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Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen
Autoren: Donna Leon
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passiert ist.«
    »Ja, sicher. Aber ich habe ihn gesehen.«
    »Wo?«
    »In der Klinik.«
    »Und?«
    »Und die Ärzte können noch nichts sagen. Man muß den Heilungsprozeß abwarten. Es ist die Rede von Hauttransplantationen. Aber ...«
    »Aber was?«
    »Das ist nicht das größte Problem.«
    »Sondern?«
    »Seine Augen.«
    »Beide?«
    »Eines ist mit Sicherheit verloren. Das andere kann man vielleicht retten. Eventuell auch mittels einer Transplantation. Und dann wäre da noch seine Hand.«
    »Ja, er hat versucht, sein Gesicht zu schützen.«
    »Das geschieht wohl instinktiv. Es hätte noch viel schlimmer kommen können.«
    »Sie meinen, wenn ich seinen Kopf nicht ins Becken gehalten und das Wasser aufgedreht hätte?«
    »Ja.«
    »Ich konnte gar nicht anders: wahrscheinlich eine ebenso instinktive Reaktion wie sein Versuch, das Gesicht zu bedecken. Vielleicht kommt es daher, daß ich Arzt bin. Da reagiert man automatisch so: Sie sehen einen Verletzten und handeln, ohne groß nachzudenken. Sie erinnern sich an das, was man Ihnen im Studium eingebleut hat, und legen los. Genauso war es mit Franchi. Ich wußte, das einzige, was hilft, ist, so bald und so lange wie möglich fließendes Wasser drüberlaufen zu lassen.«
    »Die Ärzte meinen, es könnte einiges damit gewonnen sein. In bezug auf die Transplantation.«
    »Gut.«
    »Dottore, ich glaube, ich muß etwas erklären. Sie werden mir nicht glauben wollen, obwohl es die Wahrheit ist.«
    »Geht es um Franchi?«
    »In gewisser Weise.«
    »Ja, und?«
    »Er hat die Carabinieri nicht verständigt.«
    »Wie können Sie das behaupten? Woher wollen Sie das wissen?«
    »Der Anruf war anonym, das ist richtig. Aber er kam nicht von Dottor Franchi.«
    »Ich glaube Ihnen kein Wort! Die Mutter wollte das Kind nicht. Außerdem wußte sie, wo sie mich finden würde, falls sie mehr Geld gewollt hätte. Aber sie hat sich nie bei mir gemeldet, warum hätte sie also ausgerechnet die Carabinieri verständigen sollen? Damit hätte sie sich doch nur selbst in Schwierigkeiten gebracht. Und das wußte sie. Nein, niemals hätte sie dort angerufen.«
    »Sie war's ja auch nicht.«
    »Sehen Sie? Hab ich's Ihnen nicht gesagt?«
    »Ja,ja.«
    »Also, wer war es dann? Und wer hat es Ihnen verraten?«
    »Es tut mir wirklich leid, Ihnen das sagen zu müssen, Dottore, aber es war Ihr Schwiegervater. Ja, ich weiß, das ist ein Schock für Sie. Aber er hat es mir selbst gesagt. Ich war vor ein paar Tagen bei ihm, da hat er's mir erzählt. Und ich glaube, es stimmt.« »Giuliano? Oddio, warum sollte er so etwas tun? Warum sollte er uns unser Baby wegnehmen?«
    »Vielleicht war es in seinen Augen nicht Ihr Baby.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, vielleicht ist es ihm schwergefallen, in Alfredo das Kind von Ihnen und Ihrer Frau zu sehen.«
    »Commissario, Sie sagen mir nicht die Wahrheit, hab ich recht? Oder zumindest nicht alles, was Sie wissen. Wenn Sie mit Giuliano gesprochen haben und er Ihnen dieses Geständnis gemacht hat, dann hätte er auch einen Grund angegeben. Er brüstet sich mit allem, was er tut, also hätte er auch damit geprahlt. Außerdem würde Bianca es ihm nie verzeihen ...«
    »Ich glaube, Sie haben genug, Dottore.«
    »Genug wovon?«
    »Genug gelitten.«
    »Da bin ich nicht der einzige. Warum erzählen Sie mir nicht auch noch den Rest, Commissario, damit wir dieses Gespräch beenden können?«
    »Ihr Schwiegervater hat mir gesagt, daß es nicht seine Idee war.«
    »O nein! Nein. Sie können nicht erwarten, daß ich das glaube. Sie hat ihn geliebt! Er war ihr Sohn in allem, in allem bis auf seine Geburt. Sie liebte ihn. Sie war seine Mutter. Er war ihr Kind. Sie hat ihn aufwachsen sehen ... Was sagen Sie nun, Commissario? Oder wollen Sie immer noch, daß ich Ihnen Ihre Lüge abkaufe?«
    »Ich habe ja gar nichts gesagt, Dottore. Aus meinem Mund haben Sie weder Lüge noch Anschuldigung gehört. Nicht ich habe Ihre Frau ins Spiel gebracht, sondern Sie.«
    »Dann hat Franchi also nicht ...«
    »Nein, Dottore. Er mag die Mutter Ihres Freundes informiert haben, und wir wissen auch von anderen Fällen, in denen er medizinische Daten an Personen aus dem Umfeld der Betroffenen weitergegeben hat. Doch in Ihrem Fall ...«
    »Aber haben Sie ihn denn gefragt?«
    »Ja, schon, doch er hat nicht geantwortet.« »Wie ich damals, hm?«
    »Ein bißchen vielleicht. Aber ich glaube, er kann tatsächlich nicht sprechen.«
    »Wieso?«
    »Wegen der Verbände. Und sein Mund soll auch schwere Verbrennungen
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