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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3
Autoren: Marion Chesney
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ernsthaft hinzu, falls der Vikar etwa vorhaben
sollte, sie darum zu bitten.
    »Sie sind
also dazu bereit?« fragte der Vikar, nachdem er sich darüber klargeworden war,
daß Lady Godolphin nicht historisch, sondern hysterisch meinte. »Sie wollen
Carina aufnehmen und diese musikalische Soiree veranstalten?«
    »Ja,
vorausgesetzt, daß Sie mir die Kosten erstatten, sobald Sie können«, betonte
Lady Godolphin. »Sie sehen immer noch bekümmert aus. Was ist los?«
    »Ihre
Haare«, antwortete der Vikar düster. »Sie wird sie färben müssen. Desire kann
rote Haare nicht ausstehen.«
    »Es ist
nicht nötig, es zu färben«, sagte Lady Godolphin. »Sie kann eine Perücke
tragen. Ich mache das immer.«
    Sie
tätschelte ihre flachsblonde Perücke mit innigem Behagen. Genau wie der Vikar
übertünchte sie die Spuren der Jahre mit einer Unmenge Schminke.
    Lady
Godolphin war Ende Fünfzig, rundlich, mit einem Bulldoggengesicht unter einer
Schicht aus weißem Puder und Rouge.
    »Kluge
junge Damen mag er auch nicht«, fuhr der Vikar fort.
    »Carina ist
eine kleine Plaudertasche«, entgegnete Lady Godolphin. »Ich verstehe nicht die
Hälfte von dem, was sie sagt. Als sie das letztemal hier war, sprach sie
dauernd über Bacon, und ichdachte, sie
meinte Speck, aber es stellte sich heraus, daß sie über irgendeinen
elisabethanischen Schwerenöter sprach.«
    Der Vikar
erinnerte sich seines Auftrags. »Ich traf Colonel Brian heute nachmittag bei
White's«, bemerkte er beiläufig. »Er läßt Sie herzlich grüßen. Er hat gesagt,
›Arthur grüßt herzlich.‹«
    »Ach,
wirklich?« sagte Lady Godolphin obenhin. »Das Problem bei Arthur ist, daß er zu
alt für mich ist.«
    »Oh«,
machte der Vikar, in der Hoffnung, daß noch mehr komme.
    Aber Lady
Godolphin kehrte zum Thema Carina zurück. »Carina war immer ein bißchen ein
wildes Ding, sie und Daphne. Ist Daphne immer noch so ein Wildfang?«
    »Nein, sie
ist sehr eitel geworden. Schaut immerzu in den Spiegel und tut nichts anderes.«
    »Aha, sie
ist narkotisch«, erwiderte Lady Godolphin und nickte weise mit ihrem großen
Kopf.
    »Sie ist
was?«
    »Narkotisch.
Also wirklich, Charles, hat man Ihnen in Oxford nichts beigebracht? Das war
doch dieser Grieche, der so schön war, daß er nicht einmal mit Echos etwas zu
tun haben wollte, und er hat sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, als er
sich im Wasser eines Teiches sah, und weil er sein Spiegelbild nicht heiraten
konnte, verging er vor Gram und wurde narkotisch. Sie wissen doch, wie diese
gelbweiße Frühlingsblume.«
    »Ich habe
auch nichts mit Echos zu tun«, sagte der Vikar ganz verwirrt.
    »Ach, Sie
sind doch zu dumm, das war doch eine Frau.«
    »Das ist
alles Heidenkram«, sagte der Vikar rechtschaffen. »Und was hat es den Griechen
genützt? Wo sind sie jetzt? Hmm? Sie schuften für einen Haufen Türken.«
    »Sei dem,
wie es wolle«, sagte Lady Godolphin bestimmt, »Sie bringen Carina zu mir, und
ich werde sie in Null Komma nichts unter die Haube gebracht haben. Aber nun
stellen Sie sich vor, was –«
    Da ging die
Tür auf, und Lady Godolphin brach ab, lächelte albern wie ein Backfisch und
spielte mit ihrem Fächer herum.
    Ein junger
Mann trat ein. Er war mager und linkisch, aber nach der allerneuesten Mode
gekleidet, vom ondulierten und pomadisierten Haar bis zu den Stiefeln mit
hohen Absätzen und festen Sporen. Er hatte einen eigenartig wiegenden Gang, wie
alle, die feste Sporen tragen. Er duftete noch stärker nach Parfum als der
Vikar, und dessen Moschus ging eine innige Verbindung mit der Duftnote »Jugend
im Frühling« ein. Es war, als hätten sich zwei dicke Nebelbänke vermischt, die
alle anderen Düfte auf der Welt verschluckten.
    »Mein ...
hm ... Freund, Mr. Anstey«, lächelte Lady Godolphin ganz schrecklich albern.
    Der Vikar
verabschiedete sich, sobald er konnte. »Armer Colonel Brian«, dachte er. »Also
das ist der Grund.«
    Der Vikar,
der Mann Gottes, sagte sich, daß er seine Tochter vielleicht nicht in einen
solchen Haushalt bringen sollte. Aber der Jäger in ihm träumte von einer Meute,
die alle anderen übertraf; er roch den modrigen Farn an feuchten Novembertagen,
wenn der Wind von Osten bläst, und er sah seine Hunde »so eng beisammen, daß
man sie mit einem Tischtuch verdecken könnte«. Der Jäger trug den Sieg davon.
    Der
Vikar hatte
durchaus erwartet, daß Carina die Neuigkeit von ihrem bevorstehenden Besuch in
London und die glühende Schilderung der hervorragenden Eigenschaften
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