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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
Autoren: Donna Leon
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ebenso als Suche nach einer bequemeren Sitzposition wie als Respektsbezeugung deuten mochte. »Kann ich Ihnen helfen, Commissario?« fragte er, indem er sich wieder zurücksinken ließ.
    »Was geschieht mit Signora Gismondi?« verlangte Brunetti zu wissen.
    Scarpas Lächeln war blanker Hohn. »Darf ich den Grund Ihrer Sorge erfahren, Commissario?«
    »Nein!« entgegnete Brunetti in so gebieterischem Ton, daß Scarpa verdutzt zu ihm aufblickte. »Was haben Ihre Nachforschungen über Signora Gismondi ergeben?«
    »Ich nehme an, Sie haben mit dem ViceQuestore gesprochen, und er ist damit einverstanden, daß Sie sich in meine Ermittlungen einmischen, Commissario?« ließ sich Scarpa aalglatt vernehmen.
    »Tenente, ich habe Ihnen eine Frage gestellt«, gab Brunetti barsch zurück.
    Vielleicht wollte Scarpa Zeit gewinnen, vielleicht war er auch nur neugierig darauf, wie weit sich Brunetti reizen ließe. »Ich habe mit ihren Nachbarn über ihren Verbleib am Morgen des Mordes gesprochen«, sagte er und sah Brunetti scheel an. Als der seinen Blick ungerührt erwiderte, fuhr er fort: »Und ich habe bei ihrem Auftraggeber angerufen und mich erkundigt, ob diese Geschichte mit ihrer angeblichen Englandreise stimmt.«
    »Und haben Sie das so formuliert, Tenente?«
    Scarpa machte eine zögerliche Handbewegung und sagte: »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen, Commissario.«
    »Hatten Sie tatsächlich die Stirn zu fragen, ob man das Alibi, das die Signora der Polizei gegeben hat, bestätigen könne? Oder haben Sie sich nur erkundigt, wo sie gewesen ist?«
    »Oh, so genau erinnere ich mich daran leider nicht mehr, Commissario. Ich war auch weniger auf sprachliche Feinheiten bedacht, als darauf, die Wahrheit zu ergründen.«
    »Und welche Antworten haben Sie bei Ihrer Suche nach der Wahrheit erhalten, Tenente?«
    »Ich habe niemanden gefunden, der ihre Geschichte widerlegt, Commissario, und es scheint, als sei sie tatsächlich zur fraglichen Zeit in London gewesen.«
    »Dann hat sie also die Wahrheit gesagt?« fragte Brunetti.
    »Es hat den Anschein«, räumte Scarpa widerstrebend ein. »Zumindest so lange, bis ich jemanden ausfindig mache, der das Gegenteil bezeugt.«
    »Nun, Tenente, dazu wird es nicht kommen.«
    Scarpa blickte entgeistert auf. »Wie bitte, Commissario?«
    »Dazu wird es nicht kommen, Tenente, weil Sie mit sofortiger Wirkung sämtliche Ermittlungen gegen Signora Gismondi einstellen werden.«
    »Aber ich fürchte, meine Pflicht als ...« begann Scarpa.
    Doch hier verlor Brunetti die Beherrschung. Er warf sich mit dem Oberkörper so weit über den Schreibtisch, daß ihre Gesichter nur noch zentimeterweit voneinander entfernt waren. Scarpas Atem roch schwach nach Pfefferminz. »Wenn Sie nur noch einen einzigen Zeugen über sie ausfragen, Tenente, dann mache ich Sie fertig.«
    Scarpas Kopf zuckte erschrocken zurück, sein Mund klappte stumm auf und zu.
    Brunetti stemmte die Handflächen auf die Tischplatte und lehnte sich noch weiter vor, bis er fast Stirn an Stirn mit seinem Widersacher zusammenstieß. »Wenn ich erfahre, daß Sie weiter Erkundigungen über sie einziehen oder gar unterstellen, daß sie in diesen Fall verwickelt sei, dann sorge ich dafür, daß Sie fliegen, Tenente.« Brunetti packte Scarpa am Revers und zog ihn mit einem Ruck aus dem Sessel. Sein Gesicht war blutrot vor Zorn. »Haben Sie mich verstanden, Mann?«
    Scarpa versuchte zu antworten, aber er konnte nur stumm die Lippen bewegen.
    Brunetti stieß ihn unsanft in seinen Sessel zurück und verließ das Büro. Auf dem Gang wäre er beinahe mit Pucetti zusammengestoßen, der offenbar direkt hinter der Tür gestanden hatte. »Ah, Commissario«, sagte der junge Beamte und machte dabei ein ganz harmloses Gesicht, »ich wollte mich bei Ihnen nach dem Dienstplan für die nächste Woche erkundigen. Aber das hat sich wohl erledigt, denn wie ich eben zufällig mitbekam, haben Sie ihn schon mit Tenente Scarpa abgesprochen.« Worauf Pucetti ernst und respektvoll salutierte und Brunetti wieder nach oben ging.
    In seinem Büro setzte er sich hinter den Schreibtisch und wartete auf den Anruf von Bocchese, zuversichtlich, daß der sich melden würde, sobald er die Spuren von Signora Battestinis Speicher ausgewertet hatte. In der Zwischenzeit rief er Lalli, Masiero und Desideri an und teilte ihnen mit, sie brauchten sich nicht weiter zu bemühen, denn er glaube zu wissen, wer die alte Frau ermordet habe. Keiner der drei fragte ihn nach dem Namen; alle bedankten
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