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Cambion Chronicles 1

Cambion Chronicles 1

Titel: Cambion Chronicles 1
Autoren: J Reed
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Dutzenden von Golfplätzen und Country Clubs das neue Florida. Wer hier aufgewachsen war, kam der Tradition nach erst dann zurück, wenn er einen ruhigen Ort zum Sterben suchte.
    Ich lebte in einer recht hübschen Mittelklassegegend direkt an der Hauptstraße von James City County. Niemand hätte uns allerdings wohlhabend nennen können, so viel war klar. Wir wohnten in einem doppelstöckigen Haus im Kolonialstil mit umlaufender Veranda, das schon bessere Tage gesehen hatte. Die weiße Farbe blätterte ab, aber die hohen Pinien um den Garten herum bemühten sich nach Kräften, diese Tatsache vor unseren Nachbarn zu verbergen. Eine unerwartete Bienenplage hatte unserem Beet mit Gardenien, gelben Chrysanthemen und Margeriten den Garaus gemacht.
    Kies knirschte und knallte unter meinen Reifen, als ich in die Auffahrt fuhr und einen silbernen Lexus am Straßenrand parken sah.
    Wimmernd machte ich den Motor aus und suchte meine Sachen zusammen. Wenn es irgendwie ging, vermied ich so eine Situation aus gutem Grund, aber manche Menschen reagieren einfach nicht auf subtile Andeutungen. Mom hatte die Verandabeleuchtung für mich angelassen. Wie immer machte sie sich Sorgen um ihr Baby.
    Als ich ins Haus trat, schlug mir sofort der Duft von gebratenen Zwiebeln und Knoblauch entgegen und zog mich gegen meinen Willen in die Küche. Mom stand an der Kücheninsel und hackte Pilze auf dem Schneidebrett, während Dad auf dem Barhocker saß und Kartoffeln schälte.
    Sie waren ein ausgesprochen seltsames Paar, aber meine Familie war nun mal das Gegenteil von normal. Anders als die meisten anderen getrennten Eltern verstanden sich meine tatsächlich gut. Sie stritten sich selten und wenn, dann hatte ich was Dummes angestellt. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass das hier eine abgekartete Sache war.
    Moms gelbes Sommerkleid brachte ihre helle, leicht sommersprossige Haut zum Leuchten und zeigte mehr als nur ein züchtiges Dekolleté. Ihre Haare waren zu einem lockeren Knoten gebunden, ihr Gesicht von braunen Löckchen eingerahmt.
    Sie hatte zwar im Laufe der Jahre ein wenig an Gewicht zugelegt, aber Julie Marshall war immer noch eine hübsche Frau. Ich hatte ihre Locken, den flachen Hintern und die superempfindliche Haut geerbt, ebenso die Wolfsmensch-Augenbrauen, die ich jede Woche mit Wachs im Zaum halten musste. Aber nicht mal die konnten von ihrem runden, ehrlichen Gesicht und den schönsten Beinen diesseits der Mason-Dixon-Linie ablenken. Hätte ich mit sechzehn ein Kind bekommen, würde ich in ihrem Alter wahrscheinlich auch so scharf aussehen wie sie.
    Dad trug heute Abend bequeme Klamotten, ganz im Gegensatz zu den schicken Geschäftsanzügen, die er sonst anhatte. Sein weißes Button-Down-Hemd bildete einen kühnen Kontrast zu seiner schokoladenbraunen Haut. Die Deckenbeleuchtung spiegelte sich auf seinem rasierten Kopf.
    Sie arbeiteten in stiller Harmonie und bemerkten mich nicht einmal, als ich meine Tasche auf den Küchentisch fallen ließ. Entgegen seiner eigentlichen Bestimmung quoll der Tisch vor Rabattcoupons und ungeöffneter Post über. Moms Laptop, das Einzige, wofür diese Frau jemals richtig Geld ausgegeben hatte, machte sie piepsend darauf aufmerksam, dass im Cyberspace weitere ungeöffnete Post auf sie wartete.
    »Hast du das Reden verlernt?« Beim Klang von Dads tiefer Baritonstimme blieb ich abrupt stehen.
    »Hi, Daddy.« Ich beugte mich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Du kommst aber spät, Schatz«, sagte Mom, während sie eine grüne Paprika zerkleinerte.
    »Monatliche Bücherrunde. Tut mir leid.«
    Dad strich mir über den Rücken und fragte: »Ist dein Handy kaputt, mein Püppchen? Ich habe den ganzen Tag versucht, dich anzurufen, aber es ging immer nur die Mailbox dran.«
    »Ich war arbeiten«, erklärte ich rasch. »Ich darf das Handy auf der Arbeit nicht anmachen.«
    »Aha. So was hab ich mir gedacht, deshalb bin ich vorbeigekommen.« Er legte eine geschälte Kartoffel hin und griff nach der nächsten. »Deine Mutter hat gesagt, du bist einverstanden mit unserer Abmachung wegen deines Wagens.«
    »Ja.« Der Gedanke zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht.
    Mein derzeitiges Auto hatte seinen Zweck erfüllt, aber jetzt war es an der Zeit, es zur letzten Ruhe zu betten. Es war ein 1998er Honda Civic mit abblätternder weißer Lackierung und kaputter Klimaanlage. Nur meine Phobie vor öffentlichen Verkehrsmitteln hielt mich davon ab, ihn über die nächste Klippe zu schieben.
    Dad
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