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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball
Autoren: Stefan Holtkötter
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zeichnete sich ab, dass es
die Abendeinnahmen des Bullenballs waren, die kurz zuvor gestohlen gemeldet
worden waren. Dringend tatverdächtig war bis dahin Tim Wohlert. Der gestand
daraufhin, er habe gemeinsam mit Vanessa den Diebstahl geplant und durchgeführt.
Angestiftet habe sie der inzwischen verstorbene Matthis Röhrig. Vanessa habe
Tim hintergangen und wollte offenbar fliehen, ohne die Beute mit ihm zu teilen.
    Auf der Notaufnahme wurde festgestellt, dass Vanessa K.-o.-Tropfen
verabreicht worden waren. Wahrscheinlich über die Colaflasche, die bei ihr
gefunden wurde. Tim wies jede Schuld von sich, aber Hambrock war überzeugt,
dass er der Schuldige war.
    Nach langen Gesprächen zeichnete sich ab: Beide hatten geglaubt, der
jeweils andere sei für den Tod von Matthis Röhrig verantwortlich gewesen. Um
das gestohlene Geld nicht mit ihm teilen zu müssen. Deshalb glaubten beide, sie
müssten sich vor dem anderen in Acht nehmen und einen alternativen Plan
entwickeln. Doch mit diesen doppelten Böden hatten sie sich letztlich
gegenseitig ans Messer geliefert. Nun befanden sich beide in Polizeigewahrsam,
und das Geld war sichergestellt worden.
    »Wie es aussieht, war es aber kein Mord«, sagte Hambrock, »sondern
eher ein Unfall.«
    Offensichtlich war Matthis in jener Nacht tatsächlich nicht der
einzige Einbrecher gewesen. Er war auch nicht durch das Kellerfenster
geklettert, sondern mithilfe eines nachgemachten Sicherheitsschlüssels durch
den Hintereingang gekommen. Diesen Schlüssel hatten sie nun bei Marlons Leiche
gefunden. Das erklärte, wie Marlon in die Halle gelangen konnte, ohne den
Einlass zu passieren.
    Marlon musste der zweite Einbrecher gewesen sein. Er war durch das
Kellerfenster geklettert und hatte Matthis in der Halle überrascht. Vermutlich
war dieser dann versehentlich über die Balustrade gestürzt.
    Eine der Kellnerinnen tauchte hinter der Theke auf und rief Jamaine
Bestellungen zu. Dieser lächelte entschuldigend und machte sich ans Bierzapfen.
    Hambrock und Erlend saßen eine Weile beisammen und redeten. Sie wollten
nicht mehr über den Amoklauf sprechen, das hatten sie die ganze vergangene
Nacht über getan. Trotzdem ging ihnen die Sache unentwegt im Kopf herum.
    Irgendwann hatten sich ihre Biergläser geleert. Der Plan war, nach
Hause zu gehen und etwas zu essen. Dann wollten sie früh zu Bett, um das
Schlafdefizit auszugleichen.
    Doch Hambrock spürte keine Müdigkeit mehr.
    »Sollen wir jetzt nach Hause?«, fragte er.
    Erlend hob die Schultern. »Ich weiß nicht?«
    Was sprach eigentlich dagegen, noch zu bleiben? Die Nacht war jung,
morgen war ein Feiertag. Ein Lächeln blitzte in ihren Augen auf. Warum gönnten
sie es sich nicht, einen draufzumachen und so lange zu feiern, bis Jamaine den
Laden schloss? Mal sehen, wie lange er das aushielt. Vielleicht legte Jamaine
ja noch passende Musik auf, und sie könnten das Tanzbein schwingen.
    »Nehmen wir noch ein Bier?«, schlug er vor.
    »Na gut. Ich bin dabei.«
    Dann wandte er sich zu Jamaine und bedeutete ihm mit einer Geste,
die nächste Runde zu zapfen.
    Der Krankenhausflur war in kaltes Licht getaucht. In der Luft lag
der typische unangenehme Geruch nach Desinfektionsmitteln. Doch Marie
ignorierte es. Sie war froh, hier zu sein. Hier waren die, die überlebt hatten.
    In ihrer Hand hielt sie den Blumenstrauß, den sie vorm Eingang
besorgt hatte. Er sah spießig aus, aber das störte sie nicht. Die Ereignisse
von vorgestern Nacht waren für alle ein Schock gewesen, doch Marie war auf
besondere Weise von ihnen geprägt worden. Sie trug Erinnerungen in sich, die
sie mit niemandem teilen durfte. Sie verbarg ein schreckliches Geheimnis,
dessen Last so groß war, dass sie es kaum tragen konnte.
    Vor Jonas’ Zimmertür blieb sie stehen. Sie wusste nicht, ob es
richtig war, hierherzukommen. Doch schließlich hatte die Sehnsucht gesiegt.
Zaghaft klopfte sie an. Dann schob sie die Tür einen Spaltbreit auf und spähte
hinein.
    Jonas lag in seinem Krankenbett. Seine Verletzungen waren nicht so
schlimm wie bei vielen anderen. Er hatte nur ein paar Rippenbrüche und
Quetschungen. Er würde bald entlassen werden. Eine Kugel hatte ihn nicht getroffen.
    Trotzdem wirkte er schwach. Die blasse Herbstsonne fiel in sein
Zimmer. Jonas drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Er sah grauenhaft aus. Das
konnte nur bedeuten, dass er inzwischen erfahren hatte, wer gestorben war.
    »Marie, du bist das.« Seine Stimme war kaum zu hören.
    Sie trat ein und schloss die
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