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Bugatti taucht auf

Bugatti taucht auf

Titel: Bugatti taucht auf
Autoren: D Loher
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deren Mitte ein weißes, mannshohes Zelt errichtet war, dessen Form an einen Zirkus denken ließ.
    Bronski leuchtete das Zelt an und öffnete die Tür, die, wie Jordi jetzt bemerkte, aus Holz war; fein und bunt mit Blumen bemalt ebenso wie die Streben, an denen entlang die dicke Tuchwand festgezurrt war. Er ließ Jordi eintreten. In der Mitte des Zeltes befand sich ein kleiner, eiserner Ofen, der seinen Abzug im Spitz des Zeltdaches hatte, drei Betten standen der Länge nach im Rund der Wände und ein kleiner Tisch, auf dem sich eine Ansammlung von Kerzen zusammendrängte.
    Bronski machte eine Bewegung mit der Taschenlampe, »drüben, am Ende des Wegs, gibt es einen Pferdestall, da finden Sie eine Dusche und das WC; es ist ganz komfortabel.«
    Jordi ließ sich mit einem Seufzer auf die Matratze fallen, das Federbett war sicher nicht aus der Mongolei, aber ein Geschenk war es doch.
    Am andern Morgen holte Bronski ihn ab, und sie fuhren mit dem Wagen in das nächste Dorf, wo sie in der einzigen Gastwirtschaft frühstückten. Bronski erkundigte sich, was Jordi über das Bugattiwrack und dessen Herkunft hatte in Erfahrung bringen können. Jordi erzählte ihm, was er wusste.
    »Haben Sie schon mal etwas gehört von diesem Fausto Frisée? Von dem Glücksspieler, der mit dem Bugatti in Ascona ankam und der behauptet hat, er habe ihn beim Pokern von René Dreyfus gewonnen?«, fragte er Bronski. Der schüttelte schweigend den Kopf. Nach einer Weile sagte er, »das will allerdings nichts heißen – aber …«.
    »Was aber?«
    Wieder schüttelte Bronski den Kopf, brütete ein wenig vor sich hin und drängte dann zum Aufbruch. Zurück in seinem Haus, gab er Jordi die Anweisung, eine turmartige Zusammenstellung von Büchern abzutragen, die sich in einer Ecke an das Wandregal stützte, er selber verschwand in einem Flur, und Jordi hörte ein Geräusch, das klang wie aneinanderklirrende Flaschen. Er wusste nicht, wohin mit den Büchern, und konnte nicht anders, als sie in den einzig verbliebenen Durchgang zwischen Küche und Wohnzimmer zu stapeln, was zur Folge hatte, dass Jordi, als er fertig war mit dem Umräumen, das Zimmer nicht mehr verlassen konnte. Bronskis Kopf tauchte auf der Küchenseite hinter dem Bücherturm auf. »Oha,« sagte er, »gut, das macht gar nichts. Ich sage Ihnen, was Sie tun sollen.«
    Jordi nahm den Linoleumzuschnitt vom Boden hoch, auf dem der Turm gestanden hatte, darunter kam eine Tür zum Vorschein. »Öffnen Sie sie«, sagte Bronski, »da ist ein kleiner Keller, ein Wein- und Vorratskeller.« Jordi zog an dem Türgriff, die Klappe ließ sich leicht heben, darunter war wirklich ein Keller, der aber nicht mehr betretbar war, denn die Bücher, Zeitungen und Papiere, die in Bündeln, Kisten und auch Plastiktüten in ihm gelagert waren, reichten bis auf die oberste Stufe der schmalen Treppe, die hinunterführte.
    »Es ist ganz einfach«, ließ sich Bronski hören, »sehen Sie die zweite oder dritte Stufe, nicht die oberste, es muss die zweite oder dritte sein, da gibt es eine Schachtel, auf der steht ›Fotos Rennen Dreyfus‹, die brauchen wir.«
    Jordi wollte ihm die Schachtel hinüberreichen, aber Bronski winkte ab.
    »Schauen Sie selbst, schauen Sie doch.«
    Ein leichter Geruch nach Pilzen und Erde entwich dem Pappkarton, Jordi begann die Fotos durchzusehen.
    »Wonach suche ich gleich noch mal?«, rief er zu Bronski in die Küche hinüber.
    »Die Hände, achten Sie auf die Hände«, rief Bronski zurück.
    Auf den meisten Fotos, Zeitungsausschnitten und Kopien aus Büchern und Magazinen erschien ein Mann im Zentrum, der schmal war, mit einem auffallend kleinen Schädel, und auf den ersten Blick unscheinbar wirkte. Bei genauerem Hinsehen war zu erkennen, dass er ein sehr feines Gesicht mit weichen Zügen hatte. Sein Ausdruck wirkte selbst im größten Trubel der Rennbahn gelassen und ausgesprochen freundlich, manchmal angestrengt oder erschöpft, nie aber in dem Maße übermütig oder zerquält wie die Gesichter seiner Kollegen.
    »Haben Sie’s?«, rief Bronski.
    »Hände kann ich nicht finden. Die Hände stecken hinter dem Rücken oder in Hosentaschen, Hände gibts so gut wie gar nicht.«
    »Dann müssten Sie Ihnen doch grade auffallen. Stellen Sie sich nicht an. Drehen Sie sie um, die Fotos. Ich meine einen Schwarz-weiß-Abzug; gehen Sie nach Jahreszahlen. Es muss – warten Sie – … 1930 gewesen sein. Monaco 1930, das steht hinten drauf.«
    Jordi hielt das Bild zur Begutachtung über die
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