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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
Autoren: Donna Leon
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kam überein, die Tatkraft der Polizei nicht weiter mit überflüssigen Ermittlungen zu vergeuden. Nach offizieller Lesart war der Fall damit nicht abgeschlossen, sondern nur auf Eis gelegt: Wenn man den Dingen ihren Lauf ließ, würde er ganz von allein in Vergessenheit geraten und mit der Zeit ebenso zu Makulatur werden wie die Schlagzeilen, die der Mord und die Flucht der Rumänin vorerst noch machten.
    Die Behörden bemühten sich immerhin, das für den Mord an Maria Grazia Battestini relevante Material aus ihrem Umfeld zusammenzutragen. Ihre Nichte sagte aus, die Rumänin, die sie nur als Flori gekannt habe, sei zum Zeitpunkt des Verbrechens vier Monate bei ihrer Tante gewesen. Nein, die Nichte hatte sie nicht eingestellt: Dafür war die Anwältin ihrer Tante zuständig. Wie sich herausstellte, betreute Dottoressa Roberta Marieschi eine ganze Reihe von Senioren als Rechtsbeistand und beschaffte ihnen bei Bedarf gern auch Haushaltshilfen oder Zugehfrauen, vornehmlich aus Rumänien, wo sie mit verschiedenen Wohlfahrtsorganisationen zusammenarbeitete.
    Dottoressa Marieschi wußte nicht mehr über Florinda Ghiorghiu als was in ihrem Paß stand, von dem auch sie eine Kopie verwahrte. Das Original wurde in einem Leibgürtel sichergestellt, den die Rumänin um die Taille trug, und erwies sich, sobald man das Dokument gereinigt und untersucht hatte, als Fälschung, und nicht einmal eine besonders gute. Dem Polizisten, der Dottoressa Marieschi dazu befragte, antwortete sie, es sei nicht ihre Aufgabe, die Gültigkeit eines von der Einwanderungsbehörde für echt befundenen Passes nachzuprüfen. Sie kümmere sich nur darum, für die Inhaberin besagten Passes - den die Einwanderungsbehörde für echt befunden hat, wie sie genüßlich wiederholte - unter ihren Klienten einen geeigneten Arbeitgeber zu finden.
    Florinda Ghiorghiu habe sie nur einmal getroffen, vor vier Monaten, als sie die Frau zu Signora Battestini gebracht und die beiden miteinander bekannt gemacht habe. Danach habe es keinen Kontakt mehr gegeben. Ja, Signora Battestini hatte sich über die Rumänin beschwert, aber Signora Battestini beschwerte sich immer über die Hilfen, die man ihr schickte.
    Da der Fall offiziell noch nicht abgeschlossen war, erhielt die Nichte auch keine Antwort auf ihre wiederholte Frage, wie lange die Wohnung ihrer Tante erkennungsdienstlich behandelt und wann sie wieder freigegeben werde. Irgendwann wurde sie die Warterei leid und wandte sich an Dottoressa Marieschi, die ihr versicherte, aus dem Testament ihrer Tante gehe einwandfrei hervor, daß sie als Alleinerbin über das gesamte Haus verfügen könne. Eine Woche nach Signora Battestinis Tod trafen sich die beiden Frauen, um ausführlich über die Rechtslage zu beraten. Von der Anwältin ermutigt, begab sich die Nichte tags darauf in die Wohnung und veranstaltete ein Großreinemachen. Was immer ihr wertvoll oder wichtig erschien, wanderte, in Kartons verpackt, auf den Dachboden. Ausrangierte Kleider und nutzlosen Kleinkram stopfte sie in große Plastikmüllsäcke, die vor der Haustür abgestellt wurden. Schon am nächsten Tag rückten die Maler an, denn Dottoressa Marieschi hatte die Erbin davon überzeugt, daß sie ein lukratives Geschäft machen könne, wenn sie die Wohnung renoviert und neu eingerichtet in wöchentlichem Turnus an Touristen vermietete. Um geeignete Abnehmer wollte die Anwältin sich gerne kümmern, und nein, wenn die Verträge mündlich geschlossen würden und die Zahlungen in bar erfolgten, sah sie keinen Grund, diese Einkünfte dem Finanzamt zu melden. Nach einer weiteren Konsultation mit Dottoressa Marieschi, die ihr eine sagenhafte Rendite in Aussicht stellte, fand sich die Nichte bereit, auch die übrigen Wohnungen des Hauses zu renovieren.
    So viel zum Stand der Dinge knapp drei Wochen nach dem Tod von Maria Grazia Battestini. Ihre irdischen Güter waren auf den Dachboden verbannt, lieblos in Kartons gepfercht von ihrer Nichte und Alleinerbin, die sich nur insofern dafür interessierte, als sie eines Tages, wenn sie dazu käme, die Sachen gründlich zu sortieren, etwas Wertvolles darunter zu finden hoffte. Und für die frisch gestrichene Wohnung der Verstorbenen lag bereits eine sehr ernstgemeinte Anfrage eines holländischen Zigarrenfabrikanten vor, der die Räume gern in der letzten Augustwoche mieten wollte.

3
    E igentlich waren alle Beteiligten mit der Situation zufrieden: die Polizei, die den Fall zwar nicht aufgeklärt, aber doch so gut wie ad
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