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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball
Autoren: Stefan Holtkötter
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Fragen Sie ihn
am besten selbst.«
    »Das würde ich gerne. Nur geht das leider nicht. Matthis Röhrig ist
tot.«
    »Das ist doch nicht möglich! Wie ist das denn passiert?«
    Heike fixierte ihn. »Wo waren Sie heute Abend?«
    »Hier. Wieso fragen Sie?«
    »Hier im Kino? Den ganzen Abend?«
    »Ja, so ziemlich.«
    »Dann gibt es ja genügend Leute, die das bestätigen können.«
    »Na ja, ich war dann noch bei McDonald’s. Und gegessen habe ich auf
einer Parkbank an der Clemenskirche.«
    »Also waren Sie doch nicht den ganzen Abend hier?«
    »Ich steig doch bei keinem Kunden ein!«, rief Tim Wohlert
aufgebracht. »Das wäre doch der totale Wahnsinn! Ich würde nie wieder einen Job
in der Branche bekommen.«
    »Weil kein Sicherheitsdienst jemanden einstellen würde, der
vorbestraft ist?«
    »Zumindest nicht bei so einer Vorstrafe. Das können Sie vergessen.«
    Sie lächelte. »Nur mal hypothetisch: Was wäre, wenn ein Bewerber
vorbestraft wäre wegen räuberischer Erpressung, schwerer Körperverletzung und
Drogenhandel? Würde da ein Sicherheitsdienst auf Abstand gehen? Zum Beispiel
Sanner-Secure, Ihr Arbeitgeber?«
    »Natürlich. So jemand würde im Leben nicht eingestellt werden. Da
gibt es genügend andere Bewerber. Man muss schon auf seinen Ruf achten.«
    Heike beschloss, sich diesen Sicherheitsdienst einmal genauer
anzusehen. Denn Matthis Röhrig hatte genau dieses Vorstrafenregister
vorzuweisen. Es musste einen guten Grund geben, weshalb Sanner-Secure ein Auge
zugedrückt hatte.
    Sie nahm Wohlerts Personalien auf und wies ihn an, am Montagmorgen
ins Präsidium zu kommen, um seine Aussage zu Protokoll zu geben. Dann ließ sie
ihn gehen.
    An der Bar wartete Hambrock bereits auf sie. Die
Achtuhrvorstellungen waren inzwischen beendet, Menschen strömten von überall an
den Tresen. Vanessa arbeitete schon wieder. Sie war blass und wirkte etwas
verstört, doch sie hatte das Angebot ihres Kollegen, allein weiterzumachen,
damit sie nach Hause gehen könne, abgelehnt, erzählte Hambrock. Vanessa
reagierte auf die Todesnachricht, indem sie sich in Arbeit stürzte, was immer
das bedeuten mochte.
    Tim Wohlert ging zum Ausgang, ohne sich noch einmal nach den
Polizisten umzusehen. In der Tür warf er Vanessa Sundmann, die hinterm Tresen
stand, einen kurzen Blick zu. Ihre Augen verengten sich, dann wandte sie sich
ab und nahm die Bestellung eines Kunden auf.
    »Sie wissen Bescheid«, murmelte Hambrock.
    Heike sah Tim Wohlert hinterher, der gerade draußen in der
Fußgängerzone verschwand. »Natürlich.«
    Es herrschte totale Stille in seinem WG -Zimmer. Die Nacht
lag schwer und dunkel vor dem Fenster. Die Menschen schienen tief zu schlafen,
oder sie waren alle ausgegangen. Auch seine Mitbewohner waren fort, wahrscheinlich
auf irgendwelchen Partys. Aber das störte ihn nicht. Ben schätzte es, allein zu
sein. Er mochte die Stille. Dann konnte er sich treiben lassen. So tun, als
gäbe es weder Zeit noch Raum. Er saß im bläulichen Licht seines Monitors und
rauchte eine Zigarette nach der anderen.
    Und er dachte nach. Über seinen Plan, der alles verändern würde. Ihn
befiel ein ungewohntes Gefühl: das der Macht. Sein Vater hatte keinen Einfluss
mehr auf ihn. Das war vorbei. Er hatte sein Leben jetzt selbst in der Hand.
Wenn er es nicht wollte, konnte ihm keiner mehr etwas vorschreiben. Nie wieder.
    Im Treppenhaus waren Schritte zu hören. Ein Schlüssel in der
Wohnungstür, dann das Quietschen der Scharniere. Jemand trat in den engen Flur,
der zugleich die WG -Küche darstellte, mit einem kleinen Tisch
und einer Kochzeile zwischen zwei Zimmertüren. Die Wohnungstür fiel krachend
ins Schloss.
    Ben lauschte. Vielleicht sollte er seinen Monitor abschalten, damit
das Zimmer in Dunkelheit versank. Dann konnte er warten, bis es wieder ruhig
wäre in der Wohnung. Doch es war bereits zu spät. Jemand klopfte an seine Tür.
Tim betrat den Raum. Er trug eine Bomberjacke, die seinen ohnehin muskulösen
Körper noch kräftiger erscheinen ließ. Mit dem Finger betastete er einen Pickel
in seinem Gesicht.
    »Du bist zu Hause?«, fragte er überrascht. »Ist sonst noch jemand
da?«
    »Nein. Freitagabend eben, da sind alle unterwegs.«
    Tim nickte.
    Etwas stimmte nicht mit ihm. Er schien mit den Gedanken woanders zu
sein. Wirkte irgendwie angeschlagen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Ben.
    Tim antwortete nicht, stand nur unschlüssig herum. Ben wollte ihm
gerade anbieten, Platz zu nehmen und einen Joint zu rauchen, da fragte
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