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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3
Autoren: Marion Chesney
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Colonel hatte die Sache in Ordnung gebracht,
indem er um ihre Hand anhielt. Er wurde erhört. Während des nächsten Monats
sprach Lady Godolphin von nichts anderem als von der Vorbereitung ihres Torso,
was sie für ein französisches Wort für Aussteuer hielt – und dann verlief ganz
plötzlich alles im Sande. Es wurde geklatscht, daß der Colonel ihr den Laufpaß
gegeben habe. Aber niemand konnte herausfinden, wie es wirklich gewesen war, da
sich beide Seiten weigerten, sich über die Angelegenheit zu äußern.
    »Ich muß
schon sagen, Colonel«, begann der Vikar lebhaft, »ich habe Sie schon eine
Ewigkeit nicht mehr gesehen. Ihnen scheint es ja nicht gerade prächtig zu
gehen.« Denn der Colonel sah äußerst niedergedrückt aus.
    Brian
schaute den geschminkten und herausgeputzten Vikar aufmerksam an, und dann
hellte sich sein Gesicht auf. »Charles Armitage!« rief er aus. »Ich hätte Sie
beinahe nicht erkannt.«
    »Natürlich
nicht«, sagte der Vikar eitel. »Ich bin ja auch modisch geworden.«
    »Gewiß«,
erwiderte der Colonel unsicher, dabei trat er einen Schritt zurück, um dem
überwältigenden Moschusduft, der Mr. Armitage wie eine große gelbe Wolke
umhüllte, zu entrinnen. »Wie geht es Ihren Töchtern? Gut, nehme ich an?«
    »Minerva
und Annabelle sind in Paris.«
    »Alle, die
zur Gesellschaft gehören, scheinen in Paris zu sein«, seufzte der Colonel. »Die
Stadt ist bemerkenswert leer. Es wird eine langweilige kleine Saison werden.«
    »Ich habe
vor, später bei Lady Godolphin vorbeizuschauen«, warf der Vikar leichthin ein.
»Haben Sie Lust, mich zu begleiten?«
    Der Colonel
schüttelte traurig den Kopf und blickte zu Boden.
    Der Vikar
brannte darauf, ihn nach dem Grund seines Zerwürfnisses mit Lady Godolphin zu
fragen. Aber der Gedanke an den wahren Grund für seinen Besuch im Club
bewirkte, daß er die Frage, die ihm schon auf der Zunge lag, fallenließ und
statt dessen fragte: »Kennen Sie Harry Desire?«
    »Flüchtig.
Gerade habe ich ihn gesehen.«
    »Ich möchte
gerne, daß Sie mich ihm vorstellen«, sagte der Vikar. »Ich muß etwas ganz
Persönliches mit ihm besprechen.«
    »Sehr
wohl«, sagte Colonel Brian. »Er ist in der Kaffeestube. Wenn Sie mir vielleicht
Ihrerseits einen kleinen Gefallen tun würden ...?«
    »Aber
selbstverständlich.«
    »Wenn Sie
Lady Godolphin besuchen, dann sagen Sie ihr, Arthur läßt sie ganz herzlich
grüßen. Nein. Fragen Sie mich nichts.«
    »›Arthur
läßt ganz herzlich grüßen‹«, wiederholte der Vikar ungeduldig. »Aber führen
Sie mich jetzt zu Desire.«
    Lord Harry
Desire saß hinter einer Zeitung verborgen in der Kaffeestube. Er schaute auf,
als der Colonel hinter ihm stand und sich räusperte. Colonel Brian stellte den
Vikar vor und verabschiedete sich.
    Der Vikar
setzte sich Lord Harry gegenüber und musterte ihn angelegentlich.
    Lord Harry
starrte zurück; sein Blick war leer, blau und matt. Er war nicht ganz der
modische, aufgeputzte Geck, den der Vikar erwartet hatte. Das erste, was ihm
auffiel, war die unglaubliche Schönheit des Mannes. Lord Harry hatte dichtes,
schwarzes, glänzendes Haar, das ihm nach Künstlermanier gewollt lässig in die
breite weiße Stirn fiel. Seine blauen Augen waren klar und unschuldig wie
Kinderaugen. Die Lider waren geschwungen, und das ver lieh ihm den trägen
sinnlichen Ausdruck gewisser klassischer Statuen. Seine Mundpartie war
entschlossen, aber insgesamt wirkte er doch etwas verweichlicht, was der
mädchenhaften Reinheit seiner Haut und seiner schlanken Statur zuzuschreiben
war.
    Seine
Kleider waren kunstvoll geschneidert; der Vikar stellte das mit einem
schmerzlichen Gefühl des Neides fest. Sein flaschengrüner Rock saß wie
angegossen, und seine lederfarbenen Hosen sahen aus, als wären sie auf seine
Beine gemalt. Seine Stiefel glänzten wie schwarzes Glas. Seine Halskrause
entquoll seiner gestreiften Weste in raffiniert gelegte Falten.
    »Sie sind
jünger, als ich dachte«, sagte der Vikar unvermittelt. »Ich bin bemerkenswert
gut erhalten für meine dreißig Jahre«, entgegnete Lord Harry ernsthaft.
    »Jawohl,
das stimmt«, erwiderte der Vikar.
    Es folgte
wieder langes Schweigen. Draußen verhunzte jemand Mozart auf einer Drehorgel.
    »Tja, ja«,
machte der Vikar und rieb sich die plumpen Hände. »Schau an, schau an.«
    Lord Harry
blickte ihn immer noch höflich lächelnd an.
    »Sie müssen
sich fragen, was ich mit Ihnen besprechen möchte«, sagte der Vikar verzweifelt.
    »O nein«,
antwortete Lord
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