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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe
Autoren: Maya Trélov
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Schmerz in meinem Kopf, harter, feuchter Fels unter meiner Wange. Jeder Atemzug fühlte sich an, als hätte ich Scherben in der Lunge. Ich schluckte, zuckte vor Schmerz zusammen und zwang mich, die Augen zu öffnen.
    Flinke Sonnenstrahlen strichen zärtlich über meine Finger. Wo sie meine Haut berührten, glühte sie in mildem Glanz auf. Ich stöhnte, schloss die Augen, fasste mir an den Kopf und setzte mich auf. Beißender Wind schlug mir entgegen und ließ die Fetzen meiner Kleidung im Wind flattern. Schwerfällig hob ich eine Hand vor meine Augen und sah mich blinzelnd um.
    Ich befand mich auf der Spitze eines Berges, der so hoch war, dass die Wolken unter mir wie ein unendliches Meer wirkten. Jenseits dieses samtigen Ozeanes erhob sich die Sonne. Ihre Strahlen tauchten die Wolkenrücken in glühende Farben. Wie war ich hierhergekommen? Wo war das Schwert? Wo war Arun? Das Letzte, woran ich mich erinnerte, waren Marmons rollender Kopf und die Flut von weißem Licht, die mich eingehüllt hatte.
    Mein Blick fiel auf die Hand vor meinem Gesicht. Tiefe Schnitte zogen sich über meine Haut, gelbliches Blut tropfte auf den Stein darunter. Ich starrte darauf und verstand nichts.
    Ein Geräusch in meinem Rücken ließ mich herumfahren. Lurian. Seine Augen leuchteten in mildem Braun und er war von einem orange-rötlichen Schein umgeben, der sich wie ein warmes Tuch über meine Seele legte und mich alle Sorgen und Schmerzen vergessen ließ. Sein Lächeln war sanft und freundlich, wie die aufgehende Sonne.
    Wäre seine Kleidung nicht von Ruß und Blut verschmiert, ich hätte nicht glauben können, dass er zu so etwas wie Gewalt fähig war. Dennoch, ich konnte nicht besser aussehen.
    „Cara“, sagte er lächelnd. „Das heilige Licht. Ich wusste, dass du mich erlösen würdest.“ Er kam näher, fiel vor mir auf die Knie und streckte eine Hand nach mir aus. „Du bist mir versprochen. Es ist uns bestimmt, gemeinsam über alle Lichtträger zu herrschen.“
    Von allen Momenten wählte ich diesen, um in Ohnmacht zu fallen.
    Als ich wieder zu mir kam, kniete Lurian noch immer neben mir und schaute besorgt auf mich herab. Seine Finger tasteten vorsichtig über mein Gesicht. „Cara?“, flüsterte er.
    Ich schloss die Augen, schluckte. „Bring mich zu Arun.“
    Ich hörte ihn seufzen und schlug die Augen wieder auf. Schlecht verhüllter Schmerz stand in Lurians Gesicht geschrieben und eine Trauer, die mich anrührte, als sei es meine eigene. Auch er war zu erschöpft, um seine Maske aufrechtzuerhalten.
    Der Engel senkte den Blick. „Es tut mir leid“, sagte er kaum hörbar.
    Schwerfällig stemmte ich mich in die Höhe. „Was ist es?“, fragte ich alarmiert. „Lurian. Was tut dir leid?“
    Er sah auf. „Der Dämon. Er ist ein Wesen der Nacht. Aber du, Cara, du bist das heilige Licht. Du kannst nicht mit ihm zusammen sein. Niemals.“
    Seine Worte trafen auf einen hohlen Raum in meinem Kopf und sanken dort nieder in einer Wolke aus Staub und Schmutz. Aufgenommen, doch unverstanden.
    „Was?“, hörte ich mich flüstern. „Warum sagst du so etwas?“
    Lurian hatte sichtliche Mühe, meinem Blick standzuhalten. „Es würde ihn umbringen, wenn du ihn berührst“, sagte er leise. „Dein Blut ist nun das eines … Engels.“
    Er hatte Lichtträger sagen wollen. Lichtträger! Die Welt um mich bröckelte und wankte.
    „Aber … ich liebe ihn.“
    Es war, als würde diese Wahrheit meinen Mund verlassen und auf ewig ungehört in der Welt verklingen. Der Verlust und der Schmerz darüber kamen über mich und drückten mich zu Boden, bis ich nicht mehr atmen konnte. Warum hatte ich sie jetzt ausgesprochen? Warum hatte ich es nicht zu Arun gesagt, sondern in diesem Moment, zu einem Engel, auf dem Gipfel eines Berges, den ich zum Einsturz hatte bringen wollen?
    Alle Kraft verließ mich. Ich schloss die Augen, sah Dunkelheit und wollte meine Lider nie wieder heben. Am Rande meines Bewusstseins nahm ich wahr, wie Lurian mich auf seine Arme hob, doch auch das war nicht von Bedeutung. Nichts war mehr von Bedeutung.

Kapitel 21
    Es ist Winter, doch ich sehe keinen Schnee. Ein Fenster, hoch über gezackten Bergkämmen und Nebelbänken, die in der Dunkelheit der Nacht versinken. Keine Sonne, kein Stern blitzt durch die dichte Wolkenschicht darüber, nicht ein einziger Mondstrahl schafft es hindurch. Als gäbe es hinter dem Nebel keine Welt.
    Eisiger Wind fährt mir ins Gesicht und lähmt meine Gedanken. Meine Lippen sind bereits so taub,
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