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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3
Autoren: Marion Chesney
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alsder
Bischof. Immerzu predigen und moralisieren und streiten. Ich gehe!«
    »Wenn
unsere Freundschaft dir so wenig bedeutet, daß du nicht einmal gutgemeinte
Kritik vertragen kannst ...«
    »Pah!«
machte der Vikar, stand auf, nahm seinen dampfenden Hut und drückte ihn sich
auf den Kopf.
    »Laß uns
nicht im Zorn auseinandergehen«, bat der Squire. »Bleib zum Abendessen, ich
bitte dich, und laß uns die Sache bereden.«
    »›Es ist
besser ein Gericht Kraut mit Liebe, denn ein gemästeter Ochse mit Haß.‹ Sprüche Salomos, 15, Vers 17.«
    »Oh,
Charles ...«, begann der Squire, aber der Vikar war schon verschwunden.
    Der Ritt
durch die Nacht trug wenig dazu bei, die Laune von Hochwürden Charles Armitage
zu heben. Das sorgenvolle, vorwurfsvolle Gesicht seines Freundes tauchte immer
wieder vor ihm auf, als er seinem Pferd die Sporen gab, um schneller zum
Pfarrhaus zu gelangen. Er hatte sich während der vergangenen zwei Jahre als ein
neuer Mensch gefühlt. Als ein wichtiger Mann. Einer aus der Oberschicht. Dank
der ausgezeichneten Partien seiner Töchter war er in den ersten Häusern zu
Gast.
    Er fühlte
sich, als hätte er seine Jugend zurückgewonnen. Und wenn ihn auch sein Korsett
kniff und die Farbe auf seinem Gesicht juckte, so waren das unbedeutende
Nadelstiche, verglichen mit der tiefen Befriedigung, die es ihm gewährte, zu
den Blaublütigen zu gehören.
    Er stapfte
in die enge, dunkle Eingangshalle des Pfarrhauses, wo ihn der Anblick seiner
Tochter Daphne ruckartig zum Stehen brachte. Sie stand vor dem Spiegel und
schaute ihr Spiegelbild mit einem verzückten Gesichtsausdruck an.
    »Geh in
dein Zimmer, Miss«, schnauzte der Vikar sie an, »und hör auf, dich immerzu zu bewundern.
Und schick Carina in mein Studierzimmer.«
    Daphne
lehnte sich noch näher zum Spiegel hin und zupfte ein glänzend schwarzes
Haarlöckchen zurecht.
    »Ja, Papa«,
sagte sie unbestimmt, während sie zur Treppe entschwebte.
    »Ach Gott!«
stöhnte der Vikar. Er streckte seinen Kopf durch die Wohnzimmertür. Seine Frau
lag auf einem Sofa. Sie hob ihm ein Gesicht mit einer braunen Maske entgegen.
    »Um Himmels
willen!« schrie der Vikar auf. »Was ...?«
    »Es ist
Fangoschlamm«, sagte seine Frau, wobei sie ihre Lippen so wenig wie möglich
bewegte. »Es soll sehr gut tun.«
    »Ach was!«
schnaubte der Vikar, die Türe zuschlagend, und durchquerte die Diele in
Richtung seiner Studierstube. Wenn Mrs. Armitage nicht gerade an irgendeiner
eingebildeten Krankheit litt, war sie immerfort damit beschäftigt,
Schönheitsmittelchen auszuprobieren. Er klingelte nach Betty, dem Hausmädchen,
und verlangte eine Flasche weißen Brandy und einen Krug heißes Wasser. Das
Mädchen wollte das Feuer anzünden, aber er knurrte, er wolle es selbst machen.
Sobald der Brandy da war, füllte er großzügig einen Zinnbecher und goß mit
heißem Wasser auf. Dann schüttete er auch über die Holzspäne im Kamin Brandy
und zündete sie an. Das Feuer loderte erfreulich schnell hoch und versengte ihm
fast die Augenbrauen. Er warf ein anständiges Scheit hinein und ließ sich dann
hinter seinem unordentlichen Schreibtisch nieder.
    Die Tür
öffnete sich, und Miss Carina Armitage trat ein. Der Vikar blickte sie an,
seufzte und schaute schnell wieder weg. Jedermann nannte Carina eine
Schönheit, aber ihr Vater dachte immer, und es war ihm unbehaglich dabei, daß
seine Tochter ihn an einen Fuchs erinnerte.
    Sie hatte
dichtes, glänzend rotes Haar und grüne Augen, nicht das Smaragdgrün Sylvesters,
sondern ein eigenartiges Jadegrün wie meerwasserfarbenes Glas. Die Augen waren
leicht schräg. Zusammen mit ihrer kurzen geraden Nase, den hohen Backenknochen
und dem spitzen Kinn verliehen sie ihr ein elfenhaftes Aussehen. Sie hatte
einen kleinen, hohen, festen Busen, eine schmale Taille und feine, zerbrechlich
wirkende Gelenke. Aber es schien immer, als ob irgendein geheimer Spaß Carina
amüsierte, und das ließ den Vikar an einen Fuchs denken. Gelegentlich hielt er
sie für schlau und verschlagen.
    die
Ländereien selbst in die Hand nahm, womit er ihm schon das letzte Mal gedroht
hatte. Überdies erachtete Lord Sylvester die private Jagd des Vikars als eine
übertriebene Geldverschwendung.
    »Ich wollte
dir nur sagen, daß ich morgen früh in die Hauptstadt fahre«, sagte er mürrisch.
»Sei also ein braves Mädchen und paß auf deine Mutter und deine Schwestern gut
auf.«
    »O Papa«,
rief Carina aus, und ihre seltsamen Augen glänzten im Schein des Feuers,
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