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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale
Autoren: Kathrin Corda
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entschärfen.
    »Tierische Fette, tststsss«, denke ich, genehmige mir einen
Extraschuss Milch und schütte das nun leider eiskalte Gebräu hinunter. Dann
setze mich an den Küchentisch, um den japanergeschädigten Krankengymnasten
anzurufen.
    Beim dritten Klingeln nimmt jemand ab.
    »Colussi?«, fragt eine dynamische Männerstimme am anderen Ende der
Leitung.
    Huch!
    Das Fehlen des anonymen Pronto bei offener
Namensnennung bringt mich und meine vorab zurechtgelegten Worte völlig
durcheinander. Stotternd stelle ich mich vor, wobei mir jetzt erst auffällt,
dass ich noch nicht mal den Namen von Renatos Hausmeisterin kenne.
    Aber Herr Colussi reagiert prompt. »Ah, du bist sicher die Deutsche,
die auf Zimmersuche ist? Guarda, schau, du kannst es
dir gerne ansehen, aber es ist erst ab Ende nächster Woche frei.«
    Das wusste ich ja schon. »Wann könnte ich denn vorbeikommen?«
    »Hm, heute Nachmittag fahre ich in die Berge. Wie wär’s mit …
sofort?«
    Gute Idee. Erstens habe ich gerade Zeit und zweitens Eile. Ich
notiere mir Adresse, Metrostation (juhu, eine U-Bahn in der Nähe, was für ein
Glück) und schalte mein Handy aus.
    Die Straße, die Signor Colussi mir genannt hat, liegt im
nördlichen Mailand in der Nähe des Hauptbahnhofs. Von der Metrostation aus
laufe ich nicht weit bis zu einem moderneren Gebäude, vielleicht aus den
Sechzigerjahren. In der Lobby fegt ein philippinisch anmutender junger Mann,
der hier den Portier zu geben scheint, die Marmorstufen. Ich nehme den Aufzug,
fahre in den ersten Stock und betätige den eisernen Türklopfer. Die Tür geht
auf und vor mir steht ein älterer Herr mit grauen Haaren und sportlicher Figur.
Er trägt ein rosa Poloshirt und Jeans und ist barfuß.
    »Bist du Nina?«, begrüßt er mich freundlich. »Komm rein. Ich bin
Giorgio Colussi.«
    Krass, der Krankengymnast mit der jungen Telefonstimme muss weit
über fünfzig, wenn nicht sogar über sechzig sein. Ich kann meinen erstaunten
Blick kaum verbergen.
    Giorgio zeigt mir Bad und Flur und öffnet dann die Tür zu einem
Zimmer gegenüber der Küche. »Es ist zwar noch bewohnt, aber wir dürfen trotzdem
kurz reingehen«, informiert er mich. »Mein Untermieter ist heute schon früh aus
dem Haus gegangen.«
    Wir stehen in einem quadratischen Raum mit hohen Decken, möbliert
mit einem riesigen, alten Kleiderschrank, einem mit Schnitzereien verzierten
Bett, einer Kommode und einem kleinen Sekretär in der Ecke. Die großen Fenster
gehen auf einen kleinen Balkon zum Innenhof hinaus, der sich unter der Last
unzähliger Terrakottatöpfe mit rankendem Grün darin zu biegen schient.
    Keine Frage: Das hier ist mein Zimmer.
    Hier oder nirgendwo.
    »Darf ich hier einziehen?«, frage ich.
    »Ich bitte darum«, sagt Signor Colussi und grinst mich fröhlich an.
    Renato wird staunen, denke ich beschwingt und mache mich auf den Weg
zu unserem Treffpunkt.
    Ich erkenne Renato schon von Weitem. Er lehnt an einer
Laterne und liest in einer von den Tageszeitungen, die an jeder U-Bahnstation
gratis ausliegen. Wie gestern trägt er wieder ein Leinenhemd, heute jedoch in
Dunkelblau, und hat die Ärmel so weit hochgekrempelt, dass man seine muskulösen
Arme erahnen kann.
    Als ich vor ihm stehe, beugt er sich zu mir herunter zum Austausch
der üblichen Wangenküsschen. Er riecht nach einer Mischung aus Zitrone,
Lavendel und noch irgendwas, das ich nicht benennen kann. Alles in allem: Er
sieht verführerisch aus und riecht auch so.
    »Es hat geklappt«, lenke ich mich von meinen betörten Gedanken des
ersten Eindrucks ab, »ich ziehe demnächst beim Therapeuten deiner Hausmeisterin
ein.«
    »Darauf stoßen wir an.«
    Renato bugsiert mich über die Straßenkreuzung, dann gehen wir ein
paarmal rechts und links durch die Stadt, bis ich die Orientierung verloren
habe, und machen vor einem modernen Restaurant aus viel Glas und hellem Holz
halt.
    »Hier ist es: das Veggio . Alles rein
biologisch!«, sagt Renato und klingt so stolz dabei, als wäre es sein Lokal.
    »Na, was für ein Glück«, spotte ich und denke mir unterdessen, was
für ein sexy Kerl er doch eigentlich ist. Wenn nur dieses Ökogedöns nicht wäre.
    Wir suchen uns einen Tisch und bestellen Nudeln mit Pesto für mich
und Risotto mit Radicchio und Tofu für Renato. Tofu! Nun bedient mein Gegenüber
wirklich alle Klischees. Ich schiele unauffällig unter den Tisch und stelle
erleichtert fest, dass er immerhin Lederschuhe trägt. Leder vom toten Tier,
daran besteht kein Zweifel. Wären
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