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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà
Autoren: Donna Leon
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er: »Damit er gefunden wurde. Für seine Mutter. Sie musste es ja erfahren. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass sie es nie erfuhr, nie wissen würde, ob er lebte oder tot war. Das hätte sie umgebracht.«
    »Ja, das verstehe ich«, sagte Brunetti leise, und auf eine irrwitzige Weise verstand er es tatsächlich. »Und Maurizio?«
    Der Conte legte den Kopf schief, vielleicht um sich den anderen jungen Mann ins Gedächtnis zu rufen, der ebenfalls tot war. »Er wusste nichts von alledem. Aber als alles wieder von vorn losging, als Sie Ihre Fragen zu stellen begannen... da fing auch er an zu fragen, nach Roberto und der Entführung. Er wollte zur Polizei gehen und sagen, was passiert war.« Der Conte schüttelte den Kopf über diese Schwäche und Torheit des jungen Mannes. »Aber dann hätte meine Frau alles erfahren. Wenn er zur Polizei gegangen wäre, hätte sie gewusst, was geschehen war und worum es ging.«
    »Und das konnten Sie nicht zulassen?« fragte Brunetti ruhig.
    »Natürlich nicht. Das wäre zuviel für sie gewesen.«
    »Ich verstehe.«
    Der Conte streckte eine Hand aus, dieselbe Hand, die vorhin diese kleinen Kügelchen abgemessen hatte, Plutonium oder Uran oder was immer es war. Hätte er an einem Knopf gedreht, um ein Fernsehbild schärfer zu stellen oder das Rauschen bei einer Rundfunksendung abzustellen, der Wechsel hätte nicht auffallender sein können, denn an dieser Stelle begann der Conte zu lügen. Sein Ton veränderte sich nicht, als er nahtlos von seiner Gemütsbewegung beim Gedanken an den Schmerz seiner Frau zu seinen weiteren Erklärungen überging, aber für Brunetti war es so deutlich hörbar, als wäre der Mann plötzlich auf Seinen Schreibtisch gesprungen und hätte angefangen, sich die Neider vom Leib zu reißen.
    »Er kam an dem Abend zu mir und sagte, er wisse, was ich getan hatte. Er bedrohte mich. Mit der Flinte.« Er konnte sich nicht enthalten, einen Blick zu Brunetti zu werfen, um zu sehen, wie der das aufnahm, aber Brunetti ließ sich nicht anmerken, dass ihm bewusst war, was hier vorging.
    »Er kam mit der Flinte herein«, fuhr der Conte fort. »Er richtete sie auf mich und sagte, er werde zur Polizei gehen. Ich versuchte ihn zur Vernunft zu bringen, aber er kam immer näher und hielt mir die Waffe vors. Gesicht. Und da bin ich, glaube ich, ein bisschen außer Fassung geraten, denn ich weiß nicht mehr, was dann passiert ist. Nur noch, dass sich ein Schuss löste.«
    Brunetti nickte, aber das Nicken galt der Richtigkeit seiner Annahme, dass alles, was der. Conte von jetzt an sagte, gelogen war.
    »Und Ihr Kunde?« fragte er. »Der das Material gekauft hat?«
    Das Zögern des anderen war kaum merklich. »Nur Maurizio wusste, wer er war. Er hatte alles arrangiert.«
    Brunetti stand auf. »Ich glaube, das genügt, Signore. Wenn Sie wollen, können Sie Ihren Anwalt anrufen. Aber dann möchte ich, dass sie mich in die Questura begleiten.«
    Der Conte war sichtlich überrascht. »Warum?«
    »Weil ich Sie verhafte, Ludovico Lorenzoni, wegen Mordes an Ihrem Sohn und an Ihrem Neffen.«
    Die Verblüffung im Gesicht des Conte hätte nicht aufrichtiger sein können. »Aber ich habe es Ihnen doch eben gesagt. Roberte ist eines natürlichen Todes gestorben. Und Maurizio hat mich zu ermorden versucht.« Er erhob sich, blieb aber hinter dem Schreibtisch. Er streckte die Hand aus, schob ein Blatt Papier von einer Seite auf die andere und rückte die Tastatur des Computers ein wenig nach links. Aber ihm fiel nichts weiter zu sagen ein.
    »Wie gesagt, Sie können Ihren Anwalt anrufen, aber dann müssen Sie mitkommen.« Brunetti sah den Conte einlenken. Der Umschwung war so unmerklich wie der, bevor er zu lügen begann, aber Brunetti wusste, dass er von jetzt an nicht mehr zu lügen aufhören würde.
    »Darf ich mich von meiner Frau verabschieden?« fragte er.
    »Ja. Natürlich.«
    Wortlos kam der Conte um den Schreibtisch herum, blieb kurz vor Brunetti stehen und verließ das Zimmer. Brunetti trat an das Fenster hinter dem Schreibtisch und blickte hinaus über die Dächer. Er hoffte, der Conte werde »wie ein Ehrenmann« handeln. Er hatte ihn gehen lassen, ohne zu wissen, was sich noch alles an Schusswaffen im Haus befinden mochte. Der Conte hatte sich in seinen eigenen Eingeständnissen gefangen; seine Frau wusste, dass er ein Mörder war; sein Ruf und der seiner Familie würden bald in Scherben liegen, und es konnte sich eine Waffe irgendwo im Haus befinden. Wenn der Conte ein Mann von
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