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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà
Autoren: Donna Leon
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Ehre war, würde er entsprechend handeln. Aber Brunetti wusste, dass er es nicht tun würde.

27
    Aber was spielt es noch für eine Rolle, ob er bestraft wird oder nicht?« fragte Paola ihn drei Abende später, nachdem das Gekreisch der Presse um die Festnahme des Conte sich etwas gelegt hatte. »Sein Sohn ist tot. Sein Neffe ist tot. Seine Frau weiß, dass er beide umgebracht hat. Sein Ruf ist ruiniert. Er ist ein alter Mann, und er wird im Gefängnis sterben.«
    Sie saß auf der Bettkante, angetan mit einem von Brunettis alten Bademänteln und einem dicken Wollpullover darüber. »Was wünschst du ihm denn noch alles?« Brunetti saß im Bett, die Decken bis zur Brust hochgezogen, und hatte gelesen, bis sie hereinkam und ihm einen großen Becher mit honiggesüßtem Tee brachte. Sie hatte ihm den Becher gegeben, ihm mit einem Nicken bedeutet, dass sie daran gedacht hatte, Cognac und Zitrone hineinzutun, und sich dann neben ihn gesetzt.
    Als er den ersten Schluck trank, schob sie die vor dem Bett verstreuten Zeitungen beiseite. Das Gesicht des Conte blickte sie von Seite vier an, wohin ein Mafiamord in Palermo es verdrängt hatte, der erste seit Wochen. In der Zeit seit der Verhaftung des Conte hatte Brunetti nicht von ihm gesprochen, und Paola hatte sein Schweigen respektiert. Aber jetzt wollte sie, dass er redete, nicht weil es ihr besonderen Spaß machte, von einem Vater zu hören, der sein Kind umgebracht hatte, sondern weil sie aus langer Erfahrung wusste, dass es Brunetti helfen würde, sich von der Last dieses Falles zu befreien.
    Sie fragte ihn, was denn seiner Meinung nach mit dem Conte geschehen werde, und während er antwortete, nahm sie hin und wieder seinen Becher, um von der heißen Flüssigkeit zu nippen. Brunetti erklärte ihr, mit welcher Taktik die Anwälte des Conte - inzwischen drei an der Zahl - wohl vorgehen wurden und welchen Ausgang des Verfahrens er erwartete. Dabei war es ihm unmöglich - vor allem gegenüber Paola -, seinen Widerwillen angesichts der Vorstellung zu verbergen, dass die beiden Morde wahrscheinlich ungesühnt bleiben und der Conte nur wegen des Handels mit illegalen Substanzen hinter Gitter kommen würde, denn er behauptete jetzt, Maurizio habe die Entführung ausgeheckt.
    Schon war die Streitmacht der bezahlten Presse in Aktion getreten, und jede Titelseite im Lande, gar nicht zu reden von dem, was in Italien unter der Bezeichnung Kommentar läuft, hatte bereits das traurige Los dieses Edelmannes beklagt, des noblen Mannes, der von einem Menschen seines eigenen Blutes so elend verraten worden war, und welch grausameres Schicksal konnte es geben, als zehn Jahre lang diese Schlange am Busen der Familie genährt zu haben, nur damit sie sich gegen ihn wandte und zubiss, geradewegs ins Herz? Nach und nach drehte sich auch die öffentliche Meinung nach dem Wind dieser Worte. Dass da mit waffentauglichem Kernmaterial gehandelt worden war, ging in den Verharmlosungen unter, die vom »Handel mit illegalen Substanzen« sprachen, als ob diese tödlichen Kügelchen, die ausreichten, um eine ganze Stadt zu verdampfen, das gleiche wären wie zum Beispiel iranischer Kaviar oder Elfenbeinstatuetten.
    Robertos zeitweiliges Grab wurde mit Geigerzählern untersucht, aber es wurde keine Spur von Verstrahlung gefunden.
    Die Bücher und Geschäftsunterlagen der Lorenzoni-Unternehmen waren beschlagnahmt worden, und ein Team von Wirtschafts- und Computerspezialisten der Polizei hatte sich tagelang damit beschäftigt, um den Versandweg des Kofferinhalts zu dem Kunden aufzuspüren, dessen Namen der Conte nach wie vor nicht zu kennen behauptete. Der einzige verdächtige Posten, den sie entdeckten, war eine Sendung mit zehntausend Plastikspritzen, die zwei Wochen vor Robertos Verschwinden per Schiff von Venedig nach Istanbul gegangen war. Die türkische Polizei meldete zurück, dass nach den Unterlagen des Empfängers in Istanbul die Spritzen per Lastwagen weiter nach Teheran geschickt worden waren, wo die Spur endete.
    »Er hat es getan«, beharrte Brunetti, kaum weniger wütend als vor Tagen, als er den Conte zur Questura gebracht hatte. Schon damals, gleich zu Beginn, war er ausmanövriert worden, denn der Conte hatte darauf bestanden, dass ein Polizeiboot nach ihm geschickt werde: Ein Lorenzoni ging nicht zu Fuß, nicht einmal ins Gefängnis. Als Brunetti sich weigerte, hatte der Conte ein Wassertaxi bestellt, worauf er und der Polizist, der ihn begleitete, eine halbe Stunde später in der Questura
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