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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale
Autoren: Kathrin Corda
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Junge im Teenageralter in einem bunt
gestreiften Hemd und winkt die anfahrenden Autos in die Richtung, wo er noch
freie Parkplätze vermutet.
    » Salve, Antonio«, Aldo kurbelt das
Seitenfenster herunter, » come stai? Wie geht’s?«
    »Aldo!«, schreit Antonio begeistert und schiebt den Kopf durchs
offene Fenster, um meinen Vermieter rechts und links auf die Wange zu küssen.
»Fahrt direkt durch bis zum Zelt, da haben wir drei Parkplätze für Ehrengäste.«
    Aldo tuckert mit seinem Fiat an den Hunderten von parkenden Autos
vorbei und kommt wenige Meter vor dem Haupteingang auf einem der
Ehrenparkplätze zum Stehen. Wir steigen aus.
    »Ehh! «, ruft eine verärgerte Stimme aus
dem Off und ein dicklicher, kleiner Mann kommt hektisch auf uns zugelaufen.
»Hier können sie nicht par … Ah, Aldooo!«, jubelt er dann los. »Wie schön, dich
hier zu sehen. Benvenuto! Wen hast du uns denn da
mitgebracht?« Er deutet auf mich. »Ich bin Antonio Fantini senior«, stellt er
sich, ohne eine Antwort abzuwarten, vor, reicht mir seine speckige, kleine Hand
und legt mir die andere auf die Schulter. Dabei muss er sich auf die Zehenspitzen
stellen, da ich ihn mit meinen einen Meter siebzig ein ganzes Stück überrage.
    Wir folgen Antonio senior ins Vorzelt.
    »Pass auf, ich stelle dir meine Familie vor.« Antonio legt mir eine
Hand auf den Rücken und schiebt mich in Richtung Bartresen, wo eine hübsche,
junge Frau gerade Riesenlollis an eine Großfamilie mit vier Kindern verkauft.
»Chiara«, er pfeift, »schau mal, wer hier ist.«
    »Ah«, Chiara legt die Riesenlollis auf dem Tresen ab und läuft an
der verdutzten Großfamilie vorbei auf Aldo zu.
    »Ciao, cara«, begrüßt er sie väterlich und
küsst ihr zärtlich beide Wangen. »Chiara«, stellt er sie mir dann vor, »ist
mein allerliebstes Modell. Sie ist einfach die Größte. Außerdem ist sie die
beste Seiltänzerin, die ich in meinem Leben gesehen habe. Und ich habe schon
viele gesehen«, fügt er altklug hinzu.
    »Antonio hier ist mein Mann«, informiert mich Chiara, »und da drüben
am Kartenschalter ist meine Schwester Maura. Mein Schwager schminkt sich
gerade, er ist unser Clown, weißt du? Und da hinten kommt gerade meine Mutter. Maammaaa! «
    Eine pummelige, kleine Frau wuselt aus einem Seitenzelt und stürmt
auf Aldo zu. Die beiden begrüßen sich begeistert.
    »Du siehst«, erklärt Aldo, »wir sind alle eine große Familie. Wirst
du in einen Zirkus hineingeboren, verlässt du ihn nie. Wirst du einmal in die
Mitte der Artisten aufgenommen, hast du Freunde fürs Leben gefunden. Nur der
Dompteur hier«, flüstert er geheimnisvoll, während er mich am Arm in Richtung
Vorstellungszelt zieht, »ist ein Deutscher. Die besten Dompteure sind Deutsche.
Wusstest du das?«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Echt?«, fragt er enttäuscht. »Woher?«
    »Na, ich bin Deutsche«, erkläre ich augenzwinkernd, »da muss ich das
doch wissen.«
    Wir suchen uns zwei Plätze in der ersten Reihe gleich neben der
Kapelle. Kurz darauf ertönt ein Gong und gleich danach noch einer. Die
Vorstellung beginnt.
    Maura Fantini, die eben noch Eintrittskarten entwertet hat, kommt in
einem knappen rotgoldenen Kostüm auf einem schwarzen Pferd hereingeritten. Sie
vollführt derart atemberaubende Turnübungen auf dem Rücken des galoppierenden
Tieres, dass mir angst und bange wird, sie könnte im hohen Bogen in die
Zuschauermenge fallen, wenn das Pferd bockt.
    Abgelöst wird Maura von einer dreiköpfigen Elefantenherde, die
geduldig auf kleinen Eimern Männchen macht, von verschiedenen Clowns, die die
Kinder in der Zuschauermenge zum Kreischen bringen, und schließlich vom
(deutschen) Dompteur, der seine Tiger durch brennende Reifen springen lässt.
Die Show ist wunderschön. Ich sitze gebannt auf meinem Klappstuhl, schiebe
Popcorn in mich herein, schlürfe an meiner Cola und fühle mich in meine
Kindheit zurückversetzt.
    Plötzlich wird der Raum abgedunkelt und die Musik verstummt. Es ist
mucksmäuschenstill im Zelt.
    Dann dreht sich der Lichtkegel eines Scheinwerfers suchend im Saal
und verharrt an der Decke, wo eine zierliche Gestalt ganz in Weiß gekleidet auf
einem Seil steht. Es ist Chiara. Die schlanken Arme seitlich ausgestreckt, hebt
sie ein Bein und schlägt ein Rad auf dem Seil. Ein erschrockenes Raunen geht
durch die Menge. Sie kommt mit beiden Füßen zum Stehen und springt auf ein
tuchartiges Seil zu, das neben ihr von der Zeltdecke gelassen wird. Nach ein
paar kunstvollen Akrobatien stürzt
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