Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes
Autoren: Donald A. Wollheim
Vom Netzwerk:
war tot und Kery der letzte lebende seiner Söhne. Hunger, Kampf und die Hustenkrankheit hatten alle anderen hinweggerafft, und daher sprach er für seinen Clan.
    Er richtete seine blauen Augen auf den Heerführer der Ryvanier. Er war von hoher Gestalt, so groß wie ein Nordmann, aber seine Bewegungen waren anmutig, und der durch Generationen vererbte Hochmut zeigte sich in allen Gesten. Ein Umhang von purpurner Farbe und ein vergoldeter Helm stellten die einzigen Zeichen seines Ranges dar, während er ansonsten die einfache Rüstung eines Berittenen angelegt hatte, die er jedoch wie ein König zu tragen wußte. Für einen Mann der Dämmerzone war sein Gesicht dunkel. Es war hager, kräftig und tief zerfurcht, mit einer stolzen, gekrümmten Nase, und sein schwarzes, kurzgeschorenes Haar durchzogen feine, graue Strähnen. Er allein von all seinen Leuten schien unbeeinflußt von dem Geschehen, das ihren Kampfesmut gebrochen hatte.
    »Hier steht Kery, Sohn des Rhiach, das Haupt des dritten unserer Clans«, stellte Bram ihn vor. Er sprach die weitverbreitete aluardische Sprache der Südländer, die auch die Ryvanier benutzten und die sich die meisten Killorner im Laufe ihrer Wanderungen angeeignet hatten. »Und Kery, er sagt, er sei Jonan, der Heerführer der Armee der Ryvanier unter Königin Sathi. Dieser Trupp wäre von der Stadt ausgesandt worden, habe Kunde von der Schlacht gewonnen und hätte die Gelegenheit benützt, einige Dunkelleute zu töten.«
    Nessa von Dagh blickte die Südleute scharf an. »Mich dünkt, es steckt mehr dahinter«, meinte er halb zu seinen Gefährten und halb zu Jonan. »Ihr seid in eine schwere Schlacht verwickelt gewesen, und wenn der Anschein nicht trügt, habt ihr nicht den Sieg davongetragen. Meine zweite Vermutung ist die, daß das Heer das euch geschlagen hat, euch knapp auf den Fersen sitzt, und ihr raschest die Stadt zu erreichen trachtet.«
    »Das genügt«, unterbrach Jonan schroff. »Wir haben von euch plündernden Räubern aus dem Norden vernommen und hegen nicht die Absicht, euch auf ryvanischem Boden zu dulden. Kehrt sogleich um, und ihr mögt in Frieden ziehen, sonst …«
    Bram warf einen Blick über die Schulter und sah, wie sich seine Männer wieder zu Reihen formierten. Sie fühlten die Spannung. Sollte es zum Ärgsten kommen, würden sie ihr Leben so teuer wie möglich verkaufen. Und Jonan erkannte dies offenbar. »Aye, wir sind Wanderer«, erwiderte Bram ruhig, »aber wir sind keine Wegelagerer, wenn uns die Notwendigkeit nicht dazu zwingt. Es wäre besser für euch, wenn ihr uns, die wir gerade einen ziemlich großen Teil eurer Feinde vernichtet haben, in Frieden weiterziehen laßt. Wir hegen nicht den Wunsch, gegen euch zu kämpfen, aber wenn es sein muß, dann ergeht es euch schlecht.«
    »Schlecht bewaffnete Barbaren, nicht mehr als ein Drittel unserer Zahl, wollen uns drohen?« fragte Jonan erzürnt.
    »Nun gut, angenommen, ihr könnt uns überwältigen«, meinte Nessa mit frostiger Fröhlichkeit. »Ich bezweifle es, aber wir wollen es einmal annehmen. Keiner unserer Männer ist weniger wert als jeder der euren, wie du wohl weißt, und du kannst kaum so viele opfern, wenn die Dunkelleute durch euer Land streifen. Außerdem kann die Schlacht so lange dauern, daß eure Verfolger euch einholen und uns allen ein Ende bereiten.«
    Kery schöpfte tief Atem und fügte mit ausdrucksloser Stimme hinzu: »Ihr müßt das Pfeifen vernommen haben, das wir notfalls anstimmen können. Es war gut für euch, daß wir nur kurze Zeit spielten. Sollte es uns gelüsten, ein schönes, langes Trauerlied zu blasen …«
    Bram warf ihm einen zustimmenden Blick zu, nickte und meinte ruhig: »Du siehst also, General Jonan, wir beabsichtigen, unseren Weg fortzusetzen, und es wäre am besten für dich, uns freundlich zu verabschieden.«
    Der Ryvanier dachte eine Weile mit finsterem Gesicht nach. Der Wind spielte mit der Mähne und dem Schweif seines Reittiers und mit dem purpurnen Helmbusch. Endlich fragte er sie bitter: »Was wollt ihr eigentlich hier? Warum kamt ihr in den Süden?«
    »Das ist eine lange Geschichte, und hier ist nicht der Ort, sie zu erzählen«, antwortete Bram. »Begnüge dich damit, daß wir Land suchen. Nicht viel Land und für nicht viele Jahre, aber ein Platz, um zu leben, bis wir nach Killorn zurückkehren können.«
    »Hm.« Wieder runzelte Jonan die Stirn. »Ich befinde mich in einer schwierigen Lage. Ich kann euch nicht einfach ziehen lassen, die ihr für eure
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher