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Camp Concentration

Camp Concentration

Titel: Camp Concentration
Autoren: Thomas M. Disch
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Raum verteilt), denn bevor ich mich mit gespielter Ruhe auf dem Stuhl umwenden konnte, packte er mein Handgelenk, dreht es mit dem sicheren Griff eines Folterknechts nach außen und zog mich hoch. Dann stieß er einen leisen, selbstzufriedenen Seufzer aus. Ich spürte den Schmerz minutenlang, eigentlich bis zum Ende.
    »Danke«, sagte Skilliman. »Und jetzt meine Herren, werde ich Ihnen zeigen ...«
    In diesem Augenblick erschienen Haast und Quire. H. H.s Stimme klang erstaunt: »Man hat mir gerade gesagt, daß ...«
    »Ein Glück, daß Sie kommen, General!« rief Skilliman geistesgegenwärtig. »Noch ein paar Minuten, und Sie hätten mit einer regelrechten Meuterei fertig werden müssen! Ich kann Ihnen die gefährliche Situation erst erklären, wenn Sie diese jungen Leute in ihre Zimmer zurückgeschickt haben.«
    Die sechs begannen laut zu protestieren und Erklärungen abzugeben, aber über das Durcheinander erhob sich Skillimans schrille Stimme wie eine zischende Rakete über der aufgewühlten See: »General, ich warne Sie! Wenn Sie diese Verschwörer nicht sofort voneinander trennen, ist die Sicherheit des Lagers Archimedes in größter Gefahr! Folgen Sie meinem Rat, wenn Ihnen Ihre Karriere und Ihr guter Name etwas wert sind!«
    Haast murmelte etwas Unverständliches, schien aber gleichzeitig eine Handbewegung gemacht zu haben, denn die Wärter führten Skillimans Befehl aus und zerrten meine protestierenden Besucher aus dem Zimmer.
    »Ich glaube«, sagte Haast, »daß Sie aus einem Elefanten einen Floh gemacht haben ...« Er hielt inne. Offenbar hatte er gemerkt, daß mit diesem Satz etwas nicht stimmte.
    »Bevor wir die Angelegenheit besprechen, General, möchte ich vorschlagen, daß wir Sacchetti der Obhut der Ärzte überlassen. Es gibt da ... gewisse Dinge, die ich nicht in seiner Gegenwart erörtern möchte.«
    »Nein, tun Sie das nicht, Haast!« rief ich. »Er hat bei diesem Vorschlag Hintergedanken! Entscheiden Sie sofort und in meiner Gegenwart über mein Schicksal! Nachher könnte es zu spät sein! Ich habe einen ganz bestimmten Verdacht!«
    »Kümmern Sie sich nicht um sein Geschwätz! Es geht um die Sicherheit ! Aber wenn Sie schon Rücksicht auf dieses Wrack nehmen wollen, dann lassen Sie es mit hinaufbringen!«
    »Hinauf? Was meinen Sie damit?«
    »Hinauf! Sie haben mir oft genug erlaubt, hinaufzufahren. Wieso weichen Sie mir jetzt aus?«
    »Ich weiche Ihnen nicht aus. Ich verstehe nicht, was Sie vorhaben.«
    »Ich möchte die Angelegenheit nicht hier erörtern.«
    (Noch jetzt ist mir nicht klar, warum Skilliman auf dieser Forderung bestand, die sich dann auf so unerwartete Weise als entscheidender Faktor erwies. Und unerwartet war es doch, oder? Vielleicht glaubte er, daß er sich in diesem Augenblick gegen Haast durchsetzen müßte, ganz gleich, in welcher Frage, um später freie Hand zu haben.)
    »Also gut«, sagte Haast in dem bei ihm allmählich zur Gewohnheit gewordenen resignierten Ton, der den alternden Mann verriet. Und an die Wärter gewandt: »Bitte stützen Sie Sacchetti! Und holen Sie ihm einen Mantel! Oder Decken. Droben ist’s kalt.«
    Es war die weitaus längste Fahrt, die ich jemals in einem unserer Fahrstühle zurückgelegt hatte. Keiner von uns sechsen (Emsig und zwei weitere Wärter kamen mit, offenbar um meine Flucht zu verhindern) sprach ein Wort. In der lähmenden Stille hörte ich, wie es in meinen Ohren knackte.
    Als wir aus dem Fahrstuhl traten, sagte Haast zu Skilliman: »Hören Sie jetzt bitte mit Ihrer Geheimnistuerei auf und sagen Sie mir endlich, was los ist. Was hat Louis verbrochen?«
    »Er hat eine Meuterei geplant und beinahe Erfolg damit gehabt. Aber ich will darüber nicht hier sprechen. Lassen Sie uns ... ins Freie gehen, es ist sicherer.«
    Ihre Pistolen griffbereit, führten mich die Wärter durch einen Raum, in dem kein Teppich lag, dann durch eine Tür, durch eine zweite - und dann spürte ich Atem auf meinem Gesicht. Es war wie der Atem eines geliebten Menschen, den man für tot gehalten hat. Ich stolperte drei Stufen hinunter. Die Wärter ließen mich los.
    Wind!
    Und unter meinen Füßen nicht mehr die öde Gleichmäßigkeit des Betons, sondern die lang vermißte Ungleichmäßigkeit des Erdbodens. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich reagiert habe. Habe ich aufgeschrien, haben meine blinden Augen Tränen vergossen? Wie lange stand ich da, das Gesicht an den kalten Fels gepreßt? Ich war außer mir. Nie zuvor war ich so unsinnig glücklich gewesen: Dieser
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