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Carpe Somnium (German Edition)

Carpe Somnium (German Edition)

Titel: Carpe Somnium (German Edition)
Autoren: Andy Marino
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glitt an der Dachweide der alten Genfarm entlang. Seit dem Tag, an dem Len ihn die Murmel über den Rand hatte kicken lassen, war er nicht mehr hier gewesen.
    Behutsam steuerte er den Wagen über den abgewetzten Plexiglaszaun hinweg auf das Dach. Ambrose war sicher, dass Martin das Gebäude mit einem vollautomatischen Sicherheitssystem ausgestattet hatte. Bei menschlichen Wachen, und seien es noch so zuverlässige UniCorp-Mitarbeiter, bestand immer die Möglichkeit, dass einer von ihnen die Lage des Verstecks verriet. Aber auf dem Dach blieb alles ruhig, während er das Auto neben der zentralen Bewässerungskammer abstellte. Die in der Nähe grasenden Kühe zuckten angesichts des Eindringlings nicht einmal mit der Wimper.
    Er sprang aus dem Wagen und landete auf dem federnden Boden. Das Gebäude hatte mehr als hundert Stockwerke, und Martins leibhaftiger Körper konnte praktisch überall sein. Als Erstes musste er sich Zutritt zu den Innenräumen verschaffen. Ambrose schlenderte prüfend um die Bewässerungskammer herum, die jedoch aus einem nahtlosen Metallzylinder bestand. Er überlegte, ob er mit dem Sicherheitswagen ein Loch hineinfahren könnte.
    Als er zu seinem Parkplatz zurückkam, standen zwei braun-weiß gefleckte Kühe kaum zwei Meter vom Wagen entfernt und grasten. Ambrose fragte sich beiläufig, wieso die Viecher um diese Zeit noch weideten. Ob sie nachtaktiv waren? Er wusste nicht allzu viel über das Verhalten von Synth-Kühen. Und jetzt kamen ihm allmählich Bedenken wegen der Idee, die Bewässerungskammer zu rammen.
    Eine der Kühe hörte auf zu grasen und hob ihren schläfrigen Blick, um Ambrose zu mustern.
    »Gutes Mädchen«, sagte Ambrose.
    Die Kuh öffnete ihr Maul. Ein Büschel Gras trudelte heraus. In ihrem Rachen blinkte plötzlich ein grelles orangerotes Licht. Als sich der Impuls des Disruptors entlud, hatte Ambrose sich schon auf den weichen Boden geworfen. Der erste Schuss brannte ein gezacktes Loch in die Wand der Bewässerungskammer. Ambrose richtete sich halb auf, blieb aber tief geduckt. Der zweite Schuss versengte das Gras genau an der Stelle, wo vor einem Sekundenbruchteil noch sein Gesicht gewesen war. Mit zwei Riesensätzen hechtete er auf den Zylinder zu und warf sich durch das Loch. Sein Arm streifte den weiß glühenden Rand, als er seinen Körper zu einem ungelenken Kopfsprung verdrehte.
    Die Frage, wie weit er wohl fallen und wie es sich anfühlen würde zu landen, schoss ihm durch den Sinn. Dann betäubte der Schock eiskalten Wassers schlagartig den brennenden Schmerz in seinem Arm. Er tauchte tief unter. Am Rand seines Blickfelds flirrte ein trüber Lichtschein. Er schwamm darauf zu, tief in die Kammer hinunter. Das Licht drang aus einem runden Fenster so groß wie sein Kopf, das sich in der Mitte einer wasserdichten Tür befand. Er sah die Verriegelung. Rüttelte daran. Nichts. Ihm wurde schwindlig. Wenn er zum Luftholen auftauchte, schaffte er es anschließend womöglich nicht mehr so weit hinunter. Er säße in der Falle, würde einfach im dunklen Wasser treiben, bis sein Körper vor schierer Erschöpfung unterging.
    Er sammelte all seine verbliebenen Kräfte.
    Ich bin nicht menschlich. Ich wurde erschaffen, um unmögliche Dinge zu tun.
    Er stemmte seine Füße gegen die Wand der Kammer und zerrte an der Verriegelung. Mit einem lautlosen Knall riss etwas in seiner Schulter. Der Schmerz war fern und unbedeutend. Er schloss die Augen und zerrte mit aller Macht. Der Riegel gab nach. Er schoss durch die Tür, überschlug sich, prustete. Halb schwimmend, halb kriechend trieb die Sturzwelle ihn vor sich her, bis er planschend auf die Füße kam. Der Raum, in dem er sich befand, war leer und höhlenartig. Immer weiter strömte das Wasser in einer gebogenen gischtweißen Fontäne aus der Tür der Kammer. Es füllte allmählich den Raum, stand bereits mehr als knöchelhoch. Ambrose schnappte gierig nach Luft und schaute sich um.
    Ein Netz aus Rohrleitungen an der Decke schien dafür gedacht zu sein, Wasser aus der Kammer abzuleiten. Er platschte unter den Rohren entlang, folgte ihrem parallelen Verlauf durch einen schmalen Korridor. Um einen User permanent eingebettet halten zu können, musste die Apparatur für die leibhaftige Stasis ununterbrochen gekühlt und das System ständig hydratisiert werden. Die Genfarm war bereits für eine umfangreiche Bewässerung ausgerüstet. Sie war der perfekte Ort. Martin hatte vermutlich das ganze Gebäude gekauft.
    Die Leitungen führten ihn
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