Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Polizei zu benachrichtigen, und dieser Jemand war der Agent, nicht der Kapitän. Alle, die später gefragt wurden, warum sie es unterlassen hatten, die Behörden zu verständigen, beriefen sich darauf, daß sie geglaubt hätten, jemand anders habe das bereits getan. Und das Versäumnis, den Tod der beiden Bottins auch nur zu melden, wurde von vielen als ein Zeichen dafür gewertet, in welchem Ansehen die Familie bei den übrigen Bürgern von Pellestrina stand.
    Es dauerte geraume Zeit, bis die Carabinieri, die mit einem Boot von ihrer Station auf dem Lido kamen, endlich da waren. Offenbar hatte es auch Mißverständnisse bei der Meldung der Todesfälle gegeben, denn die Carabinieri kamen in voller Uniform und hatten niemanden mitgebracht, der zu dem Wrack tauchen konnte, weil ihnen niemand gesagt hatte, wo die Leichen sich befanden. Die daraufhin einsetzende Diskussion war sowohl juristischer als auch administrativer Art, denn niemand wußte so genau, welcher Arm des Gesetzes für einen verdächtigen Tod im Wasser zuständig war. Endlich beschloß man, die Stadtpolizei einzuschalten und Taucher von der Feuerwehr anzufordern. Nicht der unbedeutendste Grund für die Entscheidung war der Umstand, daß die beiden Carabinieri, die als Taucher arbeiteten, sich an diesem Tag im illegalen Unterwassereinsatz hinter Murano befanden, denn dort hatte man kürzlich eine Stelle entdeckt, an der im sechzehnten Jahrhundert mißglückte oder beim Brennen zu Bruch gegangene Keramik versenkt worden war. Der Lauf der Zeit hatte aus wertlosem Ausschuß kostbare Fundstücke gemacht, und die Sopraintendenza ai Beni Culturali, der die Entdeckung der Fundstelle vor zwei Monaten gemeldet worden war, hatte diese auf die Liste der archäologisch wertvollen Stätten gesetzt, an denen das Tauchen verboten war. Bei Nacht sollte sie wie auch andere Stellen in der Lagune, an denen Reliquien aus der Vergangenheit im Wasser ruhten -abgeriegelt werden. Tagsüber konnte es aber durchaus vorkommen, daß man in dem Gebiet ein Boot vor Anker liegen sah, das mit dem Emblem irgendeiner Strafverfolgungsbehörde geschmückt war. Und wer hätte die fleißigen Taucher, die allen Anschein erweckten, in amtlichen Geschäften da zu sein, zur Rede stellen wollen?
    Die Carabinieri kehrten mit ihrem Boot zum Lido zurück. Nach über einer Stunde näherte sich ein Polizeiboot von hinten der Flotte von Pellestrina, die jetzt wieder vollzählig und wohlbehalten an der Mole lag, alle Kapitäne zu Hause.
    Der Bootsführer verlangsamte seine Fahrt, als er auf ein Boot zukam, das die Embleme der Feuerwehr trug und hin-ter dem einzigen freien Platz in der langen Reihe festgemachter Boote ankerte. Er schaltete kurz in den Rückwärtsgang, um anzuhalten. Sergente Lorenzo Vianello trat an die Reling und sah ins Wasser hinunter, das den freien Platz füllte, aber die Sonne funkelte so hell darauf, daß er nur die Masten sah, die schräg aus dem Wasser ragten. »Ist es das?« rief er zu den beiden Männern hinüber, die in schwarzen Taucheranzügen an Deck des Feuerwehrbootes standen.
    Einer der Taucher rief etwas zurück, was Vianello nicht verstand, und wandte sich wieder der Schwimmflosse zu, die er sich gerade an den linken Fuß zog.
    Danilo Bonsuan, der Führer des Polizeiboots, kam aus seiner kleinen Kabine herauf und blickte zu dem gesunkenen Boot hinunter. Er hob die Hand, um seine Augen gegen die gleißende Sonne abzuschirmen, und folgte Vianellos Blick. »Das muß es sein«, sagte er. »Der Anrufer hat gesagt, es ist in Brand geraten und gesunken.« Er warf einen Blick zu den Booten rechts und links von dem leeren Liegeplatz und sah, daß ihre Seitenwände und Decks stellenweise angekohlt waren.
    Neben ihnen hantierten die beiden Taucher mit ihren Masken und zurrten die Riemen fest, mit denen sie sich die Sauerstoffflaschen auf den Rücken geschnallt hatten. Dann steckten sie sich die Schlauchenden in den Mund, atmeten probeweise ein paarmal durch und traten an den Rand ihres Boots.
    Vianello stand groß und breitschultrig neben seinem kleineren Kollegen und blickte noch immer ins Wasser hinunter. Mit einer Kopfbewegung zu den Tauchern fragte er Bonsuan: »Würdest du in dieses Wasser gehen?«
    Der Bootsführer zuckte die Achseln. »Ist nicht so schlimm hier draußen. Außerdem sind sie geschützt«, sagte er mit einem Blick auf die schwarzen Taucheranzüge.
    Der erste Taucher trat über den Bootsrand und stieg, behutsam die Fersen seiner Schwimmflossen auf die Sprossen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher