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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
Autoren: Donna Leon
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Aber er sah wohl, daß ihr Blick den Gang entlang und zur Waggontür huschte. »Sì, sì, Signore. Momento. Momenta«, stammelte sie mit so schwerem Akzent, daß die Worte fast unverständlich waren.
    In ihrer rechten Hand baumelte eine Plastiktüte. »La borsa«, sagte Peppito und zeigte auf die Tüte, die von Billa und eigentlich für Lebensmittel bestimmt war.
    Auf seine Geste hin ließ sie die Tüte hastig hinter dem Rücken verschwinden. »Mia, mia«, beteuerte sie ihr Eigentumsrecht, aber ihre Körpersprache verriet Angst.
    Sie machte eine Kehrtwendung, doch Peppito war ein kräftiger Mann, dem es mühelos gelang, sie wieder zu sich herzudrehen. Dann ließ er ihren Arm los und entwand ihr die Tüte. Die aber enthielt nichts außer zwei reifen Pfirsichen und einer Geldbörse. Peppito nahm die Börse heraus und ließ die Tüte fallen. Forschend sah er die Frau an, deren Gesicht so weiß geworden war wie ihr Haaransatz. Als er das kleine Plastikportemonnaie aufmachte, quollen ihm die Hunderteuronoten nur so entgegen.
    Einer seiner Männer war unterwegs, um den Kollegen zu melden, daß man die Gesuchte dingfest gemacht habe, und der andere erklärte den beiden Fahrgästen draußen im Gang, sobald die Frau aus dem Zug geschafft sei, könnten sie in ihr Abteil zurück.
    Peppito ließ die Geldbörse zuschnappen und wollte sie in seine Jackentasche stecken. Die Frau fiel ihm in den Arm, aber Peppito schlug ihre Hand weg und rief den Männern im Gang etwas zu. Er stand lässig vorgebeugt in der offenen Abteiltür, und als die Frau sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn warf, taumelte er auf den Gang hinaus, wo er die Balance verlor und zur Seite fiel. Die Frau nützte ihre Chance, schlüpfte an ihm vorbei und lief auf die offene Waggontür zu. Peppito rappelte sich fluchend wieder hoch, aber da war sie schon die Stufen hinunter und rannte neben dem Zug den Bahnsteig entlang.
    Peppito und sein Sergente setzten ihr nach und sprangen, die Pistole im Anschlag, auf den Perron. Die Frau, die schon an der Lokomotive vorbei war, wandte im Laufen den Kopf zurück. Beim Anblick der Waffen stieß sie einen Schreckensschrei aus und wechselte vom Bahnsteig ins Gleisbett hinunter. Von fern ließ sich, sofern man nicht vor lauter Angst wie betäubt war, das Herannahen eines Güterzuges vernehmen, der von Ungarn kommend südwärts fuhr.
    Die Grenzer und ihre lauten Rufe folgten der Fliehenden. Sie hob den Kopf, sah den Zug, schaute zurück, um die Entfernung zwischen sich und ihren Verfolgern abzuschätzen, und beschloß, der Gefahr zu trotzen. Sich hart neben den Gleisen haltend, hastete sie ein Stück weiter vorwärts, schlug dann unvermittelt einen Haken und sprang nur wenige Meter vor dem nahenden Zug nach links. Die Grenzer schrien auf, und der Pfiff der Lokomotive ertönte im selben Moment, da das Kreischen der Bremsen die Luft zerriß. Vielleicht war es der gellende Lärm, der die Frau ins Straucheln brachte; vielleicht setzte sie auch nur den Fuß auf die Schiene statt in den Schotter. Jedenfalls fiel sie, aus welchem Grund auch immer, auf die Knie, raffte sich indes sofort wieder auf und machte einen Satz nach vorn. Zu spät, wie die Grenzer aus der größeren Entfernung vorausgesehen hatten; im nächsten Moment wurde sie von der Lokomotive erfaßt.
    Peppito sprach nie wieder über das, was dann geschah, wenigstens nicht, nachdem er es an diesem Nachmittag in seinem Bericht festgehalten hatte. Genausowenig wie der Beamte in seiner Begleitung oder die Besatzung des Güterzuges, obgleich einer von denen so etwas schon einmal erlebt hatte, drei Jahre zuvor, unweit von Budapest.
    Die Zeitungen berichteten später, in der Tasche der Frau seien siebenhundert Euro sichergestellt worden. Signora Battestinis Nichte sagte aus, sie habe tags zuvor, ausgestattet mit der entsprechenden Vollmacht, die Pension der Tante beim Postamt abgeholt und ihr nach Hause gebracht: siebenhundertzwölf Euro.
    So, wie die Leiche der Rumänin zugerichtet war, sah man davon ab, sie nach Blutspuren von Signora Battestini zu untersuchen. Einer ihrer Mitreisender sagte aus, sie habe sehr verstört gewirkt, als sie in Venedig zugestiegen sei, sich aber merklich beruhigt, je weiter der Zug sich von der Lagunenstadt entfernte. Und der zweite wußte zu berichten, daß sie die Plastiktüte nicht aus der Hand gelassen und sogar zur Toilette mitgenommen habe.
    In Ermangelung anderer Verdächtiger erklärte man die Tote aus dem Zug für die mutmaßliche Mörderin und
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