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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale
Autoren: Kathrin Corda
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Puppenkinderwagen, der neben der Tür steht, und folge
Aldo in die Küche. »Ich habe nur Löcher gesehen, die man mir als Wohnraum
andrehen wollte«, beschwere ich mich und rolle die Augen zur Decke, von der
Dutzende Kupferpfannen, Töpfe und ein alter, vergessener Schinken baumeln.
    Objektiv betrachtet ist diese Wohnung hier kaum besser als das, was
ich mir in den letzten Tagen angesehen habe. Der Unterschied ist nur, dass
dieses Haus vor spirito, vor Geist, geradezu sprüht,
während die anderen Behausungen, die ich besichtigt habe, eher die Atmosphäre
mittelalterlicher Kerker ausstrahlten.
    » Tesorino, Schätzchen, mir tut es
schrecklich leid, dass du nicht bei uns bleiben willst. Grazia und ich hätten
nie gedacht, dass unser Gast hier kein Auge zutun kann. Weißt du, wir haben uns
nach all den Jahren an die Musik gewöhnt. Wir hören sie gar nicht mehr.«
    »Ihr Glücklichen!«, seufze ich und mache mich über einen Teller
Bandnudeln in Öl her, den Aldo vor mich hingestellt hat. »Du glaubst gar nicht,
wie gerne ich bei euch bleiben würde, aber ich muss sagen, die Discomusik habt
ihr unterschätzt. Noch so ein Wochenende wie das letzte und ich bin reif für
die Klapsmühle.«
    »Was machst du heute Abend?«, fragt Aldo – einer seiner mittlerweile
gewohnten Gedankensprünge.
    »Schlafen?«, witzele ich. »Last night before
Markez-Take-off.«
    »No«, protestiert Aldo, »eine bella tedesca kann doch nicht an einem Donnerstagabend einfach so ins Bett gehen!«
    »Sondern?« Erwartungsvoll kaue ich an meinen Nudeln.
    »Wir gehen in den Zirkus. Meine Freunde Fantini sind in der Stadt.
Wir kennen uns seit dreißig Jahren. Die haben keinen einzigen Löwen im Käfig,
den ich nicht schon mal auf Leinwand verewigt hätte. Ich stelle dich all meinen
Freunden vor.«
    Das klingt nach Abenteuer, Zuckerwatte und Popcorn. Wie viele Jahre
war ich wohl schon nicht mehr im Zirkus? Fünfundzwanzig? Zwanzig? Ich kann mich
nicht erinnern.
    »Ich komme mit«, antworte ich daher. »Natürlich.«
    Während ich im Bad stehe, um mich notdürftig mit ein paar
Pinselstrichen für den Zirkusbesuch aufzuhübschen, stimmt Poppy erneut ihr
Freudengeheul an: Grazia kommt nach Hause.
    »Oh«, höre ich sie sagen, als sie in die Küche schlurft, »was für
ein Tag.«
    Eine Flasche wird lautstark entkorkt.
    Als ich ins Wohnzimmer komme, liegt sie auf dem Sofa, ein
Proseccoglas auf ihrem gut bestückten Bauch abgestellt.
    »Heute«, fängt sie ungefragt an, »war Anna Libotte bei mir in der
Boutique. Meinen ganzen Laden haben sie deshalb umstellt und durchsucht. Erst
kam eine Limousine mit Blaulicht vorgefahren, und dann kam sie. Aber sie hat
nur reduzierte Ware der letzten Saison gekauft«, fügt sie pikiert hinzu.
    »Sie haben deinen Laden umstellt?«, hake ich nach. »Wer ist diese
Frau?«
    »Anna Libotte ist unsere donna con le palle – eine Frau mit Eiern«, erklärt mir Aldo und macht eine unmissverständliche
Geste, welche Eier er meint. »Sie ist Staatsanwältin in Mailand und hat als
eine von wenigen genügend Mumm, um gegen alles zu kämpfen, was auch nur nach
Mafia riecht . Die kriegt keiner rum.«
    »Aber ein ruhiges Leben hat sie nicht mehr, die Arme.« Grazia leert
ihr Glas in einem Zug. »Selbst wenn die Frau sich nur zwei Pullis und einen
neuen Rock kaufen will, wird sie mit vier Bodyguards und Blaulicht durch die
Stadt gefahren. Hoffentlich hat sie jemanden, der ihr das Klopapier besorgt.«
    Was für ein schillerndes Volk mein Vermieterehepaar kennt. Aldo geht
in der Zirkuswelt ein und aus und Grazia mit ihrem Modesalon ist so etwas wie
die Komplizin der bekanntesten italienischen Anti-Mafia-Kämpferin. Ich bin tief
beeindruckt. Und dann wohnen wir auch noch über dem legendärsten Club der
Stadt. Wir sind sozusagen berühmt.
    » E allora, tesoro, also, mein Schatz, was
machst du heute Abend?«, wechselt Grazia das Thema.
    »Ich gehe mit Aldo in den Zirkus.«
    » Eh, hat er endlich wieder ein Opfer
gefunden, das ihn begleitet? Ich hoffe, es gefällt dir genauso gut wie uns«,
spottet sie.
    »Ganz sicher«, beeilt sich Aldo zu sagen und nimmt seine Schlüssel
vom Brett neben der Tür. » Sei pronta? Bist du fertig? Andiamo? Gehen wir?«
    Unten vor dem Haus schiebt er das verrostete Garagentor auf und
holpert mit seinem alten Fiat auf den Gehweg. Zusammen fahren wir an den
Stadtrand, lassen den Flughafen hinter uns und schon bald tauchen die bunten
Lichter eines riesigen Zirkusgeländes vor uns auf.
    An der Einfahrt steht ein
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