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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy
Autoren: Jordan Sonnenblick
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schüchtern ich wirken wollte, so weit wollte ich dann doch nicht gehen. Ich holte mein Sozialkundebuch heraus und las das bewusste Kapitel durch. Es ging um die Traditionen der Zen-Buddhismus-Praxis, an die ich mich noch gut erinnerte. Zunächst gab es die Vier Edlen Wahrheiten, an die alle Buddhisten glauben:
Das Leben ist Leiden.
Das Festhalten an Sehnsüchten ist der Ursprung allen Leidens.
Du kannst das Leiden beenden, indem du deine Begierden und Sehnsüchte aufgibst.
Du kannst deine Begierden und Sehnsüchte aufgeben, indem du den Edlen Achtfachen Weg beschreitest.
    Dem ersten Punkt konnte ich nur zustimmen. Ach was, dafür hätte ich mit meinem Foto auf einem Poster werben können! Der zweite Satz schien auch zu stimmen. Wie oft hatte ich Monate damit verbracht, die Tage bis Weihnachten zu zählen, nur weil ich mir ein Ultra-Mega-Transformo-Tron-Spielzeug wünschte? Und am ersten Schultag nach Neujahr hatte immer ein anderes Kind den SUPER-Ultra-Mega-Transformo-Tron, und ich sehnte mich dann bis zu meinem Geburtstag danach.
    Die Nummer drei klang nach einer klasse Idee. Jetzt, wo wir praktisch mittellos waren, schien die Zeit dafür reif zu sein, sich nichts mehr zu wünschen. Ich brauchte nur zu lernen, Punkt Nummer vier zu folgen. Mir fiel ein, dass ich deshalb Recherchen hasste. Man fing mit nur vier Dingen an, die man zu lernen hatte. Dann zwang einen der vierte Punkt, sich nach acht weiteren umzusehen und sich diese einzuprägen.
    Mich befiel der Verdacht, dass das Achtfache des Edlen Achtfachen Weges so etwas in der Art war wie: ›Der Schlüssel zum Edlen Achtfachen Weg ist die Meisterschaft der siebenunddreißig Lotusblüten-Lehren.‹
    Wow. Ich hatte die Vorzüge, den Dummen zu spielen, erst dann richtig schätzen gelernt, als ich versuchte, den Klugen zu geben. Nach vierzehn zermürbenden Minuten des Bücherwälzens brauchte mein Hirn eine Verschnaufpause. Woodys Song ging mir durch den Kopf und ich beschloss, nach etwas zu suchen, womit ich sie beeindrucken könnte.
    Oh, Mann. Jetzt musste ich schon recherchieren, nur um ein Mädchen zu beeindrucken. An Sehnsüchten festzuhalten, ist wirklich der Ursprung allen Leidens. Ich ließ meine Büchertasche auf dem Tisch liegen und suchte mir eine freie Computerkabine.
    Gerade als mein Mauspfeil-Dingsbums auf dem Explorer-Symbol landete, senkte sich eine kalte und knochige Hand auf meine Schulter. Ich hörte, wie jemand direkt neben meinem Ohr keuchend einatmete. Ich schwör’s, es war der reinste Horrorfilm.
    Â»Hallo, junger Mann«, krächzte die Besitzerin der Skeletthand. »Ich habe dich hier noch nie gesehen. Mein Name ist Mrs Romberger. Du darfst die Computer nur mit einem gültigen Bibliotheksausweis benutzen. Hast du einen gültigen Bibliotheksausweis?«
    Nein , wollte ich sagen, haben Sie eine gültige Sterbeurkunde? Es sieht aus, als würden Sie bald eine brauchen.
    Das erschien mir dann aber doch nicht das angemessene buddhasche Verhalten zu sein. Außerdem wollte ich den blöden Computer benutzen. Also lächelte ich gewinnend und erwiderte: »Natürlich habe ich einen gültigen Bibliotheksausweis.« Ich sagte ihr allerdings nicht, dass er für die Öffentliche Bücherei von San Jose ausgestellt war. Das hatte sie davon, wenn sie so vage Fragen stellte.
    Ich stellte mich vor und versprach, nicht länger als dreißig Minuten am Computer zu verbringen, woraufhin die Alte davonhoppelte, um irgendeinen anderen Wissbegierigen zu erschrecken. Nachdem ich im Internet war und mein Herz wieder einen normalen Rhythmus schlug, gab ich ›dusty road that a million feet have trod‹ in eine Suchmaschine ein. Ich hielt diese Zeile in Woodys Song am ehesten für einzigartig. Wenn dieses Lied tatsächlich berühmt wäre, gäbe es bestimmt einige Treffer. Ich drückte auf ENTER und Peng! Hunderte von Einträgen tauchten auf.
    Wie sich herausstellte, stammte der Song aus der Zeit der großen Wirtschaftskrise, die laut Internetauskunft ›eine Zeit großer Armut in Amerika war, die mit dem Börsenkrach von 1929 begann‹. Soweit ich es nach meiner gegenwärtigen finanziellen Lage beurteilen konnte, war sie noch nicht zu Ende. Das Lied stammte übrigens von einem berühmten Folksänger namens – man höre und staune – Woody Guthrie.
    Aha! Ich war also über den geheimen Ursprung des Namens meiner
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