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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy
Autoren: Jordan Sonnenblick
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waren praktisch kosmische Zwillinge!
    Ich stand immer noch neben der Kasse und versuchte, mir eine super Anmache auszudenken, die sich auf unser Schuhwerk bezog, als das Beatles-Mädchen aus der dampfigen Küche mit einem eklig aussehenden Wrap auftauchte, aus dem riesige Büschel Bohnensprossen ragten. Das scheußliche Zeug, das es zum Essen ausgewählt hatte, zwang mich beinahe, dem Mädchen als mögliche Lebensgefährtin den Rücken zu kehren. Dann machte es aber alles wieder gut, als es sich am Ende der Theke kurz vor der Kasse eine Packung Schokomuffins schnappte. Interessanterweise bezahlte es das Ganze mit einem Zwanziger.
    Gerade als ich diesen Info-Happen meiner spärlichen Beatles-Mädchen-Datenbank hinzufügte, schaute sie mir direkt ins Gesicht und sagte: »Woody.«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte, und versuchte es mit: »Hä?«
    Â»Ich heiße Woody. Du bist der Neue, stimmt’s? In meiner Sozialkundeklasse?«
    Ich dachte: Nein, ich bin seit der sechsten Klasse hier, aber keinem ist es aufgefallen, obwohl ich der einzige asiatische Junge in der ganzen verdammten Schule bin! Aber ich schluckte meinen Sarkasmus runter und sagte stattdessen: »Ja, stimmt. Ich bin San. San Lee.«
    Sie sah mich so gespannt an, als ob sie von mir nun einen wilden Stepptanz erwartete. Also fügte ich hinzu: »Ich bin aus Houston. Gestern war mein erster Tag.«
    Â»Houston? Wie interessant! Wie ist es in Texas? Und warum bist du ausgerechnet hierher gezogen? Harrisonville ist doch so was von langweilig.«
    Jetzt hatte ich ein Problem. Ich konnte ihr zustimmen und ihre Stadt schlechtmachen oder ihr widersprechen und damit vermeiden, ihre Stadt zu beleidigen. An solchen Stellen wird es kompliziert, wenn man keine Identität hat.
    Das Schweigen war ihr wahrscheinlich unangenehm, denn schließlich brach sie es. »Du bist wohl ziemlich ruhig, hm? Bist du schüchtern?« Sie lächelte mich freundlich an.
    Vielleicht war ich ja wirklich schüchtern. Schüchtern gefiel mir irgendwie. Ich nickte.
    Â»Also, wenn du was brauchst – jemanden, der dir alles zeigt oder dir sagt, wie die Lehrer so sind oder was –, frag einfach, okay? Die Stadt ist ziemlich lahm, aber mit der sachkundigen Hilfe einer Eingeborenen wird es schon klappen. Ich, ähm, muss jetzt essen. Bis später, San.« Während sie sich setzte, blies sie wieder die Haare weg. Ich weiß nicht, warum, aber aus irgendeinem Grund fand ich das unheimlich süß.
    Ich wollte etwas Witziges und Kluges sagen, murmelte aber nur: »Danke. Bis später.«
    Bin eben schüchtern.
    Dann entfernte ich mich, die Hände in die Taschen meiner weiten kalifornischen Skater-Jeans gerammt, und pfiff Woodys Song.
    Ich war ein schüchterner Pfeifer. Das war nicht viel, um eine Persönlichkeit daraus zu basteln, aber es war ein Anfang.

Buddha
trifft auf schreienden Affen
    Am selben Tag in Sozialkunde fügte ich meiner angeblichen Identität aus Versehen noch eine ganz neue Facette hinzu. Santa Dowd stellte Fragen zu dem Abschnitt in unserem Lehrbuch, den wir als Hausaufgabe hatten lesen sollen: die Verbreitung des Buddhismus in China und Japan. Zugegebenermaßen hatte ich nichts gelesen, aber ich wusste über die Sachen Bescheid. Ich hatte sogar schon mal an einem Poster-Projekt über Taoismus und Zen-Buddhismus gearbeitet. Poster-Projekte haben mir schon immer gefallen, weil ich den Geruch von Filzstiften mag.
    Obwohl ganz offensichtlich alle diesen Dowd-Typen mochten, hob keiner die Hand, um seine Fragen zu beantworten. Die Schüler rutschten auf ihren Stühlen hin und her, vermieden den gefürchteten Lehrer-Augenkontakt, sortierten ihre Hefte und spitzten Bleistifte, die vorher schon problemlos kugelsichere Westen durchbohrt hätten. Woody sah mich an, was bewirkte, dass ich einen großen Fehler machte. Ich wollte sie anlächeln, fürchtete aber, dass das unschüchtern von mir wäre. Also drehte ich mich weg – und schaute in die babyblauen Augen von Mr Dowd. Als er mich mit seinem Blick fixierte, wusste ich, was als Nächstes käme. Aber wie ein Reh vor den Scheinwerfern eines Autos war ich machtlos.
    Â»San Lee? Kannst du erklären, wie der Buddhismus in China angenommen und adaptiert wurde?«
    Ha, das wusste ich tatsächlich. Außerdem war ich genau der Richtige, um diese Frage zu beantworten, da ich AUS China
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