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Calming Signals

Calming Signals

Titel: Calming Signals
Autoren: Turid Rugaas
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psychotisch, er verabschiedete sich
aus der Realität in eine innere Welt, wo ihn nichts Böses erreichen
konnte.
    Diese großen, freundlichen Riesen mit den tiefen, dröhnenden
Stimmen werden zutiefst mißverstanden, und irgend jemand hatte
diesen Hund auf eine Weise behandelt, die ihm schließlich sogar
angst davor machte, überhaupt anwesend zu sein. So frappierend
wie hier ist es selten zu beobachten, aber in abgemilderter Form
kommt es häufiger vor. Der Hund versucht den Anschein zu geben,
als sei er zutiefst mit etwas anderem beschäftigt. Er taucht ab in
eine andere, für uns nicht erreichbare Welt. Manche laufen auch
gestreßt im Kreis herum, statt Kontakt mit dem anwesenden
Menschen aufzunehmen. Diese Hunde versuchen ganz einfach,
das auszublenden, was ihnen angst macht.
    Das „Verschwinden" des Tibet Mastiffs gehörte zum Schlimmsten,
was ich in dieser Art jemals erlebt habe. Der Hund saß einfach da
und starrte mit abwesendem Blick vor sich hin. Der Besitzer wollte
an seiner Leine ziehen, aber ich verhinderte das und bat ihn, sich
von dem Hund zu entfernen. Dann ging ich langsam an seine Seite,
setzte mich neben ihn, den Oberkörper in dieselbe Richtung
gedreht wie er. Ich gähnte mit tiefen, hörbaren Atemzügen und
begann nach und nach, ihm mit sehr langsamen Bewegungen die
Brust zu streicheln.
    Der Besitzer rief mir zu, ich solle mich in acht nehmen, der Hund
könne beißen. Ich bat ihn, einfach still zu sein und zu beobachten,
was passieren würde. Wenn jemand in einer so angespannten
Situation mit dem Hund schimpft, ihn am Hals band zieht oder
versucht, ihn herumzukommandieren
- ja, dann könnte es
tatsächlich passieren, daß er beißt. Aber ich verhielt mich nicht so,
und deshalb hatte ich auch keine Bedenken
wegen eines möglichen Angriffs. Wenn wir Hunden keinen Grund
dafür geben, dann beißen sie auch nicht!
    Ich saß fünfzehn bis zwanzig Minuten lang so da, und langsam
begann der Hund, in die Welt zurückzukehren. Er blickte sich
verwundert um und sah mich an. Es war nichts Bedrohliches an
ihm. Es dauerte noch einige Minuten, bevor er wieder ganz bei
Bewußtsein war, und dann begann er mich abzulecken,
anzusehen, mit dem Schwanz zu wedeln und sich sicher zu fühlen.
    Nach diesem Erlebnis liebte er mich abgöttisch. Ich hätte mit ihm
machen können, was ich wollte, er hätte es akzeptiert. Immer, wenn
er später mit seinem Besitzer wiederkam, wollte er nicht mehr weg.
Es gehört so wenig dazu, die Freundschaft und das Vertrauen
eines Hundes zu gewinnen, und das Ergebnis kann so
überwältigend sein. Sie haben immer die Wahl, was Sie einem
Hund mitteilen wollen - Sie können sich bedrohlich verhalten oder
freundlich sein. Mir fällt da die Entscheidung leicht.
    Haben Sie einen Hund, der innerlich „verschwindet", wenn Sie böse
werden oder ihn für irgend etwas zur Rechenschaft ziehen wollen hat er dann etwas ganz anderes zu tun und versucht, das
Unangenehme auszublenden? Sie stärken
das
Vertrauensverhältnis nicht, indem Sie ihn kommandieren,
Gehorsam verlangen, ihn strafen oder gar schlagen. Denken Sie
ein wenig darüber nach, wenn Ihr Hund das nächste Mal
„verschwindet".
Streß bei Hunden
    Streßhormone sind notwendig. Der Körper braucht eine gewis se
Menge davon, um durch den Tag zu kommen, arbeiten zu können
und Energie für die täglichen Dinge des Lebens bereitzustellen.
Manchmal jedoch werden zu viele dieser Hormone ausgeschüttet.
In einer Situation, die uns in Angst, Aufregung oder Wut versetzt,
werden die Hormone vom Körper überdosiert. Wir sind gestreßt.
    Streß kann beim Menschen durch Unfälle, Beinahe-Unglücke und
viele andere Situationen hervorgerufen werden. Vor allem aber
durch Situationen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen. Manche
Leute werden zum Beispiel ängstlich, wenn sie mit dem Auto auf
rutschigem Untergrund fahren; sie bekommen heftiges Herzklopfen
und so große Angst, daß sie sich nicht mehr trauen weiterzufahren.
Wenn sie aber die Möglichkeit hatten zu lernen, wie sie eine solche
Situation meistern können, werden sie in einer ähnlichen Lage weit
weniger ängstlich oder gestreßt reagieren. Leute, die es nicht
gewohnt sind, vor einer Menschenansammlung zu sprechen,
bekommen Herzklopfen und Schweißausbrüche. Sie vergessen
beinahe, was sie sagen wollten, wenn sie aufstehen und etwas
sagen müssen. Sie fühlen sich ausgeliefert. Es gibt viele Arten, wie
man lernen kann, solche Situationen zu meistern.
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