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Bruno Chef de police

Bruno Chef de police

Titel: Bruno Chef de police
Autoren: Martin Walker
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Absichtlich?«
    »Hallo, Yves.« Bruno schmunzelte. »Hör mir auf mit dem Quatsch vom Sieg unseres Volkes. Du und all die anderen Kommunisten, ihr würdet heute deutsch sprechen, wenn uns die Briten und Amerikaner nicht zu Hilfe gekommen wären.«
    »Papperlapapp«, blaffte Montsouris. »Selbst die Briten würden deutsch sprechen, wenn es Stalin und die Rote Armee nicht gegeben hätte.«
    »Ja, und wenn es nach denen gegangen wäre, würden wir russisch sprechen, und du wärst Bürgermeister.«
    »Wenn schon, dann Kommissar«, erwiderte Montsouris. Ihm war selbst klar, dass er nur deshalb der Kommunistischen Partei angehörte, weil er als Eisenbahner von seiner Gewerkschaft, der cgt , dazu gedrängt worden war. Er hatte zwar ein Parteibuch und half bei allen Wahlkämpfen mit, vertrat aber eine ausgesprochen konservative Politik. Manchmal fragte sich Bruno, wem Montsouris tatsächlich seine Stimme gab, wenn er, ohne seine radikale Frau im Nacken, allein und unbeobachtet in der Wahlkabine stand.
    »Meine Damen und Herren«, rief der Bürgermeister. »Ich bitte zu Tisch, bevor die Suppe warm wird.«
    Monsieur Jackson fing lauthals zu lachen an, verstummte aber sofort, als er bemerkte, dass niemand sonst den bemühten Scherz komisch fand. Sylvie nahm ihn beim Arm und führte ihn an seinen Platz. Brunos Tischnachbar war wie häufig bei solchen Anlässen Pater Sentout, der ihn mit einem flüchtigen Blick beehrte. Er grüßte höflich und widmete seine Aufmerksamkeit der
vichyssoise,
einer kalten Kartoffelsuppe.
    »Haben Sie eine Erklärung dafür, dass der Bürgermeister nicht zulässt, dass ich zur Feier des Sieges ein kurzes Gebet spreche?«, fragte der Pater wie jedes Jahr.
    »Vielleicht weil's ein republikanisches Fest ist, Pater«, antwortete Bruno wohl schon zum vierzehnten Mal. »Sie kennen doch das 1905 verabschiedete Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat.«
    »Aber die Mehrzahl unserer tapferen Jungs, die in den Krieg gezogen und für Gott und das Vaterland gefallen sind, waren gute Katholiken.«
    »Ich hoffe, Sie haben recht, Pater«, erwiderte Bruno freundlich. »Und es müsste Ihnen doch gefallen, dass Sie zu diesem Bankett eingeladen wurden. Sie können das Tischgebet sprechen. Die meisten Bürgermeister würden nicht einmal das erlauben.«
    »Ah ja, was hier aufgetischt wird, ist wahrhaftig ein Genuss, verglichen mit dem Höllenfraß, den mir meine Haushälterin vorsetzt. Aber ich will nichts Schlechtes über sie sagen, sie ist eine fromme Seele und tut ihr Bestes.«
    Bruno runzelte unwillkürlich die Stirn in Erinnerung an ein opulentes Mahl in der Pfarrei, mit dem der Priester kirchliche Würdenträger und auch ihn als Gast bewirtet hatte. Seine Stirn glättete sich wieder, als Jeanne seine Kartoffelsuppe wegnahm und ihm stattdessen einen Teller mit einer großzügigen Scheibe
foie gras
und einem Klecks ihrer selbstgemachten Zwiebelmarmelade vorsetzte. Claire schenkte ihm goldenen
Monbazillac
ein, von dem er wusste, dass er vom Cousin des Bürgermeisters gekeltert worden war. In den Trinksprüchen, die nun die Runde machten, wurde der junge Hornbläser lobend hervorgehoben, und bald taten der Champagner und der
Monbazillac
ihre magische Wirkung, worauf sich die Stimmung merklich auflockerte. Zur Forelle wurde ein trockener weißer Bergerac serviert, zum Lamm ein edler Pécharmant von 2001, und die Tischgesellschaft wurde immer vergnügter.
    »Wissen Sie, ob dieser junge Araber ein Muslim ist?«, fragte Pater Sentout betont beiläufig und deutete mit seinem Glas auf Karim.
    »Ich habe ihn nie gefragt«, antwortete Bruno. »Wenn ja, nimmt er's mit seiner Religion nicht so genau. Er verneigt sich nicht nach Mekka, und vor einem großen Spiel bekreuzigt er sich, also ist er vielleicht Christ. Außerdem ist er hier geboren, ein Franzose wie Sie und ich.«
    »Aber er kommt nie zur Beichte. So wenig wie Sie, Bruno. Und in der Kirche sehen wir Sie nur bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen.«
    »Und zur Chorprobe«, protestierte Bruno. »Und zu Weihnachten und Ostern.«
    »Lenken Sie nicht ab«, sagte der Priester. »Es geht hier jetzt nicht um Sie, sondern um Karim und seine Familie.«
    »Ich weiß nicht, welcher Konfession Karim angehört. Vielleicht keiner. Sein Vater ist jedenfalls Atheist. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass er Mathematik unterrichtet.«
    »Kennen Sie auch den Rest der Familie?«, hakte der Priester nach.
    »Ich kenne Karims Frau, seine Cousins und einige seiner Neffen, die bei
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