Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3
Autoren: Marion Chesney
Vom Netzwerk:
Sie betete lange und
fieberhaft, während ein Eichhörnchenpärchen über ihrem Kopf lärmte und ein
neugieriges Kaninchen sie mit unbeweglichen Augen anstarrte.
    Und dann,
auf einmal, sprach Gott zu ihr. Sie hörte eine Stimme in ihrem Inneren, die ihr
genau sagte, was sie zu tun hatte.
    Sie mußte
ins Pfarrhaus zurückkehren und sich bei ihrem Vater entschuldigen und sagen,
sie wolle mit ihm nach London gehen. Wenn sie dort war, mußte sie dafür sorgen,
daß sie diesem Lord Harry Desire so sehr mißfiel, daß er sie nie wieder sehen
wollte. Wenn sie dann in Ungnade, aber geachtet, nach Hopeworth zurüccgekehrt
war, würde sie Guy ausfindig machen und ihn bitten, mit ihr durchzubrennen.
    Eine tiefe
Ruhe überkam Carina. Es ist wirklich erstaunlich, wie der Allmächtige zuzeiten
den Leuten sagen kann, daß sie genau das tun sollen, was sie ohnehin tun
wollten. Nur sehr fromme Leute bringen es fertig, irgendwie zurechtzukommen,
ohne daß sie Stimmen oder das Flügelschlagen von Engeln hören.
    Carina war
in gehobener Stimmung und fühlte sich edelmütig, als sie schließlich ihre Röcke
nach unten strich und sich auf den Heimweg machte.
    Der Vikar
war seinerseits beschämt über seinen Zornesausbruch. Nachdem er sich mit Hilfe
mehrerer Gläser Punsch in den ›Sechs fröhlichen Bettlern‹ beruhigt hatte,
hatte er beschlossen, nach Hause zu gehen und dort auf Carina zu warten. Wenn
sie zurückkam, würde er ihr ganz ruhig befehlen, die Koffer zu packen. Seine
kühle Würde würde ihr sicherlich Respekt einflößen.
    Aber zu
seiner Erleichterung – denn das ruhige und würdige Bild von sich selbst begann
schon wieder zu verblassen, als er das Pfarrhaus erreichte – wartete Carina
bereits auf ihn, um ihn ganz reizend um Verzeihung zu bitten.
    Angesichts
des Vergnügens, seinen Kopf so leicht durchsetzen zu können, ließ der Vikar
seine sonstige Gerissenheit ganz außer acht.
    Diana und
Frederica nahmen die Nachricht von Carinas bevorstehender Reise nach London
mit der Gelassenheit von zwei kleinen Mädchen auf, die es gewohnt waren, daß
ihre großen Schwestern Abstecher in die weite Welt machen. Beide besuchten immer
noch das Seminar in Hopeminster. Die Pläne des Vikars, eine Gouvernante zu
engagieren, waren nie in die Tat umgesetzt worden. Einzig Daphne schien aus
ihrer narzißtischen Versunkenheit aufgeschreckt zu sein und begann eine lange
Einkaufsliste für Carina zu schreiben, die die Namen sämtlicher in London
aufzutreibenden Schönheitsmittel enthielt.
    Von
etlichen Gläsern Portwein besänftigt, lehnte sich der Vikar nach dem Abendessen
in seinem Stuhl zurück und betrachtete seine Familie wohlgefällig.
    Er ertappte
Carina, wie sie ihn mit grün funkelnden Augen ansah, ein Blick, den er von
Tieren kannte, die in der Falle saßen. Aber sobald sie seinen plötzlich
aufmerksamen Gesichtsausdruck bemerkte, schlug sie die Augen demütig nieder
und bot das überzeugende Bild einer gehorsamen Tochter.
    Carina
hatte das Gefühl, ihren Vater das erste Mal zu sehen. Ihr unbestechliches Auge
nahm das Peinliche seines zu engen Rockes, seines geröteten Gesichts und seines
knarrenden Korsetts wahr. Ihre ätzende Verachtung war Labsal für ihre wunde
Seele. Ein solcher Vater verdiente, betrogen zu werden. Und ihre Mutter war
noch nie irgendeine Hilfe gewesen – eingekapselt, wie sie war, in ihre
verschiedenen Wehwehchen und Unpäßlichkeiten.
    Ganz
plötzlich wurde ihr bewußt, daß er über Guy sprach. »Ich habe gehört, daß der
junge Wentwater wieder da ist«, sagte der Vikar. »Komische Sache mit den
Wentwaters. Lady Wentwater kam vor bald zwanzig Jahren hierher. Keiner hat je
etwas von einem Lord Wentwater gehört, und sie steht auch nicht im
Adelsregister. Ich habe sie immer wieder über ihren verstorbenen Gatten
befragt, aber sie hat sich taub gestellt. Was soll's, sie ist eine harmlose
alte Dame. Schade, daß man das von ihrem Neffen nicht behaupten kann.«
    »Kaum,
Papa«, ließ sich Carina mit süßer Stimme vernehmen. »Da niemand, der seine fünf
Sinne beisammen hat, Mr. Wentwater als alte Dame bezeichnen würde.«
    Der Pfarrer
schaute sie scharf an, aber sie hatte ihre Augen bereits wieder
niedergeschlagen.
    »Nun gut«,
sagte er, »So lange er hier nicht herumschnüffelt wie ein Fuchs auf der Suche
nach Hühnern. Wie konnte Bella nur so dumm sein, diesen Mann auch nur
anzuschauen ...«
    »Wir alle
haben ihn für gut genug befunden«, führte Mrs. Armitage matt an, »bis er uns
erzählte, was für einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher