Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
von der Streife - also unsere Leute -, die mir den Vorfall gemeldet haben. Auch, daß es sich bei dem Verletzten um einen Arzt handelt. Als ich daraufhin herkam, um zu sehen, was los ist, erklärte mir so ein Trottel von Capitano - in Reitstiefeln, du meine Güte! -, es sei ihr Fall und gehe mich nichts an.«
    Brunetti ließ seinem Inspektor die abfällige Bemerkung über einen Hauptmann der Carabinieri schweigend durchgehen.
    »Daraufhin beschloß ich, dich zu verständigen«, ergänzte Vianello.
    Als er innehielt, fragte Brunetti: »Und weiter?«
    »Anschließend - also nach dem Anruf bei dir - habe ich eine Weile hier gewartet. Sobald der Neurologe eintraf, habe ich versucht, von ihm eine Stellungnahme zu kriegen, doch dann kam Rotstiefelchen aus dem Krankenzimmer, und der Arzt ging hinein, um nach seinem Patienten zu sehen. Also bin ich runter zum Boot und habe mit einem der Carabinieri gesprochen, die den Verletzten hergebracht hatten. Von ihm erfuhr ich, daß der Trupp, der die Festnahme vorgenommen hat, aus Verona kommt. Bis auf den Gestiefelten, der ist hier stationiert. Stammt irgendwo aus Pordenone, ist aber seit etwa einem halben Jahr hier. Na, jedenfalls hat's Ärger gegeben bei der Festnahme von diesem Arzt. Der ist offenbar auf einen der Carabinieri losgegangen und dabei gestürzt. Als er danach nicht mehr hochkam, fing seine Frau dermaßen an zu schreien, daß sie beschlossen, ihn hierher in die Klinik zu bringen und untersuchen zu lassen.«
    »Hat der Carabiniere ein Baby erwähnt?« fragte Brunetti.
    »Nein. Mit keinem Wort«, antwortete Vianello verdutzt. »Aber der Mann wirkte ohnehin nicht sehr gesprächig, und ich wußte ja auch nicht genau, wonach ich fragen sollte. Eigentlich wollte ich nur rauskriegen, was mit diesem Arzt passiert ist und wie es zu seiner Verletzung kam.«
    Brunetti schilderte Vianello in groben Zügen, was er von Marvilli über Zweck und Ziel der Razzia sowie deren Ausgang erfahren hatte. Vianello brummelte etwas vor sich hin; Brunetti glaubte das Wort »Angriff« herauszuhören.
    »Du glaubst nicht, daß er gestürzt ist?« fragte Brunetti und dachte an die Bedenken von Dottoressa Cardinale.
    Vianello gab ein ungläubiges Schnauben von sich. »Nein! Es sei denn, er wäre über die Sporen des Hauptmanns gestolpert, als sie ihn aus dem Bett holten. Der Mann war nackt, als er hier eingeliefert wurde. Jedenfalls hat mir das eine der Schwestern unten an der Pforte erzählt. In eine Decke gehüllt, aber drunter splitternackt.«
    »Und was folgerst du daraus?« fragte Brunetti.
    »Nimm einem Mann die Kleider weg, und er ist nur noch ein halber Mann«, entgegnete Vianello. »Ein Nackter attackiert keinen bewaffneten Gegner«, lautete seine - in diesem Fall voreilige -Schlußfolgerung.
    »Ich glaube, es waren sogar zwei«, warf Brunetti ein.
    »Genau«, bekräftigte Vianello, der sich offenbar in seiner Theorie bestätigt fühlte.
    Brunetti nickte zustimmend, dann horchte er auf. Im Flur erklangen Schritte; Marvilli war im Anmarsch.
    Der Hauptmann erkannte Vianello und meinte: »Wie ich sehe, setzt Ihr Sergente Sie gerade ins Bild.«
    Vianello wollte etwas erwidern, doch Brunetti kam ihm zuvor. Er erhob sich und trat einen Schritt auf Marvilli zu. »Der Ispettore referiert mir, was ihm berichtet wurde, Capitano.« Und mit einem entwaffnenden Lächeln setzte Brunetti hinzu: »Das ist nicht unbedingt das gleiche.«
    »Kommt ganz drauf an, mit wem er gesprochen hat«, versetzte Marvilli triumphierend.
    »Am Ende wird uns schon irgendwer die Wahrheit sagen, da bin ich mir sicher«, konterte Brunetti. Ob Marvilli ein bißchen zuviel Koffein erwischt hatte?
    Bevor der Hauptmann antworten konnte, öffnete sich die Tür zu Pedrollis Zimmer. Ein Mann mittleren Alters, der Brunetti irgendwie bekannt vorkam, trat, den Blick noch auf etwas im Raum gerichtet, in den Flur hinaus. Er trug ein Harris-Tweed-Sakko über einem blaßgelben Pullover und Jeans.
    »Raus!« befahl er in drohendem Ton und wies mit erhobener Hand Richtung Ausgang. Dabei hatte er unverwandt einen Gegenstand oder vielmehr eine Person im Visier. Ein wesentlich jüngerer Mann im Tarnanzug und mit Maschinenpistole tauchte im Türspalt auf, verharrte auf der Schwelle und spähte dumpf benommen in den Korridor hinaus.
    Kaum daß der junge Mensch den Mund aufmachen wollte, brachte der Capitano ihn zum Schweigen und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, sich zu entfernen. Als aber der Carabiniere in den Flur trat und auf Marvilli
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher