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Bugatti taucht auf

Bugatti taucht auf

Titel: Bugatti taucht auf
Autoren: D Loher
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Bronski laut:
    »Für Rührung ist keine Zeit.«
    Und Jordi: »Sie haben recht.«
    »Auch für Trübsal ist keine Zeit.«
    »Für Trübsal sowieso nicht.«
    Jordi sagte, »was immer Frisée erzählt, scheißegal, eines steht fest, und darauf kommt es an, und das werden wir allen sagen, die es interessiert: Es ist eine Ehre, von Dreyfus gefahren zu werden. Wenn man ein Auto ist.«
    »Sehe ich auch so«, unterstützte ihn Bronski. »Wollen Sie da heute noch mal rauskommen, oder haben Sie vor, auf dem Fußboden zu übernachten?«
    Sie hatten keine Lust, die Bücher aufzuräumen, was immer das in Bronskis Haus bedeutet hätte, aber sie schichteten sie um, so dass Jordi durch einen schmalen Durchgang in die Küche schlüpfen konnte.
    »Wir brauchen Wein und Benzin«, stellte Bronski fest, und die beiden fuhren ins Dorf zum Tanken, anschließend kehrten sie im einzigen Gasthof ein, Bronski nahm wie immer seinen gewürzlosen Fisch mit Gemüse, Jordi bestellte das Gleiche in scharf. Und zusammen mit dem Wirt tranken sie eine Flasche vom hiesigen Roten.
    Kurz vor Mitternacht waren sie zurück auf Bronskis Hof.
    Es war eine sternklare Nacht und kalt. Jordi freute sich auf das Federbett in seiner Jurte, aber Bronski hielt ihn zurück.
    »Ich will Ihnen etwas zeigen, bevor wir schlafen gehen«, sagte er und nahm einen Schlüsselbund aus der Jackentasche. Er überquerte den Hof und bedeutete Jordi, mitzukommen; er steuerte auf ein langgestrecktes Quergebäude zu und schloss die kleine Stahltür auf, die in das Tor eingelassen war. Neonröhren blitzten unschlüssig, als Bronski einen Schalter drückte, und warfen dann ein ungewohnt weißes, im Vergleich zu Bronskis Wohnhaus geradezu grelles Licht. Jordi sah sich überrascht um: kein Wort hatte Bronski hiervon erwähnt, oder hatte er ihm so nachlässig zugehört, dass er jede mögliche Anspielung nicht mitbekommen hatte?
    In dem taghellen Licht der hohen Garage stand eine Reihe von altertümlichen Autos mit sorgfältig hochgeklappten Motorhauben, und er, der nicht viel Ahnung hatte von Oldtimern, musste näher treten und genauer hinsehen, um herauszufinden, was ihm hier geboten wurde, denn dass diese Auswahl etwas Besonderes sein musste, war Jordi klar und wurde aus Bronskis Haltung deutlich, der mit leicht geröteten Wangen bereitstand, preisende Ausrufe entgegenzunehmen und huldvoll Einzelheiten zu erläutern. Jordi sah ratsuchend zu ihm.
    Bronski seufzte. Geduldig deutete er auf das tiefliegende blaue Auto, »das ist ein Maserati 8c. Er hat das Rennen in Tunis 1933 gewonnen. Ich habe ihn in einer Garage bei einem Händler am Rande der Wüste entdeckt, stellen Sie sich vor, zufällig, gut, was heißt schon Zufall, er muss nach dem Rennen irgendwie dort liegen geblieben sein. Es hat mich aber Jahre gekostet, den Händler zu überreden, ihn herzugeben. Er war in einem unvorstellbar perfekten Zustand, fast nichts musste daran gemacht werden, das Wüstenklima ist schonend zur Karosserie, keine Spur von Rost.«
    Er deutete weiter, »und das ist ein Bugatti 35 B, vermutlich der berühmteste Rennwagen überhaupt. Ettore hat damit geprahlt, dass er in seinem besten Jahr über 600 Siege eingefahren hat, allein in einem Jahr!«
    »Stimmt das? Ist das überhaupt möglich?«
    Bronski zuckte die Schultern, »wie man’s nimmt. Und der hier –«, er war nicht aufzuhalten und wies auf einen roten Wagen, »das ist ein Bugatti Typ 37. Ihn habe ich in Südfrankreich neben der Straße stehen sehen … und siebzehn Jahre danach war er meiner.«
    »Sie haben viel Geduld gebraucht.«
    »Ich habe so viele Fehler gemacht am Anfang, ich wusste überhaupt nicht, wie man handelt und rechnet und schachert. Und noch mal rechnet und taktiert, und wie man überhaupt redet mit den Besitzern. Wie finde ich raus, was der andere im Sinn hat? Weiß er, was er hat, kennt er seinen Schatz, oder ist es ein zufälliger Besitz und beginnt er den Wert zu ahnen, wenn Sie ihn direkt fragen, ob er verkaufen will?«
    »Was ist der beste Rat, den Sie geben können, einem Anfänger wie mir zum Beispiel?«
    Bronski sah Jordi an und lachte. »Wollen Sie Sammler werden? Sie wissen ja noch nicht mal, was da lebt bei Ihnen im Wasser, unterm Schlamm. Gestern wollten Sie noch aufgeben! Also gut, hören Sie zu: Nie über Geld reden. Keine Gefühle zeigen.«
    Wieder lachte Bronski, diesmal sarkastisch, wie Jordi es noch nicht gehört hatte von ihm. Er ahnte plötzlich, dass dieser Mann, wenn es drauf ankam, hart verhandeln konnte und
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