Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
acta gelegt hatte; Signora Battestinis Nichte, Graziella Simionato, der sich mit dem Erbe eine ebenso bequeme wie willkommene neue Erwerbsquelle erschloß; und nicht zuletzt Roberta Marieschi, die sich zu dem eleganten Schachzug gratulierte, mit dem es ihr gelungen war, die Familie Battestini weiterhin an ihre Kanzlei zu binden. Zweifellos wäre auch alles so geblieben, wenn nicht der mächtige Hausgott Venedigs, ja aller Städte und Gemeinwesen, dazwischengefunkt hätte: der Klatsch.
    Am Spätnachmittag des dritten Sonntags im August gingen im zweiten Stock eines Hauses am Canale della Misericordia, nicht weit vom Palazzo del Cammello, die Fensterläden auf. Assunta Gismondi, die Wohnungsinhaberin, lebte von Geburt an in Venedig, auch wenn die gelernte Grafikdesignerin inzwischen hauptsächlich für ein Architekturbüro in Mailand arbeitete. Als sie die Läden zurückgeschlagen hatte, um die dumpfige Luft aus der Wohnung zu vertreiben, und ihr Blick sich aus jahrelanger Gewohnheit auf die Fenster jenseits des Kanals richtete, sah sie überrascht, aber sicher nicht enttäuscht, daß drüben im zweiten Stock die Läden geschlossen waren.
    Signora Gismondi packte den Koffer aus, hängte ein paar Kleidungsstücke auf und stopfte andere in die Waschmaschine. Sie schaute die Post durch, die sich während ihres dreiwöchigen Londonaufenthalts angesammelt hatte, und las die eingegangenen Faxe. Den Computer schaltete sie gar nicht erst ein; dank des regen E-Mail-Verkehrs mit ihrem Liebsten und auch mit der Firma, der sie ihren Fortbildungskurs verdankte, hielt sich ihre Neugier auf irgendwelche neuen Nachrichten, die in ihrer Abwesenheit auf dem heimischen PC eingegangen waren, in Grenzen. Statt dessen nahm sie ihre Einkaufstasche und machte sich auf den Weg ins Billa an der Strada Nuova, dem einzigen Laden, in dem auch sonntags um diese Zeit noch alle nötigen Zutaten für eine frisch zubereitete Mahlzeit zu bekommen waren. Der Gedanke an einen weiteren Abend im Restaurant erfüllte sie mit Grauen. Lieber wollte sie zu Hause mit Pasta aglio olio e peperoncini vorliebnehmen, als noch einmal allein unter lauter Fremden zu speisen.
    Das Billa an der Strada Nuova hatte tatsächlich noch offen, und Signora Gismondi konnte ihre Tasche nicht nur mit frischen Tomaten, Auberginen, Knoblauch und Salat füllen, sondern bekam auch zum erstenmal seit drei Wochen anständiges Obst und würzigen Käse, ohne für winzige Portionen gleich einen ganzen Wochenlohn hinblättern zu müssen. Daheim in ihrer Küche gab sie Olivenöl in eine Pfanne, hackte erst zwei, dann drei, dann vier Knoblauchzehen klein, ließ sie auf niedriger Flamme anbraten und sog mit einer tiefen, ja fast schon andächtigen Freude den Duft in die Nase, froh, wieder zu Hause zu sein, umgeben von den Dingen, Gerüchen und Bildern, die ihr ans Herz gewachsen waren.
    Eine halbe Stunde später rief ihr Geliebter an, immer noch aus Argentinien, wo sich, wie er sagte, die Lage zusehends verschlechterte. Aber in etwa einer Woche versprach er zurück zu sein und für mindestens drei Tage von Rom herüberzufliegen. Nein, seiner Frau gegenüber würde er eine Geschäftsreise nach Turin vorschützen; ihr wäre es sowieso egal. Nach dem Telefonat setzte Assunta sich an den Küchentisch und aß einen Teller Pasta mit Tomatensauce und gegrillten Auberginen und hinterher noch zwei Pfirsiche. Dazu trank sie eine halbe Flasche Cabernet Sauvignon. Als ihr Blick durchs Fenster auf das Nachbarhaus fiel, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel und gelobte, sich nie wieder etwas vom Leben zu erbitten, falls sie dieses eine Mal erhört würde und die Läden drüben für immer geschlossen blieben.
    Am nächsten Morgen machte sie auf dem Weg zu ihrer Lieblingsbar und einem Frühstück aus Kaffee und Brioche beim Zeitungsladen halt.
    »Guten Morgen, Signora«, begrüßte sie der Mann hinter der Theke. »Sie habe ich ja schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Waren Sie im Urlaub?«
    »Nein, auf Dienstreise. In London.«
    »Und, hat es Ihnen gefallen?« fragte er in einem Ton, der dieser Möglichkeit kaum eine Chance gab.
    Sie griff nach dem Gazzettino, der in fetten Schlagzeilen von politischem Bankrott, Umweltkatastrophen und einem Verbrechen aus Leidenschaft in der Lombardei berichtete. Wie schön, wieder zu Hause zu sein. Auf die Frage des Zeitungshändlers antwortete Assunta mit einem verspäteten Schulterzucken, das soviel hieß wie: Wem gefällt es schon zu arbeiten, egal in welcher Stadt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher