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Burgfrieden

Burgfrieden

Titel: Burgfrieden
Autoren: Sigrid Neureiter
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selbstverständlicher Zugang zum Mittelhochdeutschen fanden als ihre zur Hochsprache erzogenen Kollegen.
     
    In der lichtdurchfluteten Sala terrena, die die Villa mit der Veranda und dem großflächigen, fast parkähnlichen Garten verband, deutete Lenz mit einer einladenden Bewegung auf die bequemen Korbsessel. »Du magst einen Veneziano?« Da war es wieder: Ein Frage klang bei Lenz wie eine Feststellung und umgekehrt. Arthur hielt allerdings nichts von dem neumodischen Drink, einer Mischung aus Aperol und Prosecco.
    »Lieber einen Campari mit Eis, wenn es keine Umstände macht.«
    Über das Haustelefon bestellte Lenz bei Maria die Getränke, mit denen diese wenig später erschien. Arthur nahm seinen Campari und prostete dem jüngeren Kollegen zu.
    »Also dann, auf einen gelungenen Abend und erfolgreiche Tage auf Runkelstein.« Lenz tat es dem Professor gleich und hob sein Glas mit der hell orangenen Flüssigkeit.
    »Alles ist zu eurer Zufriedenheit?«
    Die Frage war für Arthur das Stichwort, sich herzlich für Lenz’ Organisation und das Entgegenkommen seines Onkels zu bedanken. »Du hast uns hier hervorragend untergebracht. Das Haus ist toll und die Lage geradezu einmalig für das, was wir vorhaben. Wir sind hier keine zwei Kilometer von der Burg entfernt, da können wir auch zu Fuß gehen.«
     
    Lenz nahm noch einen Schluck von seinem Veneziano.
    »Gibt es einen schönen Fußweg entlang der Talfer. Geht aber das letzte Stück steil durch den Wald hinauf. Kann Georg euch mit dem Van fahren, komm’ ich mit dem Rad hinterher.«
    Arthur lehnte ab. Er wolle die Gastfreundschaft des Verwalterehepaares Georg und Maria Kofler, die sich schon bei der Ankunft so rührig um sie bemüht hatten, nicht überstrapazieren. »Nein, nein, wir gehen alle zu Fuß, die Bewegung wird uns nach der langen Fahrt gut tun.« Wie um seine Worte zu unterstreichen, stand der Professor auf und streckte sich ein wenig.
    »Sollten wir den Damen aber sagen, dass sie festes Schuhwerk anziehen.« Sein Assistent schien tatsächlich Bedenken zu haben, daher beeilte Arthur sich, diese zu zerstreuen.
    »Das lass mein Problem sein. Xenia habe ich ohnehin noch nie anders als in praktischen Schuhen gesehen, und Tina Ebner scheint mir auch eher der geländegängige Typ zu sein. Aber mit Frau Sommer werde ich vorsichtshalber reden, bei ihr bin ich mir nicht so sicher.«
     
    Arthur wandte sich zur Verandatür, als er vom Garten her den Kies unter Schritten knirschen hörte. Im nächsten Augenblick stürmte die eben Genannte in den Salon. Sehr flott sah sie aus, in ihrem Laufdress. Vielleicht hatte er ihr mit seinem Verdacht das Schuhwerk betreffend Unrecht getan. Er würde ihr vorsichtshalber trotzdem einen Tipp über die Beschaffenheit des Weges nach Runkelstein geben.
     
    »Da bist du ja. Eben haben wir von dir gesprochen.« Arthur ging auf Jenny zu, die abrupt mitten im Raum stehen geblieben war. »Jetzt lernst du gleich meinen Assistenten Lenz Hofer kennen.« Professor Kammelbach deutete auf den jungen Mann, der sich lässig aus seinem Korbstuhl erhob. »Lenz, das ist Jenny Sommer, Frau Doktor Jenny Sommer, um genau zu sein.«
    Sie bewegte sich immer noch nicht. Stand einfach da und fixierte den jungen Mann mit einem Gesichtsausdruck, den Arthur nicht zu deuten wusste. Schließlich streckte sie zögerlich ihre rechte Hand aus, die Lenz, der inzwischen nähergekommen war, mit festem Druck ergriff.
    »Glaub ich, kennen wir uns schon.« Lenz schüttelte kräftig Jennys Hand, was diese zunächst willenlos geschehen ließ. Einige Sekunden schien sie von seinem Blick, mit dem er sie durch seine Brillengläser hindurch fixierte, wie gebannt.
    Arthur verschränkte zuerst die Arme vor der Brust, stützte dann den Ellenbogen auf und schließlich sein Kinn in die rechte Hand. Nachdenklich betrachtete er die Szene. Kannten die beiden sich etwa schon? Warum hatte ihm keiner etwas gesagt?
    In dem Moment entzog Jenny Lenz ihre Hand, warf den Kopf nach hinten und schaute dem sie um zwei Haupteslängen Überragenden herausfordernd ins Gesicht:
    »Wie man’s nimmt.« Nach dieser in unüberhörbar schnippischem Tonfall geäußerten Bemerkung verließ sie mit dem Hinweis, sich für den Abend noch frisch machen zu wollen, den Salon in Richtung Treppe, die zu den Gästezimmern im ersten Stock führte.
     
    Arthur sah ihr verwundert nach. So kannte er sie gar nicht. Jenny war zwar keine, die ein Blatt vor den Mund nahm. Aber normalerweise verstand sie es, auch kritische
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