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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe
Autoren: Maya Trélov
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Er zersplitterte und fiel zu Boden. Wo seine Äste zerbrachen, wurde Marmons Thronsaal sichtbar. Wie ein Riss in der Wirklichkeit schien das bläuliche Licht in den falschen Wald hinein.
    Die Illusion um mich herum flackerte und zerfiel. Ich war zurück im Thronsaal. Vor mir auf dem Boden lag eine zerschlagene Glaskugel.
    „Schande über dich!“, donnerte Marmon.
    Schwer atmend sah ich auf. In seinen Augen loderte die Wut. „Du kannst nur zerstören, Cara.“ Er spuckte das Wort förmlich aus. „Du trägst deinen Namen nicht zu recht. Das heilige Licht? Pah!“ Er lachte höhnisch. „Ich nenne dich die Zerstörerin. Ich nenne dich –“
    Erneutes Klirren brachte ihn zum Verstummen. Zufrieden zog ich mein Schwert zurück. Glaskugeln zu zerschlagen machte mir mehr und mehr Freude.
    „Hör auf zu jammern, alter Mann“, schleuderte ich ihm entgegen, packte eine weitere Kugel und schmetterte sie zu Boden. „Du hast all das nur getan, um … um gut unterhalten zu werden! All das Unheil, das deine verdammten Priester und Lichtträger im Land anrichten, ist dir vollkommen egal! Deine verdammten Diener haben meinen Vater verbrannt. Wusstest du das?“
    Marmon lächelte kalt und endlich sah ich ein Bruchstück des Schreckens, der mir im falschen Wald begegnet war, in seinen Zügen durchscheinen. Eine weitere Glaskugel zersplitterte und endlich, endlich legte er seine Masken ab und zeigte mir sein wahres Gesicht.
    „Es amüsiert mich“, sagte er kalt lächelnd, „wenn sie kriechen, und noch mehr, wenn sie kämpfen. Doch am liebsten sehe ich es, wenn sie brennen.“
    Etwas in meinem Inneren riss. Es war wie eine Leine, die mich bisher davon abgehalten hatte, dem alten Mann vor mir das Schwert ohne Skrupel in den Leib zu jagen. Mit seinen Worten hatte er mich entfesselt und von meinen letzten Zweifeln befreit.
    Er musste die Veränderung in meinem Gesicht gelesen haben, denn plötzlich hielt er inne und starrte mich an. „Mein Sohn ist hier“, flüsterte er. „Kämpft noch immer tapfer, unten im Saal.“
    Und dann tat er etwas, das mich endgültig und vollkommen irritierte. Er fiel auf ein Knie, kreuzte die Arme darüber und senkte den Kopf. „Cara“, sprach er zum Boden. „Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet.“
    Entgeistert stolperte ich einen Schritt rückwärts. „Was soll das?“
    Marmon erhob sich, nahm eine matte Glaskugel in seine Hände, brachte sie zu mir und hielt sie vor mein Gesicht. Ich war zu perplex, um ihm zu entgehen.
    „Du hast mir meinen Sohn zurückgebracht, wie ich es mir erhofft hatte. Ohne deine Hilfe wäre er niemals zurückgekehrt. Das ist der Grund, aus dem ich dich und den Dämon gehen ließ.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was interessieren mich die Prophezeiungen der Dämonen. Das Einzige, was mich kümmert, ist Lurian. Ich bin dir zu Dank verpflichtet und deshalb biete ich dir einen Blick in diese Glaskugel. Bitte, sieh hinein.“
    „W-was ist mit der Prophezeiung?“, stotterte ich.
    Marmon winkte ab. „Es gibt keine Zukunft, Mädchen. Nur die Gegenwart, und über die bestimme ich.“ Er hielt mir die Glaskugel unter die Nase. Im Gegensatz zu den anderen herrschte in ihr die Finsternis. „Sieh dir an, was dein Dämon treibt.“
    Mir blieb die Luft weg. „Was hast du getan?“
    Marmon lachte. „Noch gar nichts. Nun komm doch, schau.“
    Vorsichtig trat ich näher. Mehr als alles andere erwartete ich eine Falle, doch wenn Marmon tatsächlich etwas von Arun wusste oder ihn gar in seiner Gewalt hatte, musste ich es mir ansehen.
    Die Glaskugel lag wie geballte Dunkelheit in Marmons Krallenhand. Ich schaute in sein Gesicht, sah die eingefrorenen Zeichen des Alters, die roten Äderchen auf seiner Nase, die buschigen weißen Brauen und den Blick seiner Augen. Er schaute mich an wie ein kleiner Junge, der etwas ausgeheckt hatte und nun Lob für seine Schläue anstelle von Schelte erwartete. Eifrig nickte er auf die Kugel. Ich senkte den Blick – und erstarrte.
    Dort im Glas kauerte Arun. Blutend und elend. Ohne zu überlegen, riss ich Marmon die Glaskugel aus der Hand und hielt sie vor mein Gesicht. Er war es. Schwach beschienen vom grauen Licht des nahenden Tages.
    Immer wieder versuchte Arun sich aufzurappeln, stolperte ein paar Schritte in gebückter Haltung an der Wand entlang, bis er wieder zusammenbrach und die Tortur von neuem begann. Warum war er nicht geheilt? Wo war die Schwanenfeder? Weshalb hatte er sie nicht benutzt?
    Ich war drauf und dran, die
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