimme nahm einen anderen Ton an. »Übrigens haben sich
die Besitzer des Hauses in Oxford beschwert. Sie behaupten, wir hätten es in
schlechtem Zustand zurückgelassen.«
    »Schlechtem Zustand?« echote
Haldane ärgerlich. »Angeblich haben wir die elektrischen Leitungen überlastet.
Irgendwas scheint fast ausgebrannt zu sein. Ich sagte Woodford, er solle sich
damit befassen.«
    »Wir sollten unser eigenes Haus
haben«, sagte Avery. »Dann brauchten wir uns wegen so
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