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Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl
Autoren: J Angell
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den Kunden vielleicht verlieren, aber ich glaubte nicht, dass ich mich irrte. Vielleicht war ich inzwischen doch lange genug im Geschäft, um ein Gespür, einen sechsten Sinn für solche Sachen entwickelt zu haben. »Sir«, sagte ich laut und deutlich (es hatte sich ausgesäuselt). »Sind Sie Polizeibeamter?«
    Das war er. Ich sah es an seinen Augen, schon bevor er sich versteifte und mit einem Räuspern zum Spiegel an der Schranktür schaute. »Man hat mich glauben lassen, dass eine Dame kommt, die gegen Bezahlung zum Sex bereit ist«, sagte er.
    »Dann hat man Sie falsch informiert«, sagte ich freundlich. »Der Verabredungsservice hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass Sie eine Stunde mit einer jungen Lady verbringen möchten. Sie seien auf Besuch in Boston, ich sollte Ihnen die Stadt zeigen, und vielleicht würden wir uns ja prächtig verstehen.« Ich war froh, dass ich meinen bequemen Pullover und nicht meine schwarze Spitzenhemd-»Uniform« angezogen hatte. »Bei der ersten Verabredung gehe ich grundsätzlich nicht mit einem Mann ins Bett. Da Sie sich für nichts anderes zu interessieren scheinen, wird es mit uns beiden wohl nicht klappen.« Ich stand auf und nahm meinen Mantel. »Deshalb frage ich Sie noch einmal: Sind Sie ein Polizeibeamter oder einfach nur ein Arschloch?«
    Das Evangelium nach Peach besagt, dass man durch diese Frage
aus dem Schneider ist. Wenn du fragst, und der Mann die Frage bejaht, dann ist alles in Ordnung: Es war ein Missverständnis; die Agentur von Peach vermittelt nur Verabredungen und sonst nichts. Wenn er die Frage nicht beantwortet, obwohl er bei der Polizei ist, dann ist jede nachfolgende Festnahme gesetzeswidrig: Provozieren einer strafbaren Handlung oder so was. Mit den Einzelheiten kannte ich mich nicht aus, aber das allgemeine Prinzip hatte ich mir gemerkt.
    Er stand zusammen mit mir auf und zog eine Brieftasche aus der Hosentasche. Einen Moment lang dachte ich, er wollte mich dazu bringen, das Geld anzunehmen, aber dann sah ich die Polizeimarke. »Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis«, sagte er.
    Die Wirkung des Adrenalins, das mich bis jetzt angetrieben hatte, war verpufft, und ich fühlte mich plötzlich verängstigt und verwundbar. Er durfte mich einfach nicht verhaften. Wenn er mich festnahm, würde ich nie wieder unterrichten können. Nicht mal Abendkurse in irgendeinem Gemeindezentrum. Nie wieder. Nirgends. »Wozu brauchen Sie einen Ausweis?«, fragte ich. Er hatte einen Schreibblock herausgezogen.
    »Reine Routine«, sagte er. »Ihr Name?«
    »Ich muss Ihnen nicht sagen, wie ich heiße«, erklärte ich. »Sie haben mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf Ihr Zimmer gelockt. Nachdem ich hier war, habe ich Ihre Annäherungsversuche zurückgewiesen und wollte gehen. Sie haben mich nicht gehen lassen und versucht, persönliche Informationen über mich zu bekommen. Ich weiß nicht, aber mir fallen dabei solche Sachen wie Stalking oder versuchte Vergewaltigung ein.« Er schaute wieder zum Spiegel. Ich sagte: »Alle Videos, die hier gedreht wurden, haben vor Gericht keinen Bestand, also versuchen Sie nicht, mir Angst einzujagen.« Ein Glück, dass einer meiner Kunden Rechtsanwalt war. Ein Glück, dass mein Rechtsanwaltkunde mich mit seinem Wissen über die rechtlichen Implikationen meiner Tätigkeit beeindrucken wollte. Ein Glück, dass ich
die Unterhaltung interessant fand und zugehört hatte. Ich hätte nie gedacht, dass es sich einmal als nützlich erweisen könnte.
    »Ihren Namen und Ihre Adresse, bitte«, wiederholte er. »Sie leisten Widerstand gegen einen Polizeibeamten bei der Ausübung seiner Pflicht.« Er sah selbstgefällig aus, und plötzlich hatte ich genug. Genug von der Selbstgefälligkeit auf Männergesichtern, genug davon, ihre sexuellen Fantasien zu erfüllen, genug davon, mir ihre Lustbefriedigung zur Aufgabe zu machen. Genug von den Ehemännern, die ihre Ehefrauen anlogen und mit Callgirls schliefen, um sich ihren armen, treuen »Hausdrachen« überlegen zu fühlen. Genug von der Pornografie, den Inszenierungen, dem Rollenspiel. Genug davon, mit dem Feind zu verkehren, mit dem Mann, der dich gleichzeitig hasst und liebt und diesen Konflikt nur lösen kann, indem er dir die Schuld an seiner Unsicherheit gibt, indem er dir deine Menschlichkeit nimmt und dich zum Objekt macht.
    Madonna. Hure. Jungfrau. Schlampe. Titten. Arsch. Möse. Feministische Zicke. Medusa. Circe. Penelope. Ehefrau. Prostituierte.
    Dieser Polizist, der da vor mir stand,
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