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Bruno Chef de police

Bruno Chef de police

Titel: Bruno Chef de police
Autoren: Martin Walker
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wenige Frauen) der Gemeinde von Saint-Denis fast täglich mit der Flinte los - und wenn er nicht gerade der notorisch scheuen, aber besonders schmackhaften
bécasse
nachpirschte, traf er in der Regel auch.
    Bruno schaute zufrieden auf seine Stadt hinab, und wie so oft verweilte sein Blick zunächst auf dem glitzernden Lichtspiel der Sonne in den Strudeln der Vézère vor den alten steinernen Brückenbögen, wanderte weiter zum hell blinkenden Wetterhahn auf dem Kirchturm, dann zu dem Adler über dem Kriegerdenkmal, wo er sich heute Punkt zwölf zu einer Gedenkveranstaltung einfinden musste, und dann hinüber auf die reflektierenden Windschutzscheiben und Chromteile der Autos und Wohnwagen auf dem Parkplatz hinter dem Krankenhaus.
    Allmählich kam Leben in das friedliche Bild. Die ersten Gäste steuerten auf Fauquets Café zu, und selbst von der fernen Anhöhe aus hörte Bruno das Metallrollo klappern, das vor Lespinasse'
tabac
hochgezogen wurde, wo man außer Zigaretten auch Angelzeug, Waffen und Munition kaufen konnte. Ein nicht gerade gesundheitsförderndes Sortiment, dachte Bruno.
    Auch ohne hinsehen zu müssen, wusste Bruno, dass Madame Lespinasse jetzt den Laden öffnete und sich ihr Mann als erster Gast im Café ein kleines Glas Weißwein genehmigte, dem er im Laufe des Tages noch viele für den angenehmen Dauerrausch folgen lassen würde. Bruno wusste auch, dass bei Fauquet wie immer die gleiche Runde alter Herren beieinanderhockte. Sie studierten Listen der Sportwetten und schlürften ihren ersten
petit blanc,
während die Mitarbeiter der
mairie
an ihren Croissants knabberten, Kaffee tranken und die Schlagzeilen der aktuellen Ausgabe der
Sud-Ouest
lasen. Er wusste, dass Schuster Bachelot bei Fauquet an seinem Morgengläschen nippte, während sein Erzfeind und Nachbar Jean-Pierre, der den Fahrradladen führte, sein Tagwerk in Ivans
Café de la Libération
begann. Ihre Feindschaft ging auf die Tage der Résistance zurück, als der eine einer kommunistischen Gruppe und der andere der
Armée secrète
von de Gaulle angehört hatte. Bruno erinnerte sich nicht mehr, wer welchem Lager zuzuordnen war. Er wusste nur, dass die beiden seit dem Krieg kein einziges Wort mehr miteinander gewechselt hatten und das Gleiche von ihren Angehörigen verlangten, denen sie allenfalls ein frostiges
bonjour
erlaubten. Außerdem wurde gemunkelt, dass beide Männer seit Jahren heimlich und unbeirrt versuchten, die Ehefrau des anderen zu verführen. Der Bürgermeister hatte Bruno einmal bei einem Glas Wein anvertraut, er sei überzeugt davon, dass beide, Bachelot wie auch Jean-Pierre, ihr Ziel erreicht hätten. Bruno war allerdings lange genug Polizist, um den meisten Gerüchten über Seitensprünge zu misstrauen, und als jemand, der in delikaten Dingen selbst streng auf Verschwiegenheit achtete, räumte er anderen dasselbe Recht auf Diskretion ein.
    All diese kleinen Eigenheiten von Saint-Denis waren Bruno so vertraut wie seine eigenen morgendlichen Routinen: seine von
Radio Périgord
begleitete Frühgymnastik, das Duschbad mit Spezialshampoos zur Vorbeugung gegen Haarausfall und der nach grünen Äpfeln duftenden Seife, dann das Hühnerfüttern, während der Kaffee kochte, und schließlich das gemeinsame Frühstück mit seinem Hund Gigi - getoastete Baguettescheiben vom Vortag.
    Bruno blickte zu den Höhlen in den Kalksteinfelsen jenseits des kleinen Wasserlaufs, der vor der Stadt in die Vézère mündete. Diese unheimlichen Höhlen mit ihren uralten Zeichnungen und Gemälden lockten Wissenschaftler und Touristen aus aller Welt in dieses Tal, vom Verkehrsamt als >Wiege der Menschheit< bezeichnet, weil es angeblich der am längsten kontinuierlich bewohnte Kulturraum Europas war. Hier lebten Menschen seit 40 000 Jahren; Eiszeiten und Hitzeperioden, Überflutungen, Kriege und Hungersnöte hatten sie nicht vertreiben können. Bruno verstand die Verbundenheit mit diesem Ort, obwohl er sich vorstellen konnte, dass es auch anderswo sehenswerte Höhlen mit einzigartigen Felszeichnungen gab.
    Unten am Flussufer sah er die verrückte Engländerin, die nach ihrem allmorgendlichen Ausritt ihr Pferd tränkte. Wie immer war sie äußerst sorgfältig gekleidet, trug blank polierte schwarze Stiefel, eine beigefarbene Reithose und ein schwarzes Jackett. Unter der schwarzen Reitkappe wucherte rotbraunes Haar wie ein Fuchsschwanz hervor. Bruno fragte sich, warum sie bei allen die verrückte Engländerin hieß. Auf ihn machte sie einen ganz und gar
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